Kameras und Objektive testen macht Spaß – aber manchmal muss es einfach auch Foto-Spaß ohne Test sein …

Zusammen mit dem Standardzoom Sigma 28-70 mm 1:2,8 DG DN | Contemporary ist im Moment das Sigma 16-28 mm DG DN | Contemporary in der Redaktion. Sie bilden ein praxisgerechtes Pärchen, mit dem sich viel anfangen lässt – sowohl was den Brennweitenbereich betrifft als auch die Abbildungsleistung (beide erhielten im Praxistest die Bewertung „Hervorragend +“). Das passende dritte Zoom im Bunde ist leider nicht hier – das neue Sigma 70-200 mm 1:2,8 DG DN | Sports.

Beide zusammen packe ich mit einer Panasonic Lumix S5 (die Zooms gibt es außer mit L-Mount auch mit Sony E-Mount) in die Fototasche, um Bilder im nahegelegenen Schweinfurt zu machen und mich dabei mal auf zwei Ecken mit moderner Architektur zu konzentrieren.

Vor Ort: Planänderung. Einfach mit einem Objektiv auskommen – passend zur Motiv-Vorauswahl mit dem Sigma 16-28 mm 1:2,8 DG DN | Contemporary. (Das andere bleibt in der Tasche und wird später mal zu einem Solo-Auftritt kommen.)

Um Missverständnisse zu vermeiden: Natürlich ist Architektur ein wesentliches Einsatzgebiet für das Superweitwinkel-/Weitwinkelzoom Sigma 16-28 mm 1:2,8 DG DN | Contemporary, aber das ist nur ein Aspekt. Für Landschaft empfiehlt es sich sowieso, aber auch Naturaufnahmen sind möglich, wobei man aus 25 cm Entfernung mit einem größten Abbildungsmaßstab von 1:5,6 rechnen kann.

Einschub für alle, die mit den Sigma Objektivbezeichnungen nicht vertraut sind:

  • DG steht für Objektive, die für Vollformatsensoren gerechnet wurden.
  • DN steht für Objektive, die für spiegellose Systemkamera entwickelt wurden.
  • Contemporary bezeichnet die Objektivfamilie, bei der es auch auf Kompaktheit und geringes Gewicht ankommt (anders als bei den Objektiven der Familien Art und Sports, die schon mal echte Wuchtbrummen sein können.)

Das 16-28 mm ist bei einem größten Durchmesser von ca. 77 mm nur rund 101 mm lang. Die Länge ändert sich weder beim Zoomen noch beim Fokussieren.

Das Gewicht liegt bei moderaten 450 g, mit der Lumix S5 und dem PeakDesign-Trageriemen habe ich rund 1330 g (aufnahmebereit) auf der Schulter. Das ist eine tragbare Angelegenheit.

Anders als viele Zooms mit sehr kurzer Anfangsbrennweite weist das Sigma ein Filtergewinde (72 mm) in der nicht rotierenden Frontfassung auf, was den Einsatz von Filtern möglich macht. Da ich aber kein großer Freund von Filtern bin, bleibt die Möglichkeit ungenutzt.

Die Ausstattung des Zooms mit Einstellelementen ist überschaubar.

Hinten liegt der breite Zoomring. Er ist mit griffig geriffelten Gummiarmierung belegt. Beim Drehen macht es die Mischung aus Leichtgängigkeit und Widerstand sehr gut möglich, den Bildausschnitt so genau festzulegen, wie das Vollformat-Seitenverhältnis es eben zulässt. Da 3:2 nicht immer und überall genau passt, sollte man sich nicht scheuen, das Hauptmotiv später am Rechner freizustellen und dabei ein anderes Seitenverhältnis zu wählen.

Mit dem AF/MF-Schalter wechselt man den Fokussiermodus. Er bleibt für meine Aufnahmen heute in der AF-Position. Entsprechend bleibt der Fokusring vorn ungenutzt. An der Lumix S5 als L-Mount-Kamera könnte ich zwischen linearer und nicht linearer Übersetzung wählen, aber wie gesagt: heute nicht. Ich weiß ja von anderen Aufnahmen, dass der AF-Schrittmotor schnell und sicher arbeitet und auf das AF-System der Lumix S5 Verlass ist. Es werden auch Motive in Bewegung sicher in der Schärfe gehalten – aber das spielt heute keine Rolle, da meine Motive keine Anstalten machen, sich von der Stelle zu bewegen.

