Nach drei Flaggschiffmodellen im letzten Jahr stellt Fuji nun eine neue Einsteigerkamera vor – kompakt, leicht und für Foto und Video sehr gut ausgestattet. Ich konnte sie schon ausprobieren.

Im letzten Jahr feierte Fujifilm den 10. Geburtstag des X-Systems und ließ es richtig krachen. Drei neue Top-Modelle erblickten das Licht der Fotowelt. Für alle, die auf Tempo Wert legen, wurde die X-H2s präsentiert, für alle, die höchste Auflösung brauchen, gab es die X-H2 und X-T5, die beide einen 40-MPix-Sensor bieten.

Die erste Neue von Fujifilm in diesem Jahr ist ein Einsteigermodell: die Fujifilm X-S20. Während anderswo das neue Modell und sein Vorgänger noch eine Zeit lang parallel im Programm sind, ist es in diesem Fall anders. Die Fujifilm X-S10 ist praktisch nicht mehr zu haben. Es wäre schön gewesen, wenn sie noch eine Zeit lang zu einem reduzierten Preis angeboten worden wäre, denn die X-S10 ist eine kleine Kamera mit großer Leistung. Die Ausnahme davon ist die Leistung des Akkus, der deutlich zu früh schlapp macht.

Das war auch bei Fujifilm nicht verborgen geblieben und bei der Entwicklung der X-S20 wurde darauf geachtet, dass sie ausreichend Energie zur Verfügung hat. Dafür sorgt der Akku NP-W325 mit 2200 mAh, der aus den Flaggschiffmodellen bekannt ist. Damit sollen im Normalmodus statt 325 Aufnahmen ohne Akkuwechsel nun 750 Aufnahmen möglich sein. Im Economy Modus, den die X-S10 nicht bietet, kommt die Neue sogar auf 800 Aufnahmen pro Ladung. Ob das zu erreichen ist, wird ein Praxistest zeigen.

Trotz des größeren Akkus haben sich Größe und Gewicht der X-S20 gegenüber dem Vorgängermodell nur minimal geändert. Plus 1,7 mm in der Breite und +26 g spielen in der Praxis keine Rolle, wie ich beim ersten Kennenlernen festgestellt habe. Schade ist, dass auch die Lage und die Größe des Mini-Joysticks beibehalten wurden – weiter oben und größer wäre besser für die Handhabung. Einige Einstellknöpfe, darunter ISO und Q, wurden aber vergrößert.

Anders als andere Kameras, die für Video- und Vlog-Produktion optimiert wurden, bietet die X-S20 einen Sucher. Das verdient nicht einen, sondern mehrere Daumen hoch! Der OLED-Monitor bietet eine Auflösung von 2,36 Mio. RGB-Dots und eine Vergrößerung von O,62x [@KB]. Für so eine kleine Kamera ist das ein guter Wert.

 

Der Rückwandmonitor ist beweglich angebracht und kann geschwenkt und gedreht werden. 3“ und 1,84 Mio. RGB-Dots sind kein Spitzenwert, aber in Ordnung. Die Oberfläche des Bildschirms ist berührungssensitiv. Man kann u. a. den AF-Punkt mit der Fingerspitze festlegen und wenn man möchte auch auslösen.

Und so ist auch die X-S20 eine schnuckelige kompakte Kamera. Dass sie gerade in dieser Ausgabe der d-pixx foto vorgestellt wird ist Zufall – passt aber sehr gut zu unserem Schwerpunktthema Reisen (ab Seite 42). Fujifilm bezeichnet die kleine Kamera als ideale Reisebegleiterin. Auch wenn das natürlich eine werblich geprägte Aussage ist, ist sie mit Sicherheit wahr. Dabei ist nur schade, dass die X-S20 nicht gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet ist.

