Nach vier Urlauben im süddänischen Blåvand zog es uns in diesem Jahr nach Süden – genauer gesagt an den Gardasee. Mit dabei als ständige Begleitung die Olympus OM-D E-M10 Mark III.
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Dass es heiß ist während unseres Urlaubs am Gardasee, habe ich schon erwähnt. Das hat aber auch Vorteile. Einer: Man kann abends lange auf der Terrasse sitzen, wahlweise ein Glas Rotwein trinken oder ein kühles Bier, dabei auf die Lichter von Garda schauen oder einen Blick zum wolkenlosen Himmel werfen, wo Halbmond und Sterne mich verleiten, die Olympus OM-D E-M10 Mark III (ab hier wieder nur noch kurz E-M10 III genannt) mit dem M.Zuiko Digital 4/12-100 mm IS PRO (kurz 12-100 mm) aus dem Zimmer zu holen, um einige Aufnahmen zu wagen. Obwohl der doppelte Bildstabilisator sehr effektiv arbeitet, muss es jetzt doch das Stativ sein.
Das hört sich nach viel Schlepperei an, ist es aber nicht. Kamera mit Objektiv: ca. 1020 g. Stativ (Kaiser Tiltall TC284 mit Panoramakopf BP40): 1950 g. Das ist gut so, denn die Treppen im Haus sind steil.
200 mm [@KB] sind für den Mond dann doch ein bisschen wenig. Weil er etwa zu belichten ist, wie eine Wüste auf der Erde bei hellem Sonnenschein (ISO 200, Blende 8, 1/250 Sek), haben die Sterne am Himmel keine Chance mit aufs Bild zu kommen – und so nimmt nur ein kleiner Halbmond seinen Platz im schwarzen Bild ein.
Für einige Bilder vom Sternenhimmel wähle ich dann 100 mm [@KB], ISO 1600, Blende 4 und 8 Sek. Belichtungszeit. Blende 4 ist beim 12-100 mm eine volltaugliche Arbeitsblende, mit 8 Sek. kommen die Sterne nur minimal verwischt ins Bild und wenn man es nicht zu groß zeigt, wirken sie noch wie Punkte.
Beim Durchschauen der Bilder dann der Na-ja-Effekt. Eigentlich nicht schlecht, aber das bisschen Halbmond in viel Schwärze einerseits und die Nadelstiche im schwarzen Himmel andererseits sind nicht, was wirklich wirkt. Ich behalte die Bilder trotzdem und zu Hause bastle ich sie im Photoshop zusammen.
Astronomen und Astrofotografen werden wohl gequält aufstöhnen, wenn sie die „Schummelei“ sehen … aber mir gefällt das Bild, und es wird mich noch in ein paar Jahren an den Abend auf der Terrasse über Garda erinnern.
Apropos „Schummeln“. Ein anderer Abend, dieselbe Location. Wir sitzen da und warten auf ein Feuerwerk, von dem unten im Ort die Rede gewesen war. Es wird neun, es wird zehn, es ist schon schön dunkel, es wird halb elf. Kein Feuerwerk. Vielleicht etwas missverstanden. Also ins Bett. Im Einschlafen höre ich das typische Krachen explodierender Feuerwerkskörper. Deswegen aufstehen? Na gut, warum nicht. Als der Vorhang offen ist, sehe ich über dem gegenüberliegenden Seeufer die bunten Lichterblumen am Himmel.
Die Funktion Live Composite (zu finden u. a. unter den Advanced Photo-Funktionen) kommt mir als erstes in den Sinn. Man stellt die Belichtung so ein, dass sie für das Grundmotiv passt und dann werden zu dieser Basisbelichtung immer nur neue Lichter hinzugefügt. Auch bei langen Belichtungen wird das Grundmotiv nicht immer heller abgebildet. Das ist eine feine Sache, zumal man beobachten kann, wie sich das Bild „entwickelt“.
