Mit der Fujifilm X-T4 bringt Fujifilm rund ein Jahr nach der X-T3 ein neues Top-Modell der APS-C-Klasse (die X-H1 lassen wir mal außen vor, denn sie ist anders konzipiert. Was kann die Neue?

Äußerlich hat sich gegenüber der X-T3 auf den ersten Blick sehr wenig getan, denn das Gehäuse sieht genau so kantig nostalgisch aus. Der Griff ist etwas ausgeprägter (angenehm, aber nicht ganz so gut, wie etwa bei der Nikon Z 50) und das Gehäuse im Ganzen etwas tiefer.

Bei den Einstellelementen ist der Startknopf fürs Quickmenü ein Stückchen gewandert und kann nun praktisch gar nicht mehr versehentlich betätigt werden. Unter dem Verschlusszeitenrad ist nun der Umschalter zwischen Fotografieren und Filmen zu finden. Wer gerne filmt, wird das begrüßen. Mir wäre lieber, das Wählrad für die Belichtungsmessmethoden hätte diesen Platz behalten. Die Wahl von Mehrfeld-, Spot-, mittenbetonter und Integralmessung erfolgt nun in einem Menü, das man durch Druck auf die obere der vier Kreuztasten auf der Rückwand aufruft.

Die Rückwand wird vom 3“-Touchscreen-Monitor beherrscht, der gegenüber der X-T3 in Sachen Auflösung (1,69 Mio. RGB-Dots / 1,04 Mio.) und Beweglichkeit (2 Achsen / 1 Achse) verbessert wurde.

Der elektronische Sucher mit OLED-Monitor ist dagegen gleich geblieben. Er löst mit 3,69 Mio. RGB-Dots auf und zeigt ein scharfes, sauberes Bild, auch bei Schwenks. Bei schnellen Serien gibt es keine Dunkelpause zwischen den Bildern. Seine Größe ist toll.

Beide Displays bieten drei Modi. Mit „Restlicht-Priorität“ kann man auch bei wenig Licht sehr gut arbeiten, „Auflösungspriorität“ habe ich bei Makroaufnahmen als sehr nützlich empfunden, und die dritte Variante namens „Priorität Bildrate“ hilft bei Aufnahmen von Objekten, die sich schnell bewegen.

Zentrale Elemente der X-T4 sind der X-Trans-CMOS 4 APS-C-Sensor (Crop-Faktor 1,5x), mit einer Auflösung von 6240 x 4160 Pixeln (26 MPix) und der Bildprozessor X-Processor 4, die auch in der X-T3 zum Einsatz kommen.

Allerdings gibt es beim Sensor doch einen wesentlichen Unterschied: Er ist bei der X-T4 nun beweglich gelagert, und wer auf einen internen Bildstabilisator (IBIS) wie bei der X-H1 gehofft hatte, wird also – anders als bei der X-Pro3 – nicht enttäuscht. Der IBIS-Antrieb wurde sogar verbessert, ist nun kleiner und leichter und toppt in der Praxis den im Profimodell.

Mit OIS-Objektiven arbeitet der Stabilisator der Kamera zusammen. Die X-T4 bietet dadurch einen Dual-Stabilisator, wie man ihn auch von Olympus und Panasonic kennt.

Fujifilm sagt, dass mit 18 von 29 XC/XF- Objektiven die Freihandgrenze um 6,5 Stufen verschoben werden kann. Wie effektiv der Stabilisator bei langen Brennweiten arbeitet, konnte mangels eines Teleobjektivs/Telezooms nicht festgestellt werden, aber mit 80 mm (also 120 mm [@KB]) waren unverwackelte Freihandaufnahmen bis 1/4 Sek. und oft auch mit 1/2 Sek. möglich. Das sind 5 bis 6 Stufen jenseits der Freihandgrenze von 1/125 Sek. Mit der X-H1 und dem gleichen Objektiv kam ich auf 1/8 Sek, manchmal auch auf 1/4 Sek.

Damit kann die Top-Abbildungsleistung des APS-C-Sensors auch bei wenig Licht ohne Stativ abgerufen werden und wird nicht durch Wackler überdeckt.

Mit dem nicht mehr ganz neuen XF 80 mm F2,8 R LM OIS WR Macro (was für ein Name!) und Blende 8 zeigte Imatest Master 4.3 eine Auflösung bis 0,49 Cycles/Pixel (möglich sind 0,5 Cycles/Pixel).