Wie heutzutage üblich, kursierten schon vor der Präsentation Gerüchte im Internet und dort sorgte die Meldung für Aufregung, dass die X-S20 auf die Interessen von Vlogger:innen abgestimmt sein würde. Tatsächlich wurde viel getan, um dieser Zielgruppe eine für sie attraktive Kamera in die Hand zu geben – aber auch als Fotograf:in profitiert man davon, dass die X-S20 gegenüber der X-S10 aufgebohrt wurde.

Damit genügend Leistung zur Verfügung steht, um auf  beiden Schienen flott unterwegs zu sein und eine gleichermaßen hohe Qualität von Fotos und Videos zu erzielen, wurde der X-S20 der Bildprozessor X-Processor 5 spendiert, der auch in den Flaggschiffmodellen werkelt. Auf dieser Ebene schließt die X-S20 zur fünften Generation der X-Kameras auf.

Beim Sensor bleibt sie allerdings der Generation der X-S10 verhaftet. Es handelt sich um den bekannten X-Trans CMOS 4 mit einer Auflösung von 26,1 MPix. Eingestellt werden können Werte von ISO 160 bis ISO 12.800, von ISO 80 bis 51.200, wenn man die Erweiterungen nutzt.

Um die hohen Werte in der Praxis nutzen zu können, muss Rauschen so weit als möglich minimiert werden.  Hier kommt der X-Processor 5 zum Zuge, der im oberen ISO-Bereich für eine effektive Rauschunterdrückung sorgen soll und das bei ersten Testaufnahmen bis ISO 12.800 auch tat. Auch danach waren die Störungen im Bild minimal. Bei den niedrigen Empfindlichkeiten hat eine hohe Auflösung Priorität.

Während bei anderen Herstellern eine geringe Gehäusegröße oft dazu führt, dass kein integrierter Bildstabilisator angeboten wird, sieht es bei Fujifilm anders aus. Auch bei der kleinen  X-S20 ist der Sensor beweglich gelagert und soll so bis zu sieben Verschlusszeiten ausgleichen. Damit liegt die Fujifilm X-S20 nicht sehr viel, aber doch, über der X-S10 (6 EV). Beim Praxistest werde ich das hoffentlich mit einem langen Tele überprüfen können, mit einem Standardzoom funktionierte es schon mal gut.

Im Gegensatz zu anderen Kameras wird durch den Einsatz stabilisierter Objektive an der X-S20 der Regelbereich nicht  vergrößert. Der Beitrag, den beide Stabilisatoren leisten, verschiebt sich mit der Brennweite. Je länger sie ist, desto wichtiger wird die Wackelbremse im Objektiv.

Dank des neuen Prozessors ist die X-S20 bei Serienaufnahmen flotter unterwegs, als das Vorgängermodell und schafft nun 20 B/Sek. bei voller Auflösung, wenn man den  elektronischen Verschluss nutzt. Mit dem mechanischen Verschluss sind es bis 8 B/Sek. Es sollen 1000 und mehr Bilder aufgezeichnet werden können. Allerdings ist der Akku wohl vorher leer … ?

Hier spielen dann auch die Kapazität des Speicherkärtchens (1x SD UHS-II kompatibel) und die Dateigröße eine Rolle. Um letztere zu minimieren, macht es die X-S20 schon möglich, Dateien auch im HEIF-Format zu speichern, das bei besserer Qualität weniger Platz beansprucht aber von wichtigen Bildbearbeitungsprogrammen nicht unterstützt wird. Sinnvoll genutzt werden können JPEG und RAW, letzteres auch komprimiert.

Eine Verbesserung von der Video- und Fotofans gleichermaßen profitieren: Der Autofokus arbeitet nun mit Algorithmen, die für die schnelle X-H2s entwickelt wurden.

Schon die X-S10 arbeitet mit Motiverkennung, aber man muss ihr vorgeben, was fotografiert werden soll. Bei der X-S20 kann man sich hier einer Automatik anvertrauen. Außer den Motiven Gesicht/Auge, Tiere, Vögel, Autos, Motorrad, Flugzeug und Zug kann die Kamera nun auch Insekten und Drohnen erkennen und auch besser im Fokus behalten.