Dummerweise entfalten sich die Feuerwerkeffekte immer an derselben Stelle. In einer Live Composite Aufnahme würden sie übereinander gelegt und zu einem Lichterbrei verschwimmen. Also mache ich klassisch Einzelaufnahmen, die dann bei der Betrachtung gar nicht schlecht sind, aber irgendwie nicht wirken.
Auch hier hilft Photoshop zu Hause. Ich entscheide mich für einen Haupteffekt, schneide zwei andere Effekte aus ihren Bildern aus, skaliere sie und füge sie ins erste Bild ein. Die Ebenen verrechne ich mit „Hellere Farbe“, wodurch die leuchtenden Farben vor den fast schwarzen Hintergrund gesetzt werden. Das fertige Bild zeigt das Feuerwerk so, wie ich es mir gewünscht hätte.
Live Composite kommt dann aber noch zum Einsatz …
Durch Bardolino fährt einer jener kleinen Züge, mit denen Touristen sich schnell einen kleinen Überblick über den Ort verschaffen können und der Kinder begeistert. Abends ist er beleuchtet.
Die ersten Aufnahmen des fahrenden Bähnchens erfolgen mit Blendenvorwahl. Die Blende wird auf einen kleinen Wert eingestellt, um zur unter den gegebenen Umständen längsten Verschlusszeit zu gelangen. Da ohnehin einiges an Bewegungsunschärfe im Bild sein wird, mache ich mir wegen der Beugung und ihrem negativen Einfluss auf die Bildqualität dieses Mal keine Gedanken.
Während die Bewegungsunschärfe gewollt ist, sollen Verwacklungen natürlich vermieden werden: Das Stativ wird aufgestellt. Manche Passanten auf der Uferpromenade schauen, als hätten sie so etwas noch nie gesehen …
Nach einigen Aufnahmen, die den kleinen Zug auf einem kurzen Stück seiner Strecke zeigen, soll die nächste einfangen, wie er sich über die Uferpromenade bewegt. Das ist nun eine Sache für „Live Composite“. Diese Funktion kann man bei der E-M10 III auf zwei Arten nutzen.
Version 1: Das Betriebsartenwählrad wird auf AP gestellt und die mittlerweile wohlbekannte Kurzwahltaste gedrückt. Aus dem Angebot der Advanced-Photo-Funktionen wählt man nun „LIVE COMP“. Die Kamera bestimmt zunächst die Grundbelichtung in Art einer Programmautomatik und wiederholt diese Aufnahme ein ums andere Mal. Tut sich nichts im Bildfeld, bleibt es beim ersten Bild. Kommt eine Lichtquelle hinzu, wird sie ins Bild eingefügt, ohne die Basisbelichtung zu ändern.
Ich entscheide mich für Version zwei. Zunächst stelle ich fest, welche Belichtung für die Szenerie richtig wäre. Die Kamera meint, 1,3 Sekunden würden gut zur vorgewählten Blende 4 passen. Dann drehe ich das Verschlusszeitenrad (in habe das hintere Einstellrad entsprechend belegt) über die 60 Sek. hinaus, passiere Bulb, lasse Live Time hinter mir und erreiche Livecomp. Über die Menü-Taste gelange ich jetzt ins passende Menü, wähle statt der vorgeschlagenen 1,3 Sekunden nur ½ Sekunde als Basisbelichtungszeit. Das ergibt eine leichte Unterbelichtung, um die Szenerie so nächtlich einzufangen, wie sie ist. Dann ein bisschen warten und als der kleine Zug sich nähert, drücke ich 2x auf den Auslöser (einmal für die Basisbelichtung, dann für die eigentlichen Live Composite-Aufnahmen) und beobachte auf dem Monitor, wie der kleine Zug sich als Lichterschlange über die Uferpromenade schiebt.
