TEIL 1 … Während unseres Workshops am Bodensee schaue ich nicht nur zu, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Bilder machen, sondern fotografiere auch selbst. Im Mittelpunkt meiner Aktivitäten – zwei lichtstarke Zooms aus der Nikon Nikkor Z-Familie.
Mit einem Standardobjektiv – 63 mm im Mittelformat, 50 mm im Vollformat, 32 mm im APS-C-Format, 25 mm im mFT-Format – lässt sich sehr viel anfangen und man schärft das fotografische Auge, weil man ein Motiv erkunden muss, um es optimal einzufangen. Das sollte man hin und wieder ausprobieren. (Mehr dazu in der aktuellen Ausgabe d-pixx foto 3/2021, die hier im Shop als Print- und Digitalausgabe bestellt werden kann.)
Noch vielseitiger und (um ehrlich zu sein) doch um einiges bequemer sind Zoomobjektive. Deshalb werden Systemkameras fast immer mit Standardzooms (auch bekannt als „Immerdrauf“) angeboten, die bei 24 mm bis 28 mm [@KB] anfangen und bei 70 mm bis 105 mm [@KB] enden.
Und wenn man in Sachen Ausrüstung auf der sicheren Seite sein möchte, sind Zoom-Duos oder Zoom-Trios, die den Brennweitenbereich vom Superweitwinkel bis zum Tele abdecken, eine feine Sache – vor allem, wenn sie mit einer hohen Lichtstärke aufwarten. Ob am langen Ende eine mittlere oder richtig lange Telebrennweite steht, hängt zum einen davon ab, was man gerne fotografiert und zum anderen vom Budget.
Einige Zoom-Duos und -Trios werde ich hier auf der Homepage in der Praxis vorstellen – dieses Mal zwei Top-Zooms aus dem Nikon Z Programm.
Die beiden Zooms sind das Nikon Nikkor Z 24-70 mm 1:2,8 S und das Nikon Nikkor Z 70-200 mm 1:2,8 VR S.
Ein nahtloser Bildwinkelbereich von weiten 84° bis zu engen 12°20‘ bei durchgehender Lichtstärke 2,8 – das hat schon was. Damit ist von der Übersicht bis zur Überbrückung großer Entfernungen und vom Spiel mit der steilen Perspektive bis zum Herauspicken von Details aus einem größeren Ganzen alles möglich.
Beide Zooms sind keine kleinen Leichtgewichte – aber angesichts der Kombination Vollformat und durchgehende Lichtstärke 2,8 gehen Größe und Gewicht (zusammen rund 2250 g) völlig in Ordnung.
Das Allroundzoom Nikkor Z 24-70 mm ist je nach Brennweiteneinstellung zwischen 126 mm und 156 mm lang, das Telezoom Nikkor Z 70-200 bei allen Brennweiten 220 mm. Beim extrem schnellen und sehr leisen Fokussieren bleibt die Länge beider Zooms gleich – Stichwort Innenfokussierung mit kraftvollen AF-Motoren.
Die Naheinstellgrenzen liegen bei 38 cm beim Standardzoom, zwischen 50 cm und 100 cm beim Telezoom und es werden größte Abbildungsmaßstäbe von 1:4,5 bzw. 1:5 erreicht. Damit wird der oben angesprochene ohnehin schon sehr große Einsatzbereich bis in den Nahbereich erweitert.
Weder beim Zoomen noch beim Scharfstellen ändert sich die Orientierung der Frontfassungen. Das ist für mich für den Einsatz von Polarisationsfiltern und Grauverlaufsfilter wichtig, Farb-Verlaufsfilter verwende ich nicht. Schade: Die Filterdurchmesser der Zooms unterscheiden sich, aber Reduzierringe wurden ja schon erfunden.
Ebenfalls unterschiedlich ist der Aufbau der Zooms. Beim 24-70 liegt der Fokussiering vorn und der Zoomring in der Mitte, bei 70-200 ist es umgekehrt – was mich beim Umgang mit den Objektiven nie gestört hat.