Der Arbeitsbereich bis -7 EV macht es möglich, die X-S20 weit über die Dämmerung hinaus mit AF einzusetzen. So dunkel war es beim ersten Kennenlernen der X-S20 nicht – aber auch in nicht ganz so gut beleuchteten Ecken des Düsseldorfer Flughafens war der Autofokus schnell und sicher.

Die X-S20 ist also auf jeden Fall eine Kamera, die auch für Fotograf:innen sehr interessant ist – die meisten Änderungen gegenüber der X-S10 gibt es aber im Bereich Video.

Statt maximal DCI 4K 30p stehen Filmer:innen nun 6,2K 30p im Format 3:2  und DCI 4K 60p  zur Verfügung. Die maximale Übertragungsrate wurde von 200 Mbps auf 360 Mbps gesteigert und für die Farbwiedergabe/Farbtiefe stehen intern statt 4:2:0 10 bit bei der X-S20 nun 4:2:2 10 bit im Datenblatt. Ganz neu dazu gekommen sind die Möglichkeiten mit F-Log 2 und über den HDMI-Ausgang mit ProRes RAW und BMD RAW zu arbeiten.

Die maximale Aufnahmedauer liegt bei der X-S20,  bezogen auf 4K 30p, nicht mehr bei 30 Minuten, sondern bei 75 Minuten.

So lange Aufnahmen sorgen natürlich dafür, dass der Sensor sich erwärmt. Daher bietet die X-S20 die Möglichkeit, den externen Lüfter anzusetzen, der mit der X-H2s vorgestellt wurde. Das ist eine clevere Lösung, da der Body der Kamera nur dann tiefer und schwerer wird, wenn besondere Situationen das verlangen.

Wie oben erwähnt, gab es Gerüchte über die neue Fujifilm als Vlogger-Kamera – und tatsächlich wurde auch viel für diese Zielgruppe getan.

Um die X-S20 fürs Vlogging nutzen zu können, genügt es, das Betriebsartenwählrad in die neue Position VLOG zu drehen. Auf dem Monitor kann man nun in einem besonderen Quickmenü mit sechs Kacheln die nötigen Einstellungen schnell und komfortabel vornehmen. Dazu gehört, dass man zwei Funktionen aktivieren kann, die die Arbeit erleichtern und für ansehnlichere Ergebnisse sorgen sollen.

Da gibt es zum einen den „Product Priority Mode“. Die Gesichtserkennung wird automatisch deaktiviert und der AF sucht nicht mehr nach dem höchsten Kontrast im Motiv, sondern nach dem Objekt, das der Kamera am nächsten ist. Wird das Produkt nach vorn geschoben, um es besser sichtbar zu machen, folgt der AF dem Produkt und lässt es zu, dass die Person dahinter unscharf ins Bild kommt.

Stichtwort „unscharf“. Die zweite interessante Funktion fürs Vloggen wird bei Hobbyfotograf:innen wohl Kopfschütteln oder ungläubiges Lächeln hervorrufen. Der „Background Defocus Mode“ sorgt für einen unscharfen Hintergrund – und bringt dafür keine KI zum Einsatz, wie es bei Smartphones der Fall ist. In diesem Modus wird schlicht und ergreifend das getan, was Fotograf:innen für diesen Zweck auch tun – es wird die Blende möglichst weit geöffnet und über Empfindlichkeit und Verschlusszeit für die richtige Belichtung gesorgt.

Last but noch least: Die X-S20 ist auch eine Webcam. Live Streaming ist mit Full-HD 60 p und darüber hinaus auch mit 4K 60 p möglich. Hilfreiches Zubehör: der Stativgriff TG-BT1.

