Zusammen mit dem Sigma 70-200 mm 1:2,8 DG DN | Sports (meinen Bericht aus der Praxis finden Sie hier) war auch das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art in der Redaktion. Während des Tests nutzte ich die Gelegenheit für einige Bilder mit selektiver Schärfe.
Das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art ist ein Standardobjektiv für Vollformatkameras mit L-Mount und Sony E-Mount.
Einschub für alle, die mit den Sigma Objektivbezeichnungen nicht vertraut sind:
- DG steht für Objektive, die für Vollformatsensoren gerechnet wurden.
- DN steht für Objektive, die für spiegellose Systemkamera entwickelt wurden.
- Art kennzeichnet Objektive, die auf Höchstleistung getrimmt sind. Während Contemporary Objektive wie das 16-28 mm 1:2,8 und das 28-70 mm 1:2,8 (meine Praxisberichte finden Sie hier und hier) sich auch (!) auf die Korrekturfunktionen der Kamera verlassen dürfen, bringen die Objektive der Art-Familie auch ohne die Hilfe top Abbildungsqualität. Dafür fallen die Art-Objektive durch die Bank wuchtig aus – auch das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art – was aber nicht unbedingt mit „schwer und groß“ gleichzusetzen ist.
Das Gewicht liegt bei 745 g, der Durchmesser bei 81 mm. Das ist natürlich einerseits schon recht ordentlich – andererseits aber für ein Objektiv dieser Klasse sehr gut. Eine größte Öffnung von 1:1,2 erzielt man bei einem Vollformatobjektiv nur mit großen Linsen.
Ohne Streulichtblende (wenn man es transportiert) ist das 50er 111 mm lang, mit Streulichtblende (wenn man fotografiert, denn ohne Streulichtblende fotografiert man nicht) sind es 161 mm und dank der Streulichtblende wächst der Durchmesser auf 62 mm. Sehr schön: die Streulichtblende rastet fest ein.
Die Länge ändert sich beim Fokussieren nicht und auch die Frontfassung für 72-mm-Filter bleibt gleich – gut für Aufnahmen mit Polarisations- und Verlaufsfiltern. Die kleinste Einstellentfernung ist 40 cm. Fokus-Breathing fällt so gering aus, dass es nur bei sehr genauem Hinschauen auffällt.
Das Objektiv lag beim Testen an einer Sony A7 II mit Hochformatgriff und einer Sony A7 IV sehr gut in der Hand und macht dabei einen grundsoliden Eindruck. Es ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet.
Das Design ist Art-typisch schnörkellos.
Die Zahl der Einstellelemente ist überschaubar:
Der breite Fokusring sitzt vorn. Ich habe ihn selten gebraucht. Dass ein neu entwickelter Dual-HLA-Antrieb zwei Fokusgruppen bewegt, ist für Technikfans sicher interessant. Wichtig ist: Der AF ist schnell und leise, präzise ist er auch, was natürlich auch an den Kameras liegt.
Wenn doch mal MF angesagt war, war exaktes Fokussieren mit dem Ring kein Problem. Für mich könnte er auch etwas straffer laufen, aber das sehen andere wahrscheinlich anders.
Ich mag Blendenringe, und das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art bietet einen, der wunderbar geschmeidig zu drehen ist und sauber in 1/3 Schritten von 1:1,2 bis 1:16 einrastet. Er lässt sich für Aufnahmen mit Blendenautomatik in die A-Position bringen und dort mit einem Schalter auf der rechten Seite arretieren.
Wer die Blende lieber ohne Klickstops steuert, kann die Rastfunktion deaktivieren. Der entsprechende Schalter sitzt unten links.
Darüber ist die AF-L (Fokus-Lock)-Taste untergebracht und über dieser der AF/MF-Umschalter.
Das sind äußere Merkmale, über alle inneren Werte gibt der Test in d-pixx foto 2/2024 (Print und ePaper) Auskunft.
Für den Test wurden natürlich Aufnahmen mit allen Blenden von 1:1,2 bis 1:16 gemacht – aber an so einem Lichtriesen ist die volle Öffnung besonders reizvoll – und die damit einhergehende sehr schmale Schärfenzone.
Und so habe ich ein paar Runden im Großraum um die Redaktion gedreht, ohne am Blendenring zu drehen.
HINWEIS Mit einem Klick auf eines der Praxisbilder holen Sie es sich in einer Größe von 1800 Pixeln Breite auf Ihren Monitor.
Bei etlichen Bildern war die größte Öffnung auch technisch wichtig
Eine kräftige Brise (gut, Norddeutsche würden wahrscheinlich sagen: ein laues Lüftchen) versetzte die Zweige und Blüten der japanischen Zierkirsche und des Apfelbaums in heftige Bewegung. Die scharfen Bilder waren aber möglich, weil mit Blende 1:1,2 eine sehr kurze Verschlusszeit erzwungen werden konnte.
Wenn der Hintergrund in Unschärfe verschwimmt, soll es eine samtige Unschärfe sein, anders ausgedrückt ein zauberhaftes Bokeh.
Das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art ist dieser Beziehung sehr zu loben, wozu die runde Blendenöffnung ihren Teil beiträgt.
Besonders bei Aufnahmen aus geringen Entfernungen kommt der Effekt der selektiven Schärfe sehr schön heraus. Dabei werden oft Blumen oder Blüten die Motive sein. Dabei muss man dann entscheiden …
… ob die sehr schmale Schärfenzone vorn oder doch in der Mitte liegen soll.
Aber auch Deko-Gegenstände …
… oder technische Produkte …
… und das Bücherregal …
… bieten sich als Motive an, von denen nur ein sehr schmaler Teil in der Schärfe liegt.
Und auch in der Landschaft lässt sich die schmale Schärfezone, die das Sigma 50 mm 1:1,2 DG DN | Art bei ganz offener Blende bringt, zur Bildgestaltung nutzen.
Zum Schluss nun doch noch ein Bild, das mit der kleinsten Blende des Lichtriesen entstand. Sie zeigt zum einen, dass das Objektiv sehr gut mit Gegenlicht zurechtkommt, und ist zum anderen kurios, denn …
… da die Sonne durch zwei kleine nebeneinanderliegende Öffnungen im Blattwerk fiel, kommt es zu einem doppelten Blendenstern.
TEXT UND ALLE BILDER © HERBERT KASPAR