Alle vier Ringe laufen einerseits leichtgängig, bieten andererseits aber genug Widerstand, um präzise arbeiten zu können. (Von den Fokussierringen weiß ich das nur, weil ich sie im Rahmen meiner Tests ausprobiert habe – in der Praxis verlasse ich mich immer auf den schnellen und zuverlässigen AF der Nikon Z-Modelle. Das wird in den nächsten Tagen während unseres Bodensee-Workshops auch so sein … ) Wenn man will, wechselt man mit einem kleinen Schalter zwischen AF und MF.
Ganz hinten liegt bei beiden Zooms der konfigurierbare Multifunktionsring. Obwohl ich immer wieder darauf hinweise, dass ich ein großer Freund von Blendenringen am Objektiv bin, entscheide ich mich dieses Mal dafür, die Ringe für die Wahl der Belichtungskorrekturfaktoren zu verwenden. Das ist kein Misstrauen gegenüber den Belichtungssystemen der Kameras. Die arbeiten korrekt. Aber die richtige Belichtung – mal ein bisschen reichlicher, mal ein bisschen knapper – hängt immer von der Absicht der Fotografin / des Fotografen ab!
Als Zooms der S-Klasse im Nikon Z-System sind beide Objektive mit einem kleinen OLED-Display ausgestattet. Durch einen Druck auf die Display-Taste kann man zwischen den Anzeigen „Brennweite“ (in Millimeter-Schritten, teils auch in Halb-Millimeterschritten), Entfernung und Blende wählen. Recht unscheinbar kommt eine weitere Information dazu. Die Ausdehnung der Schärfenzone wird durch einen kleinen Balken angezeigt, der breiter oder schmaler wird. Sehr schön!
Beide Zooms weisen eine Fn-Taste im hinteren Bereich auf, die mit 21 Funktionen belegt werden kann. Ich entscheide mich für die Spot-Messung, denn die richtige Belichtung – siehe oben.
Nur das 70-200 hat eine zweite Fn-Taste vorn – gleich in vierfacher Ausfertigung, um jeweils 90° gegeneinander versetzt, damit man sie jederzeit gut erreichen kann. Ich verwende sie als Abblendtaste.
Weitere sichtbare Unterschiede. Das Telezoom bietet einen Fokusbereich-Begrenzer (FULL oder unendlich bis 5 m) und eine drehbare Stativschelle, deren großer Fuß zwei 1/4“-Stativgewinde aufweist.
Unsichtbarer Unterschied: Das 70-200 ist mit einem Bildstabilisator ausgestattet, der es möglich macht, unverwackelte Freihandaufnahmen bis zu 5,5 Stufen jenseits der Freihandgrenze zu machen.
Ach ja, fast vergessen: Beide Zooms werden mit 4-Segment-Streulichtblenden geliefert, die man zum Transport (und bitte nur für den Transport) auch umgekehrt ins Bajonett setzen kann.
Und ehe nun jemand anfängt zu grübeln: Front- und Rückdeckel sind auch dabei.
Für die Technik-Fans: Das 24-70 mm ist aus 17 Linsen ins 15 Gruppen aufgebaut, das 70-200 mm aus 21 Linsen in 18 Gruppen.
Nicht ganz konsequent ergänze ich die Zwei-Zoom-Ausrüstung zunächst um das Nikon Nikkor Z 50 mm 1:1,8 S, denn ein Thema des Workshops wird sein: „Die Vorteile der Standard-Brennweite“.
Außerdem hat unser vorbereitender Besuch zwei Wochen zuvor leider gezeigt, dass es am Bodensee auch sehr ungemütlich sein kann. Für den Fall, dass Regen und Wind uns während des Workshops dazu bringen, lieber drin zu bleiben, bietet sich die Makrofotografie als faszinierendes Thema an. Also darf auch noch eines der beiden neuen Makroobjektive aus dem Nikon Z-System, das Nikkor Z MC 50 mm 1:2,8 mit an das schwäbische Meer.
Als Kamera packe ich die Nikon Z 7 ein. Über die Qualitäten der Z 7 mit ihrem 45,7 MPix-BSI-Vollformatsensor brauche ich mir keine Gedanken zu machen. Auch wenn inzwischen die Z 7II als neuere Variante im Angebot ist, ist die Z 7 in jeder Hinsicht (Auflösung, Kontrast, Rauschen, Autofokus usw. usw.) immer noch eine Top-Kamera.