Als es genug ist, beende ich mit einem weiteren Druck auf den Auslöser die Aufnahme. (Aus den Exif-Daten lese ich in Olympus Viewer 3 später ab, dass 28 Aufnahmen à ½ Sekunde gemacht wurden, die Aufnahmedauer also bei 14 Sekunden lag.) Dass das Stativ für die nötige Ruhe der Kamera sorgte, brauche ich wohl nicht zu betonen.
Weil es nun schon dunkel ist und ich das Stativ dabeihabe, lasse ich noch ganz normale Langzeitbelichtungen folgen. Die Ideen, das nur leicht bewegte Wasser zu einer vollends glatten Fläche zu machen oder die in den Wellen leicht schwankenden Segelboote durch Bewegungsunschärfe vom unbewegten Hintergrund abzuheben, sind nicht neu, aber sie bieten sich in dieser Location an.
Was Langzeitbelichtungen angeht, ist die E-M10 III sehr gut ausgestattet. Im Manuell-Modus kann man als „Verschlusszeit“ Bulb wählen – die Belichtung dauert so lange, wie man den Auslöser gedrückt hält – oder sich für Live Time entscheiden. Man betätigt den Auslöser, schaut auf dem Monitor zu, wie das Bild immer heller wird, und beendet die Belichtung im passenden Moment durch einen zweiten Druck auf den Auslöser. (Ein klein wenig wird die Erinnerung an die gute alte Dunkelkammer wach, wo man beobachtete, wie das Bild auf dem Papier im Entwickler immer deutlicher zum Vorschein kam).
Live Time steht auch als eine der Advanced Photo Funktionen zur Wahl, mit der zusätzlichen Möglichkeit, feste Verschlusszeiten von 1 Sek., 2 Sek. oder 4 Sek. zu wählen, die man aber auch durch einen zweiten Druck auf den Auslöser beenden kann, sobald einem das Bild richtig belichtet erscheint, wobei das Live-Histogramm hilfreich ist.
Von den anderen AP-Funktionen wurden Panorama, Keystone-Korrektur und Fokus-Belichtungsreihe schon im Einsatz beschrieben, die Funktionen Doppelbelichtung, Lautlos und AE-Belichtungsreihe im Urlaub nicht verwendet (zu Hause schon, erfolgreich, aber das ist hier nicht das Thema).
Bleibt HDR – High Dynamic Range. HDR-Aufnahmen bieten sich an, um den Kontrast in den Gässchen der Orte am Gardasee auszugleichen, wo zuweilen eine Seite im Licht, die andere im Schatten liegt.
Die E-M10 III erfindet HDR nicht neu, setzt die Technik aber sauber um. Aus drei unterschiedlich belichteten Aufnahmen wird ein Bild, in dem sowohl Lichter- wie auch Schattenpartien zu ihrem Recht kommen und Zeichnung zeigen.
Eine andere Funktion der E-M10 III würde auch in die Gruppe der Advanced Photo-Funktionen passen, ist dort aber nicht zu finden. Wenn man Intervallaufnahmen machen möchte, muss man im Hauptmenü das 2. Aufnahmemenü öffnen und kann dann die Zahl der Aufnahmen (bis 999), die Verzögerung bis zur Startzeit und die Intervalldauer zwischen den Aufnahmen (bis 24:59:59 Stunden) einstellen.
Auch Zeitraffervideos können aufgenommen werden – wahlweise in 4K mit 5 fps, Full-HD mit max. 15 fps und HD mit max. 30 B/Sek.
Auch wenn die E-M10 III viele Möglichkeiten bietet, die Bildwirkung zu beeinflussen und die Fotos schon bei der Aufnahme zu korrigieren – einen Filter kann die Software nicht ersetzen, und das ist der Polarisationsfilter. Der Rodenstock Filter, der die Reise mitmacht, führt allerdings ein Schattendasein. Auf dem Monte Baldo sorgt er bei ein paar Aufnahmen für einen etwas dunkleren Himmel – aber da seine Wirkung auch vom Einfallswinkel des Lichtes abhängt, bekomme ich einfach nicht den deutlichen Effekt, den ich erhofft hatte. Dafür nimmt der Filter in Peschiera die Reflexionen von der Oberfläche des Kanals und ebenfalls in diesem Ort in der Südost-Ecke des Sees kann er seine Wirksamkeit zeigen, als ich in der Gelateria auf meinen Milchshake warte und den Kühlschrank mit den Getränkedosen zum Versuchsobjekt mache.