Für die Abbildungsleistung spielt natürlich die Scharfstellung eine wichtige Rolle. Wie schon bei der X-T3 ist der Autofokus als Hybrid-AF (Kontrast-Detektion plus Phasen-Detektion über spezielle Pixel auf dem Sensor) ausgelegt und wieder kann man wie bei der X-T3 zwischen 425 und 117 AF-Punkten wählen.

Für die Platzierung des Fokus-Punktes kann der Touchscreen-Monitor benutzt werden, aber auch ein Mini-Joystick steht zur Verfügung. Während ich für Aufnahmen vom Stativ den Fingertip auf den Monitor bevorzuge, finde ich bei Aufnahmen aus der Hand die schnelle Einstellung mit dem Joystick besser.

Meistens verwende ich nur ein Messfeld, aber natürlich ist man nicht darauf festgelegt. Wie aus anderen Fujifilm X-Modellen bekannt, kann man im Menü oder Quick-Menü eine größere „Zone“ wählen, dazu die Einstellung „Weit/Verfolgung“ und „Alle“.

Oft ist eine Gruppe von neun AF-Feldern ein guter Kompromiss zwischen einem Feld und der automatischen Messfeldwahl, da der Bildprozessor innerhalb des Neuner-Rasters schnell das Detail findet, auf das scharf gestellt werden kann.

Der Autofokus wurde in Sachen Geschwindigkeit noch mal verbessert (obwohl auch die X-T3 sehr flott unterwegs ist). Gerade mal 20/1000 Sek. soll es dauern, bis die Schärfe steht. Natürlich kann man im Labor messen, ob es wirklich 20/1000 Sek. sind, oder vielleicht doch 21/1000 Sek. Aber wen interessiert das in der Praxis wirklich? Der Autofokus der X-T4 ist sehr sehr schnell und, für mich noch wichtiger, sehr sehr sicher.

Das gilt nicht ganz so, wenn man die Gesichts- oder Augenerkennung aktiviert. Hier kann man im Menü festlegen, ob die Schärfe auf das rechte oder linke Auge gelegt werden soll oder ob die Kamera diese Entscheidung treffen soll. Das klappt sehr gut, aber nicht perfekt.

Auch mit Objekten, die sich bewegen, hat die X-T4 keine Probleme. Neben dem Einzel-AF bietet sie auch kontinuierliche automatische Scharfstellung und hier kann man sich für eines von sechs Szenarien entscheiden.

Wie mit der automatischen Scharfstellung gab es während des Praxistests ebenso mit der Belichtungsmessung und -steuerung keine Probleme. Die Messung erfolgt, wie schon erwähnt, per Mehrfeld-, Spot-, Integral- oder mittenbetonter Charakteristik. Dank des schnellen Bildprozessors und den „intelligenten“ Algorithmen kommt die X-T4 ebenfalls mit komplizierten Gegenlichtsituationen sehr gut zurecht.

Für die Belichtungssteuerung stehen Programm-, Zeit- und Blendenautomatik zur Verfügung – keine Motivprogramme, wodurch die Ausrichtung der Kamera auf anspruchsvolle Fotografen unterstrichen wird.

Die PASM-Modi können sehr schnell eingestellt werden: Blendenring oder Kombi-Ring am Objektiv auf „A“ für Zeitvorwahl, Verschlusszeitenrad am Gehäuse auf „A“ für Blendenvorwahl, beide auf „A“ für Programmautomatik, keiner auf „A“ für manuellen Abgleich.

Aber ganz ohne Helfer für die Bildoptimierung / -gestaltung geht es dann doch nicht. Dafür bietet die X-T4 eine HDR-Funktion, acht Kreativfilter und nun 18 Filmsimulationen.

Die Filmsimulationen geben Farb- und S/W-Einstellungen vor, die an Filme von Fujifilm aus analogen Zeiten erinnern sollen und bei vielen Anwendern diese Erinnerungen wachrufen.

Neu ist die Vorgabe „Bleach Bypass“, die ich schon in den Nik-Filtern bei der Bildbearbeitung zu schätzen gelernt habe und die ich nun auch in der X-T4 gerne nutze. Auch Acros für S/W-Aufnahmen und Classic Chrome für angenehme Farben kommen immer wieder zum Einsatz – aber das ist einfach eine Sache der persönlichen Vorlieben. Jeder Benutzer einer X-T4 dürfte einige Favoriten unter den Simulationen finden. Wer erst später feststellt, dass sich ein bestimmtes Motiv für eine bestimmte Filmsimulation angeboten hätte, kann sie auch bei der Entwicklung der RAW-Daten anwenden.