Der Akku EN-EL 15C ist mit 16 Wh ausdauernd, aber ein zweiter Stromlieferant ist nie verkehrt. Freundlicherweise ist der Akku kompatibel zum EN-EL 15b (14 Wh) aus der Nikon Z 5, der als Backup mit zum Workshop kommen soll. Aber wieso nur der Akku? Sollte es wieder unfreundlich nieselig und windig werden, ist Fotografieren mit der abgedichteten Z 7 kein Problem. Aber Objektivwechsel unter solchen Bedingungen? Muss nicht sein. Also stecke ich den Akku wieder in die ebenfalls abgedichtete Z 5 (Vollformat, 24,4 MPix) und nehme sie mit.
Die beiden DSLMs sind fast gleich aufgebaut. Dass bei der Z 5 das Betriebsartenwählrad auf der rechten Schulter sitzt, bei der Z 7 dagegen links, weil der Platz rechts für ein Status-Display gebraucht wird, spielt in der Praxis keine Rolle.
Die Bedienelemente auf der Rückwand sind identisch, was einem schnellen Wechsel von einem Gehäuse zum anderen entgegen kommt und beide Kameras weisen einen großen Monitor auf, der sich bei Bedarf nach oben und unten klappen lässt und damit z. B. Aufnahmen mit einem tiefen Standort der Kamera möglich macht, ohne dass man sich verrenken muss.
Die Ausstattung beider Modelle ist umfangreich, besser gesagt sehr umfangreich. Wichtig in der Praxis sind unter anderem
- die eingebauten Stabilisatoren,
- die großen Sucher (OLED-Monitore mit 3,69 Mio. RGB-Dots, enormer 0,8facher Vergrößerung und 100 % Bildfeldabdeckung),
- der schon angesprochene schnelle und sichere Autofokus (493 AF-Messfelder bei der Z 7, 273 AF-Messfelder bei der Z 5),
- die Möglichkeit, ein sehr kleines AF-Messfeld zu aktivieren, wenn es eng wird im Motiv
- die exakte Belichtungsmessung und -steuerung,
- die umfassende Möglichkeiten, die Kamera im übersichtlichen Menü zu konfigurieren und
- die großen, hoch auflösenden schwenkbaren Rückwandmonitore.
Zwei lichtstarke Zooms, eine lichtstarke Festbrennweite, ein Makro-Objektiv, zwei Gehäuse – damit bin ich jetzt bestens ausgerüstet.
Und das nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.
Alle vier Objektive und und die beiden Gehäuse bringen Top-Abbildungsleistung und erhielten dafür in unseren Tests die Bewertung „Hervorragend ++“ .
Der erste Tag des d-pixx foto Workshops am Bodensee
Beim ersten Fotospaziergang in Friedrichshafen siegt die Bequemlichkeit. Ich setze das Nikkor Z 24-70 mm 1:2,8 S an die Z 7, klipse den Peak-Design-Gurt in die Ankerschlaufen und mache mich mit den Teilnehmer:innen des Workshops auf den Weg. Ziel sind der Schloss-Steg und eine Plattform mit bereits herbstlich gefärbten Bäumen.
Der Weg dorthin ist gepflastert mit Motiven.
Die Kombi aus der Z 7 und dem 24-70 mm liegt gut in der Hand, auch wenn ich sie um 90° schwenke. Das ist nicht unbedingt nötig, um die Zeppelin-Fontäne aufzunehmen, aber ich möchte sie mit dem allmählich kahl werdenden Baum im Vordergrund umrahmen und auch die Sonne, die durch einen Wolkenschleier scheint, mit ins Bild nehmen.
Dabei zeigt sich, dass das Standardzoom kein Problem mit einer hellen Lichtquelle hat, die mitten im Bild sitzt.
Auch die Gasse zwischen den „Ankerpfählen“ (sie heißen bestimmt anders, ich bitte als Landratte um Entschuldigung für mein Nichtwissen) braucht das Hochformat.
Dann ein Herbstklassiker.
Für die trockenen braunen Blätter blende ich das 24-70 mm bei längster Brennweite erst einmal ganz auf, aber die Schärfenzone ist viel zu schmal. Also abblenden auf 7,1. Selbst da kommt aus der geringen Entfernung nur ein sehr schmaler Streifen des Motivs in die Schärfe. Das aber knackig.