Zur Ausstattung gehört auch eine Vier-Segment-Streulichtblende, die sicher ins Bajonett an der Frontfassung einrastet.

Apropos Bajonett: Der Kameraanschluss besteht aus Messing und hier ist eine Dichtung gegen Staub und Spritzwasser angebracht.

Für die technisch Interessierten: Der optische Aufbau besteht aus 16 Linsen in 11 Gruppen mit zwei großen Asphären und fünf FLD-Linsen, deren Material die Eigenschaften von Fluoritglas aufweist.

 

Von den angedachten Motiven in Schweinfurt fällt das Theater flach – dort tummeln sich zu viele Leute.

Also geht es weiter Richtung Süden, wo ich nahe an Main und Bahntrasse nur rund 350 m die Gunnar-Wester-Straße entlang gehen muss, um gleich drei Objekte zu finden, die zur selbst gestellten Aufgabe passen.

Den Anfang macht das Hochhaus, in dem die Hauptverwaltung der SKF (Schwedische Kugellager Fabriken) untergebracht ist.

Der Klotz hat eine Fassade mit vielen Fenstern (von denen einige in der Nacht als riesige Leuchtreklame die Buchstaben S K F bilden). Ich nutze die kürzeste Brennweite mit ihrem Bildwinkel von 107°, um das Hochhaus absichtlich verkantet und mit deutlichen stürzenden Linien vor einem blauen Himmel ins Format zu setzen. Ein Baum und zarte Wolken bilden einen Gegensatz zur kantigen Architektur. Natur und Technik trennen …

@ 16 mm | ISO 125 | F7,1 | 1/800 Sek. | +0,66 EV

… oder überschneiden lassen? Beides!

@ 16 mm | ISO 125 | F5,6 | 1/1000 Sek. | +0,66 EV

Mit der Sonne bzw. ihrer Spiegelung in den Scheiben hat das Objektiv keine Probleme – auch nicht mit Vignettierung. Die dunkleren Himmelspartien sind der Natur geschuldet.

Ein zweites Motiv für das 16-28 mm ist an der gleichen Location zu finden: Seit 2009 steht das SKF-Hochhaus vor der Stadtgalerie Schweinfurt, die sich auch rechts und links davon erstreckt. Man kann dort nicht nur Einkaufen sondern auch Essen, einen Espresso (und mehr) trinken oder sich mit einem Eis verwöhnen. 

Besonders die zylindrisch geformte Zu-/Abfahrt zu den Parkdecks reizen sie aufzunehmen … eher minimalistisch auf Türkis vor Blau beschränkt …

@ 28 mm | ISO 125 | F7,1 | 1/640 Sek. | +0,66 EV

… oder unter Einbeziehung des roten Portalbereichs. Das Verbotsschild über der Ausfahrt und das Logo des Elektronikshops bestimmen als virtuelles Dreieck die rechte Seite.

@ 17 mm | ISO 125 | F5,6 | 1/640 Sek. | +0,66 EV

Alle Strukturen im Objekt werden vom 16-28 mm fein aufgelöst – man kann die Ziegel (oder doch Kacheln) bis zu Bildrand zählen.

Ein paar Schritte weiter kommt man zu einem Gebäude des Landratsamtes.

@ 18 mm | ISO 125 | F10 | 1/200 Sek. | +0,66 EV

Mit 18 mm Brennweite kann ich die überstehenden Stockwerke wie einen scharfen Schiffsbug ins Bild ragen lassen.

@ 28 mm | ISO 125 | F22 | 1/50 Sek. | +0,66 EV

Dann Auszoomen auf 28 mm (die Kamera liegt wegen des internen Zoommechanismus immer gleich in der Hand) und aus einem anderen Blickwinkel die verschiedenen Abstufungen der Blaugrün- und Blautöne zum Motiv machen.

Abblenden auf 22 zeigt hier zum einen einen Blendenstern und zum anderen, dass die Abbildungsleistung auch bei sehr kleinen Blenden immer noch sehr gut ist.

Für das Bild der Abfahrt in die Tiefgarage kommt dann wieder die kürzeste Brennweite zum Einsatz.