Der UVP für das Gehäuse liegt bei 1399,- €. Es werden auch zwei Sets angeboten, eines mit dem XF 16-45 mm 3,5-5,6 OIS PZ für 1499,- € und eines mit dem XF 18-55 mm F2,8-4 R LM OIS für 1799,- €. Die Fujifilm X-S20 und die Sets sollen ab Ende Juni verfügbar sein.

Zusammen mit der X-S20 wurde auch ein neues Objektiv vorgestellt, das Ultraweitwinkel XF 8 mm F 3,5 R WR, das einem 12 mm [@KB] entspricht. Das 8 mm ist mit ca. 53 x 68 mm (L x D) sehr kompakt. Es bietet einen Blendenring und wird mit einer weiten 4-Segment-Streulichtblende ausgeliefert. Für das Objektiv wird ein UVP von 899,-€ genannt.

Und noch eine dritte Neuheit wurde präsentiert: Die Fujifilm X-App. Mehr dazu finden Sie hier.

Fazit des ersten Kennenlernens: Mir machten die Fujifilm X-S20 und besonders auch das neue XF 8 mm beim Fotografieren schon mal richtig Spaß.

 

ERSTE PRAXISBILDER

Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es mit einer Länge von 1800 Pixeln über die lange Seite auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.

Da die Aufnahmen mit einer Testkamera mit noch nicht finaler Firmware gemacht wurden, entfallen die 100-%-Crops.

Die Originalbilder aus der Fujifilm X-S20 sind 6240 x 4160 Pixel groß.

Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

 

XF 8 mm F 3,5 R WR | ISO 640 | F10 | 1/100 Sek.
XF 8 mm F 3,5 R WR | ISO 5000 | F10 | 1/100 Sek. |+0,33 EV
XF 8 mm F 3,5 R WR | ISO 250 | F5,6 | 1/100 Sek. | +0,33 EV
XF 18-55 mm F 2,8-4 R LM OIS @ 27 mm | ISO 640 | F10 | 1/100 Sek. | +0,33 EV
XF 18-55 mm F 2,8-4 R LM OIS @ 21 mm | ISO 160 | F7,1 | 0,2 Sek. | +0,33 EV
XF 18-55 mm F 2,8-4 R LM OIS @ 41 mm  | ISO 320 | F7,1| 1/20 Sek. | +0,33 EV
XF 18-55 mm F 2,8-4 R LM OIS @ 35 mm  | ISO 320 | F16 | 1,3 Sek. | +0,33 EV | Aufnahme aus der freien Hand
XF 18-55 mm F 2,8-4 R LM OIS @ 18 mm | ISO 640 | F10 | 1/100 Sek. | +0,33 EV
XF 8 mm F3,5 R WR | ISO 2500 | F4 | 1/100 Sek. | -0,33 EV
XF 8 mm F2,5 R WR | ISO 250 | F4 | 1/100 Sek. | -0,33 EV
XF 8 mm F2,5 R WR | ISO 640 | F8 | 1/100 Sek. | -0,33 EV
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 39 mm | ISO 1250 | F8 | 1/110 Sek.
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 18 mm | ISO 2500 | F8 | 1/100 Sek.
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 18 mm | ISO 1250 | F5,6 | 1/100 Sek.
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 18 mm | ISO 2500 | F7,1 | 1/100 Sek. | -0,67 EV
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 45 mm | ISO 3200 | F7,1 | 1/80 Sek. | -0,67 EV

XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 45 mm | ISO 200 | F7,1 | 1/15 Sek. | -0,67 EV
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 45 mm | ISO 1600 | F7,1 | 1/120 Sek. | -0,67 EV
XF 18-55 mm F2,8-45 R LM OIS @ 45 mm | ISO 6400 | F7,1 | 1/480 Sek. | -0,67 EV

 

Text und alle Praxisbilder (c) Herbert Kaspar

Produktbilder (c) Fujifilm