Eine andere Konstellation wirkt bei der schönen Mischung aus noch grünen und schon gelb-orange-braunen Blättern im Durchlicht.
70 mm Brennweite und die fast ganz offene Blende 3,5 stellen die scharfen Blätter im Mittelgrund schön frei.
Nach einem Abstecher direkt ans Ufer, wo das Standardzoom die feinen Poren in den Steinen des Türmchens sauber ins Bild bringt …,
… einem Halt am Graf-Zeppelin-Haus mit seinen Kanten und geraden Linien …
… und einem schnellen Schnappschuss für meine Sammlung „Zahlen bitte“´, für den ich durch einen raschen Dreh am Multifunktionsring des Zooms eine leichte Pluskorrektur wähle …
… kommen wir zum ersten offiziellen Ziel des ersten Fotospaziergangs, dem Schloss-Steg. Nach Zeppelin-Fontäne und Graf-Zeppelin-Haus nun eine Sehenswürdigkeit, die nichts mit der Luftschifflegende zu tun hat.
Der Steg wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und diente, wie auch der weiterführende Weg, dem Flanieren und einem Blick auf die Schiffe auf dem See und die Berge dahinter.
Der Steg ist in Privatbesitz und kann nicht betreten werden, aber auch der Blick von unten ist fotogen. Gefragt sind die mittleren und kurzen Brennweiten des 24-70 mm und der gute Dynamikumfang der Z 7.
Beim Weitergehen bereue ich einen Moment lang, das 70-200er im Hotel gelassen zu haben. Auf dem See Segelboote, über den Bergen ein Zeppelin, der mit 70 mm Brennweite nur sehr klein ins Bild kommt.
Aber der Moment der Reue ist kurz. Immerhin hat die Z 7 einen 45,7-MPix-Vollformatsensor und das 27-70 mm ein hervorragendes Auflösungsvermögen. Mit anderen Worten: Einer Ausschnittvergrößerung aus dem 8356 x 5504 Pixel großen Bild steht nichts im Wege.
Am Rechner in der Redaktion zeigt sich später, dass diese Überlegung völlig richtig war. Beim Erstellen des Crop-Bildes lasse ich dann gleich noch ein paar störende Elemente verschwinden. (Beim Entfernen der Schiffe kamen keine Menschen und Tiere zu Schaden!)
Auch noch am ersten Workshop-Tag, aber viel später.
Wir wollen Available-Night-/Nachtaufnahmen machen. Ich bin auch während des Workshops im Dienst, checke ein paar E-Mails und stelle fest, dass ich mich jetzt aber sputen muss.
Weil die Schnellkupplungsplatte schon an der Nikon Z 5 sitzt, bestücke ich sie mit dem 24-70 mm, schnappe mein altes Kaiser Tiltall TC-284 mit dem BH-30-Kopf und sause nach unten, wo die Gruppe schon wartet.
Leider ist der Molenturm nicht so schön beleuchtet, wie beim Bodensee-Workshop vor zwei Jahren, aber auch so ist er durchaus ein paar Aufnahmen wert.
Die Z 7 bringt die Lichtstimmung schön ins Bild und das 24-70 mm trennt die Lichtpunkte am gegenüberliegenden Ufer sauber!
Andere Motive sind zum Beispiel das Zeppelin-Museum …
… gesehen vom Steg, der zum Molenturm führt und aufgenommen mit einer Verschlusszeit von 25 Sek., um eine möglichst glatte Wasserfläche zu erhalten.
Auch erleuchtete Schau- und Restaurantfenster werden ins Bild geholt und …
… eine Schaufensterpuppe bietet sich für ein Porträt an. Die längste Brennweite des 24-70 mm bringt bei Blende 13 nicht nur das Gesicht, sondern auch das Schilf im Hintergrund scharf ins Bild.
Der Weißabgleich der Z 5 erhält einen angenehmen Warmton, ohne das Bild ins Gelb-Orange rutschen zu lassen. Das zeigt schon der erste Blick auf den 3,2“-Rückwandmonitor und die Kontrolle auf dem großen Monitor des Rechners bestätigt das.
Fortsetzung am Dienstag, 26.10.2021
Als Canon-Besitzer kann ich die technischen Details von Nikon nicht so recht würdigen.