Mit dem heutigen Tage präsentiert Ricoh sein neues Kamera-System GXR der Öffentlichkeit, das eine neue Kategorie einführen soll. Der Name rührt dabei von Ricohs bekannten Kompaktkameras der GX-Serie und den ehemaligen SLR-Gehäusen der XR-Reihe her. Bereits hier lässt sich erkennen, dass Ricoh mit seinem neuen System eine Mischform aus Kompaktkamera und DSLR anstrebt, um nach eigenen Angaben das Beste aus beiden Welten miteinander zu vereinen – entsprechend sollen kompakte Abmessungen und eine einfache Bedienung mit den einem großen Telebereich, großen Sensoren und lichtstarken Objektiven kombiniert werden können. Ricohs Antwort auf die aktuellen Marktentwicklungen ist ein Wechselmodul-Kamerasystem – wie schon mehrfach angemahnt, z .B. in d-pixx 5/2008, Seite 3.
Aber was hat es mit einem solchen System auf sich? Um eine stets optimale Bildqualität bei einem dennoch kompakten Gehäuse zu ermöglichen, werden bei Ricohs GXR-System die Bildsensoren genau auf das Objektiv abgestimmt. Ricoh realisiert dies mit einem System, bei dem Bildsensor, Objektiv und Bildprozessor Bestandteil von auswechselbaren Modulen sind. Das eigentliche Gehäuse beherbergt in diesem Fall das „Interface“, also alle Bedienelemente, das 3 Zoll große Display und natürlich den Akku. Zudem ist hier ein zweiter Bildprozessor untergebracht.
Der Vorteil für den Anwender soll in der Praxis unter anderem darin liegen, dass der jeweils beste Sensor für das genutzt Objektiv im entsprechenden Modul daherkommt. Ein Makro-Objektiv wird mit einem großen APS-C-Sensor kombiniert um optimale Bildqualität bei geringem Rauschen zu ermöglichen. Ein Zoom-Objektiv wiederum wird mit einem kleinen CCD-Sensor kombiniert, der auf diese Weise einen größeren „Crop“-Faktor mit in die Waagschale wirft. Das dritte Szenario stellt beispielsweise ein Teleobjektiv dar, das mit einem Highspeed-Sensor kombiniert werden könnte, um etwa schnelle Serien in der Sportfotografie zu ermöglichen.
Gerade DSLR-Anwendern wird bereits ein weiterer interessanter Vorteil des GXR-Systems durch den Kopf gegangen sein. Da es sich um ein geschlossenes „Ökosystem“ aus Objektiv und Sensor handelt, das seine Daten nur mittels einiger Kontakte übermittelt, fällt die lästige Staubproblematik unter den Tisch. Ich bin mir sicher, jeder DSLR-Anwender hat bereits aus seinen Bildern in mühevoller Kleinarbeit die dunklen Flecken von Staubkörnern entfernt, die sich auf dem Sensor breitgemacht haben.
Bereits jetzt wird aber ebenso eine Schwachstelle des Systems deutlich: Anwender, die beispielsweise ihr GXR-System mit vier Objektiven ausrüsten wollen – die Kombination aus einem Ultraweitwinkel- sowie einem Standard-Zoom im Zusammenspiel mit einer Tele- und einer Macro-Festbrennweite wäre hier in Zukunft durchaus denkbar und läge auf der Hand – müssen nicht nur vier Objektive kaufen, sondern gleichzeitig in vier Sensoren investieren, von denen grundsätzlich nur einer genutzt werden kann. Ein späterer Blick auf die Preise wird zeigen, dass ein so ein Objektiv-Sensor-Park schnell ein teures Unterfangen werden kann. Erfolgt zudem ein Sprung in der Sensor-entwicklung, reicht es nicht aus, einen neuen Body zu kaufen und diesen mit den vorhandenen Objektiven zu kombinieren. Vielmehr müssten bereits vorhandene Objektiv in Form neuer Aufnahmemodule neu erworben werden.
Ricoh startet seine GXR-Serie mit dem eigentlichen Wechselmodul-Kamerasystem GXR, das man sicherlich mit gutem Gewissen als das „Gehäuse“ bezeichnen könnte. Zusätzlich wird es zwei Aufnahmemodule geben. Das erste Aufnahmemodul verfügt über das GR-Objektiv 2,5/50 mm Macro, das von Ricoh mit einem 12,3 MPix starken APS-C-Sensor kombiniert wird. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt 1:2. Das zweite Aufnahmemodul basiert auf dem Ricoh-Objektiv 2,5-44/24-72 mm VC. Dieses kombiniert Ricoh mit einem 10-MPix-CCD-Sensor im 1/1,7-Zoll-Format. Zusätzlich besitzt dieses Aufnahmemodul einen Video-Modus, der es jedoch nur erlaubt Videos im VGA-Format aufzunehmen. Beide Module besitzen einen Wert von ISO 3200 als Maximum.
Während der Präsentation des Systems vergangenen Mittwoch in München konnte ich bereits erste Eindrücke gewinnen. Das kompakte Gehäuse liegt gut in der Hand und kann mit einer überzeugenden Haptik aufwarten. Die Aufnahmemodule müssen mit einem kleinen Hebel entriegelt werden, der gut erreichbar über dem Handgriff sitzt. Der Wechsel der Module erfordert eine beherztes Eingreifen, denn die Module sitzen recht fest im „Gehäuse“ (sollen sie ja auch). Hier wird die Zeit zeigen müssen, ob das Verriegelungssystem auch dem täglichen Einsatz gewachsen ist. Leider durfte ich keine Testaufnahmen mit nach Hause nehmen, denn bei den Kameras handelte es sich noch um Vorserienmuster. Auf dem 3-Zoll-Monitor machten die Bilder aber schon einmal einen sehr guten Eindruck, ebenso wie einige große Ausdrucke. Zu gefallen wusste der neue Digitalsucher, der sozusagen ein weiteres Modul darstellt. Er bietet 920.000 Dots und wird mit dem neuen System eingeführt.