Auch andere Effekte und (wichtiger) Bildoptimierungen lassen sich im Zuge der RAW-Entwicklung vornehmen.

In diesem Zusammenhang muss die Einstellung „Klarheit“ erwähnt werden. Photoshop-Anwendern ist sie bereits bekannt. Sie erhöht den Mikrokontrast und sorgt so für knackigere Bilder.

Die Verschlusszeiten können vom mechanischen Schlitzverschluss (bis 1/8000 Sek.) oder vom elektronischen Verschluss (bis 1/32.000 Sek.) gebildet werden. Der mechanische Verschluss wurde gegenüber der X-T3 verbessert und soll nun rund 30 % leiser sein. Da die X-T3 nicht zum Vergleich bereitstand, konnte ich das nicht überprüfen. Aber es steht fest, dass man mit der X-T4 auch mit dem mechanischen Verschluss sehr leise arbeiten kann. Mit dem elektronischen Verschluss geht es, wenn man will, lautlos.

Wie schon die X-T3 bietet die X-T4 einen Standard-Empfindichkeitsbereich von ISO 160 bis 12.800, der auf ISO 80 bis 51.200 erweitert werden kann. Wie sieht es mit dem Rauschverhalten aus? Die Kombination aus APS-C-Sensor und Bildprozessor schlägt sich sehr gut. Die JPEGs direkt aus der Kamera sind bis ISO 1600 sehr sauber, dann setzt geringes Rauschen ein, das bis ISO 12.800 aber nur langsam zunimmt. Je nach Helligkeit und Motiv sind ISO 12.800 noch praxistauglich. An den Bildern der ISO-Reihe unten kann man das nachvollziehen.

Die X-T4 ist eine schnelle Kamera. Mit dem mechanischen Verschluss kommt sie auf bis zu 15 B/Sek.. Mit dem elektronischen Verschluss sind max. 20 B/Sek. in voller Größe und 30 B/Sek. mit Crop 1,25x möglich! Crop 1,25x beziegt sich auf den APS-C-Sensor, der seinerseits für einen Crop-Faktor von 1,5x gegenüber Vollformat sorgt. Bei Serien mit 30 B/Sekl muss also mit einem Gesamt-Crop-Faktor von rund 2x gerechnet werden. Sport- oder Tierfotografen mit ihren langbrennweitigen Objektiven können davon profitieren

Filmen ist natürlich auch bei der X-T4 ein Thema. Nicht nur 4K, sondern auch Cinema 4K steht zur Wahl, und als Besonderheit muss erwähnt werden, dass mit 240 fps extreme Zeitlupenaufnahmen möglich sind! Da ich selbst kein Filmer bin, belasse ich es dabei.

Weiteres: Einfache Anbindung an externe Smart-Geräte. Es gibt zwei Slots für SD-Karten (UHS II-kompatibel). Als Anschlüsse stehen eine USB-C- und eine microHDMI-Buchse (Typ D) zur Verfügung.

Das alles steckt in einem robusten, leichten Gehäuse aus Magnesiumlegierung, das gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser abgedichtet ist. Es gibt zwei Farbvarianten: Schwarz und Schwarz/Silber.

Mit den übersichtlich angeordneten Einstellelementen lässt sich die X-T4 sehr einfach handhaben. Hinzu kommt die Möglichkeit, die Einstellelemente mit den Funktionen zu belegen, die man dort gerne hätte.

Alles in allem kann man die Fujifilm X-T4 mit Fug und Recht als neues Top-Modell mit hervorragender praxisgerechter Ausstattung einordnen. Die Abbildungsleistung ist auf dem Top-Niveau der X-T3 oder auch X-Pro3.