Der Filter ist mit am Gardasee, meine Fernbedienung RM-UC1 nicht – wie in der ersten Folge schon erwähnt, passt sie zwar an die OM-D E-M1, aber nicht an die E-M10 III. Gut, dann eben nicht, dann muss eben die App Olympus Image Share auf meinem nicht mehr taufrischen iPhone diese Rolle übernehmen.
Die erste Kontaktaufnahme zwischen Kamera und iPhone geht über einen QR-Code und ein Passwort, die auf dem Monitor angezeigt werden.
Steht die Verbindung, kann man die Kamera komfortabel fernsteuern, und nicht nur fernauslösen. PASM-Betriebsarten, ART-Filter, AP-Funktionen, Verschlusszeit, Blende, Belichtungskorrektur, Empfindlichkeit und Weißabgleich lassen sich über das Smartphone ändern. Wenn die Kamera also auf dem Stativ steht und der Bildausschnitt exakt eingerichtet ist, kann man Änderungen an diesen Werten vornehmen, ohne die Kamera anfassen zu müssen – was eventuell dazu führen könnte, dass sich der Bildausschnitt minimal, aber sichtbar ändert!
Man kann mit der App auch Fotos importieren, bearbeiten und Geotags hinzufügen – Letzteres nicht uninteressant, weil die E-M10 III kein GPS-Modul aufweist.
Apropos Fotos bearbeiten. Wer mit einer Olympus OM-D oder Pen fotografiert, sollte Olympus Viewer 3 von der Olympus Homepage herunterladen.
Zwar lassen sich die RAW-Dateien aus diesen Kameras auch in anderen RAW-Konvertern entwickeln – in meinem Fall ist es Adobe Camera RAW – aber mit dem Viewer 3 kann ich komfortabel auch im Nachhinein Bilder mit Olympus-typischen Bildstilen und Art-Filtern verändern, bei denen ich es vor Ort versäumt habe. Und manche Aufnahme, die nicht ganz den Erwartungen entspricht, die ich beim Druck auf den Auslöser hatte, kann ich hier noch zu meiner Zufriedenheit korrigieren/optimieren.
Zum Schluss
Die Olympus OM-D E-M10 Mark III ist nicht das Topmodell unter den spiegellosen Systemkameras von Olympus (ich bin, nebenbei bemerkt, schon sehr gespannt auf die Kamera, die im Frühjahr 2019 kommen soll … wenn die Köche in den Gerüchteküchen des Internets Recht behalten) – aber sie ist eine tolle kleine, leichte und preisgünstige Reisebegleiterin, und zusammen mit einem Top-Objektiv wie dem M.Zuiko Digital 4/12-100 mm IS PRO läuft sie zur Höchstform auf!
Ein ganzer Urlaub mit nur einer kleinen DSLM und einem Objektiv? Geht!
Unterwegs mit der Olympus OM-D E-M10 Mark III
… und ganz zum Schluss
Text und alle Bilder (c) Herbert Kaspar
Sehr interessanter Beitrag Herr Kaspar lese eure Fotofachzeitung vom ersten Tag in der Analogzeit ihre Fotobücher über Pentax Kameras. Bin überrascht was mit dem kleinen Sensor möglich ist. Mit freundlichen Grüßen und treuer Leser . Michael Harms
Lieber Herr Kaspar,
da ich mir in diesem Sommer die E-M10 III (mit 40-150 mm) gekauft habe, kamen Ihre fünf Folgen Praxistest am Gardasee zum richtigen Zeitpunkt. Danke für die interessante Lektüre.
Beste Grüße, Dorothee Lieb