@ 16 mm | ISO 125 | F6,3 | 1/80 Sek. | +0,66 EV

Die mittige Insel mit den Kartenstationen bietet sich für einen symmetrischen Bildaufbau an – aber die Symmetrie wird bildwirksam durch Licht und Schatten gebrochen. Bei 16 mm reicht eine mittlere Blende für eine ausreichend große Schärfenzone.

Das nächste Motiv ist dann ein Stück weiter weg. An der alten Mainbrücke und unweit des Marktplatzes mit dem schönen Renaissance-Rathaus steht seit 2000 das Museum Georg Schäfer mit der weltweit größten Carl-Spitzweg-Sammlung.

@ 19 mm | ISO 125 | F11 | 1/60 Sek. | +0,66 EV

Der vielfach ausgezeichnete Musemsneubau bietet sich geradlinig klar strukturiert dar und kann mit seinen großen Treppenaufgängen Fotografinnen und Fotografen zur Verzweiflung bringen, da sich sich nach oben verjüngen.

@ 16 mm | ISO 125 | F11 | 1/40 Sek. | +0,66 EV

Vor allem, wenn man seitlich steht und eine steile Perspektive anstrebt, stellt sich die Frage: Was soll waagrecht ins Bild, was senkrecht oder lässt man einfach alles windschief, was auch seinen Reiz hat.

@ 28 mm | ISO 125 | F11 | 1/50 Sek. | +0,66 EV

Im Durchblick Richtung Altstadt taucht die Spitze des Schrot-Turmes auf, in dem Blei in die Tiefe gegossen wurde und beim Fallen Schrot-Kügelchen bildete.

Passend zum Museum zeigt das Gebäude gegenüber eine interessante Fensterfront, die sich in den Fenstern des Museums spiegelt …

@ 26 mm | ISO 125 | F11 | 1/60 Sek. | +0,66 EV

… und die auch für sich eine Aufnahme wert ist. Mit der längsten Brennweite des 16-28 mm hole ich …

@ 28 mm | ISO 125 | F11 | 1/125 Sek. | +0,66 EV

… nur den oberen Teil ins Bild – unter dem unteren liegt ein störender Schatten.

 

Fazit Mit dem Sigma 16-28 mm 1:2,8 DG DN ist man für Architekturaufnahmen hervorragend ausgerüstet (und für viele andere auch). 

 

Hinweis zu den Praxisbildern

Die Praxisbilder wurden in der aktuellen Version von Adobe Camera RAW entwickelt.

Die Originalbilder aus der Panasonic Lumix S5 sind  sind 6000 x 4000 Pixel groß. Mit einer Druckauflösung von 300 ppi kann man sie 50 x 38 cm groß ausgeben.

Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es mit einer Länge von 1800 Pixeln über die lange Seite auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.

Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

 

TEXT + ALLE BILDER © HERBERT KASPAR

 

 

 

2 Kommentare

  1. “off-topic“: In Schweinfurt hatte ich in Coronazeiten im Hochsommer einen dienstlichen Termin bei der dortigen Außenstelle des Landessozialgerichts. Obwohl die Sache sonnenklar und die Klage abweisungsreif war, bestand die Richterin auf meinem persönlichen Erscheinen. Eine fünfstündige Bahnfahrt mit Maske bei 30 Grad Aussentemperatur von Hameln nach Schweinfurt mit zweimal umsteigen (mit dicker Akte im Rollköfferchen) in Hildesheim und Würzburg brachte mich nach Schweinfurt, ein Taxi zum Gericht. Es war ein „kurzer Prozeß“. Der Kläger erschien nicht und hatte dies auch zwei Tage vorher bereits angekündigt. Seine Klage wurde dann abgewiesen. Das wäre auch ohne mein Beisein möglich gewesen. Die Richterin wünschte mir eine schöne Heimreise. Selber aus Hildesheim stammend, fand sie die Reiseroute so schön. Es hat mich viel Selbstbeherrschung gekostet, meine Meinung zurückzuhalten 😅. Vielleicht werde ich Schweinfurt im Juli nochmal unter angenehmeren Vorzeichen erkunden. Es scheint sich ja zu lohnen.
  2. Ein sehr informativer und gut gemachter Artikel mit guten Beispielbildern! Danke dafür! Hat mir Freude beim Lesen und Schauen gemacht – auch ganz besonders, weil ich gerade überlege, welches Weitwinkel ich mir für die S5 zulegen soll: das Sigma 16-28 oder das Lumix 14-28. Mal schauen, was es dann wird….