Der Einstieg in das neue System ist allerdings leider nicht ganz günstig. Das GXR-Modul schlägt bereits mit 459.- Euro zu Buche. Das Aufnahmodul GR-Objektiv 2,5/50 mm Macro wird zusätzliche 670,- Euro kosten, das zweite Aufnahmemodul, das Ricoh-Objektiv 2,5-44/24-72 mm VC kostet noch einmal 370,- Euro. Die Preise sind UVPs und es wird passieren, was immer passiert: Der Handel wird sie unterbieten. Wetten?
Auf dem Papier ist Ricohs neues System als mutig und durchaus interessant einzustufen. Dennoch stellt sich die Frage, ob es jeweils eines eigenen Sensors pro Objektiv bedarf, denn so wird der Preis des Gesamtpakets merklich in die Höhe getrieben. Es wird sich allerdings zeigen müssen, ob die durch die genaue Abstimmung der Komponenten entstehenden Kosten in Relation zu der daraus gewonnenen Bildqualität stehen. Hinzu kommt, dass ein „Gehäuse“ und zwei Aufnahmemodule noch kein neues System sind. Ricoh wäre gut beraten, schnell weitere Brennweiten anzubieten. Besonders Module mit dem APS-C-Sensor sind wichtig, denn Samsung ist mit der NX schon startbereit. Positiv ist auf jeden Fall schon einmal zu bewerten, dass sich ein Hersteller wieder einmal mit einem neuen System auf den Markt wagt – Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft.
Technische Daten Ricoh GXR | |
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Abmessungen | 113,9 x 70,2 x 28,9 mm |
Gewicht | 260 g (ohne Akku) |
Display | 3 Zoll – 920.000 Dots |
Speicher | SD, SDHC |
Aufnahmemodi | Auto, P, Av, Tv, M, Motivprogramme*, “Meine Einstellungen” |
*Motivprogramme | Video, Porträt, Sport, Landschaft, Nachtszenen, Perspektive-Entzerrung |
weitere Aufnahmeoptionen | Serienaufnahme, Selbstauslöser, Intervallaufnahme, Automatische Farbreihe, Schwarz/Weiß, Auswahl-Farbraum, Rauschreduzierung, Histogramm, Bildschirmraster |
Bildqualität | JPEG Fein, JPEG Normal, RAW |
Dateiformat | JPEG, RAW, AVI |
Technische Daten Aufnahmemodul GR-Objektiv 2,5/50 mm | |
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Auflösung | 12,3 MPix |
Sensor | CMOS APS-C (23,6 x 15,7 mm) |
Objektiv – Brennweite | 50 mm [@KB] |
Objektiv – Blende | Blende 2,5 – 22 |
Objektiv – Aufbau | 9 Elemente in 8 Gruppen |
Digitalzoom | Bilder 4x, Videos 3,6x, VGA-Modus 5,9x |
Bildstabilisierung | – |
Fokus-Modus | kontrastbasierter Multi- und Spot- AF, MF, Fixfokus |
Verschlusszeit | 180 – 1/3200 Sek. |
Belichtungssteuerung – Messung | Multi, Mittenbetont, Spot |
Belichtungssteuerung – Modus | Programmautomatik, Zeitautomatik (Blendenpriorität), Blendenautomatik (Verschlusszeitenpriorität), manueller Belichtungsabgleich |
Belichtungskorrektur | Manuell (+4,0 bis -4,0 EV in Schritten von 1/3 EV oder 1/2 EV), automatische Belichtungsreihe (-2 EV bis +2 EV in Schritten von 1/3 EV oder 1/2 EV) |
ISO-Empfindlichkeit | 200, 400, I800, 1600, 3200; Auto, Auto hoch |
Weißabgleich | Auto, Mtl-WA Auto, im Freien, wolkig, Glühlampenlicht, Neonlicht, manuelle Einstellung, Detail, automatische Weißabgleichsreihe |
Technische Daten Aufnahmemodul Ricoh-Objektiv 2,5-4,4/24-72 mm | |
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Auflösung | 10,0 MPix |
Sensor | CCD 1/1,7 Zoll |
Objektiv – Brennweite | 24 – 72 mm [@KB] |
Objektiv – Blende | Blende 2,5 – 4,4 (größte Blendenöffnung) |
Objektiv – Aufbau | 11 Elemente in 7 Gruppen |
Digitalzoom | Bilder 4x |
Bildstabilisierung | Shift-Sensor |
Fokus-Modus | kontrastbasierter Multi- und Spot-AF, MF, Fixfokus |
Verschlusszeit | 180 – 1/200 Sek. |
Belichtungssteuerung – Messung | Multi, Mittenbetont, Spot |
Belichtungssteuerung – Modus | Programmautomatik, Zeitautomatik (Blendenpriorität), Blendenautomatik (Verschlusszeitenpriorität), manueller Belichtungsabgleich |
Belichtungskorrektur | Manuell (+4,0 bis -4,0 EV in Schritten von 1/3 EV oder 1/2 EV), Automatische Belichtungsreihe (-2 EV bis +2 EV in Schritten von 1/3 EV oder 1/2 EV) |
ISO-Empfindlichkeit |
200, 400, 800, 1600, 3200, Auto, Auto hoch |
Weißabgleich |
Auto, Mtl-WA Auto, im Freien, wolkig, Glühlampenlicht, Neonlicht, manuelle Einstellung, Detail, automatische Weißabgleichsreihe |
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