 

Kurz und Knapp

Kamera Fujifilm X-T4
Typ DSLM mit 26,1 MPix APS-C-Sensor
Sensor X-Trans CMOS 4 in BSI-Technik, 23,5 x 15,6 mm, 6240 x 4160 Pixel, Crop 1,5x
Stabilisator / Sensorreinigung ja / ja
Objektiv wechselbar, Fujifilm X-Bajonett
Scharfstellung Hybrid-AF, max. 25 x 17 Felder, Einzelfeld, Messfeldgruppen
Empfindlichkeiten ISO 80 – 51.200 (inkl. Erweiterung)
Belichtungsmessung TTL-Messung mit 256 Zonen, Mehrfeld, mittenbetont, integral, Spot
Belichtungssteuerung Zeit-, Blenden-, Programmautomatik, Manuell, Filmsimulation (18), Kreativfilter (8)
Bracketing Belichtung, ISO, Weißabgleich, Dynamikumfang, Fokus, Filmsimulation
Verschluss 1/8000 Sek. – 15 Min., B bis 60 Min. (mechanisch), 1/32.000 Sek. – 15 Min. (elektronisch), Sync 1/250 Sek.
Weißabgleich Auto, Vorgaben (7), manuell (3), Farbtemperatur (2500 K – 10.000 K), Bracketing
Sucher EVF; OLED mit 3,69 Mio. RGB-Dots, 0,75x [@KB]
Monitor 3“, 1,62 Mio sRGB-Dots, beweglich (2 Achsen)
Touchscreen ja
Blitz / Blitzschuh / Blitzbuchse nein / ja / nein
Serienbild max. 15 B/Sek. (mechanischer Verschluss), max. 30 B/Sek. (elektronischer Verschluss)
Intervallaufnahmen ja
RAW-Aufnahmen ja, 2 Komprimierungsstufen
Moviefunktion C4K und 4K (29,97p), Full HD (bis 2048 x 1080 Px), High Speed Full-HD (1920 x 1080 Px, max. 240p)
WiFi / Bluetooth / GPS ja / 4.2 / nein
Staub- und Spritzwasserschutz ja
Maße ca. 145 x 93 x 64 mm (B x H x T; inkl.Ösen)
Gewicht ca. 510 g (Gehäuse inkl. Akku und Speicherkarte)
Preis Gehäuse 1.799,- € / www.amazon.de KW 22)

 

BEWERTUNG FÜR DIE FUJIFILM X-T4

 

GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUSHERVORRAGEND DOPPEL PLUS

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Text und alle Bilder © Herbert Kaspar

 

PRAXISBILDER

Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es in der Größe von 2400 x 1600 Pixeln auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.

Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

 

Fujifilm X-T4 mit Fujinon XF 35 mm F2 R WR

53 mm [@KB] | ISO 160 | F5,6 | 1/1800 Sek. | -0,33 EV
53 mm [@KB] | ISO 160 | F2 | 1/3200 Sek.
53 mm [@KB] | ISO 160 | F4 | 1/3800 Sek.
53 mm [@KB] | ISO 160 | F4 | 1/180 Sek.
53 mm [@KB] | ISO 160 | F7,1 | 1/750 Sek.
53 mm [@KB] | ISO 160 | F3,2 | 1/1000 Sek. | -0,67 EV
 

Fujifilm X-T4 mit Fujinon XF 80 mm F2,8 R LM OIS WR MACRO

120 mm [@KB] | ISO 400 | F5,6 | 1/120 Sek.
120 mm [@KB] | ISO 160 | F2,8 | 1/2000 Sek. | -0,33 EV
120 mm [@KB] | ISO 160 | F5,6 | 1/300 Sek. | +0,67 EV
120 mm [@KB] | ISO 200 | F11 | 1/120 Sek. | -0,67 EV
120 mm [@KB] | ISO 160 | F5 | 1/125 Sek. | +0,33 EV
 

ISO-REIHE

Das erste Bild zeigt den Aufbau im Studio, der wie immer mit einer Tageslicht-Fotoleuchte beleuchtet wurde. Die Helligkeit entspricht etwa EV 7.

Die weiteren Bilder sind 100-%-Crops aus den 6240 x 4160 Pixel großen Originalbildern. Ein Klick bringt sie 2400 x 1800 Pixel groß auf Ihren Bildschirm

Alle Aufnahmen der ISO-Reihe: Fujinon XF 35 mm F2 R WR | F8
ISO 160 | 0,48 Sek.
ISO 200 | 0,38 Sek.
ISO 400 | 0,19 Sek.
ISO 800 | 0,1 Sek.
ISO 1600 | 1/20 Sek.
ISO 3200 | 1/42 Sek.
ISO 6400 | 1/85 Sek.
ISO 12.800 | 1/180 Sek.

 

Alle Fotos (c) Herbert Kaspar

 

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