Auch unter den Bildern, die zur ersten Runden unseres Wettbewerbs 2023 eingereicht wurden, fand Ralf Wilken welche, zu denen er etwas anzumerken hat – sei es Lob oder Kritik.
Hallo liebe dpf-Wettbewerbsteilnehmer,… die Karten sind neu gemischt, es geht in eine neue Runde des d-pixx Jahreswettbewerbs und ich wünsche allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen viel Glück für den “dpf 2023”. Wie auch in den vorherigen Jahren reicht aber weniger das Glück als das Wissen um die Wettbewerbsfotografie, Bildgestaltung und manchmal auch ganz banale Basics, um zum Jahresende auf dem finalen dpf-Treppchen zu stehen. Ich möchte den d-pixx-Lesern und -Leserinnen daher auch 2023 anhand von Tipps helfen, Ihre Ergebnisse bei Fotowettbewerben zu verbessern
Die erste Wettbewerbs-Runde dieses Jahres ist ein freier Wettbewerb und startet erwartungsgemäß mit vielen starken Beiträgen. Wie bei allen Wettbewerben, gibt es die üblichen Beiträge, die “hinten runterfallen” oder einfach mittelmäßig sind … die Anzahl an guten oder sehr guten Beiträgen ist aber überdurchschnittlich hoch. So war es auch diesmal und ich möchte mich bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen dafür bedanken, dass ich als Juror so viele großartige Fotos zu sehen bekam.
Legen wir doch einfach mal los.
Wie oben schon geschrieben, gab es viele großartige Beiträge, ich zeige hier mal einige.
Ach ja: Während ich das tippe weiß ich nicht, ob ein Bild von einer Fotografin oder einem Fotografen eingereicht wurde. Herbert sorgt vor dem Posten für die richtige Zuordnung!
Well done
Ich vermute (ich weiß es nicht, ich bekomme die Beträge durchnummeriert, also ohne Autoren-Namen oder sonstige Angaben zum Jurieren), dass der Autor dieses Fotos auch der Autor meiner persönlichen Nr. 1 dieses Wettbewerbs ist (Die Fotos waren in der Nummerierungs-Reihenfolge direkt hintereinander und zusätzlich von ähnlicher Thematik und Qualität). Was hat er denn hier, im Vergleich zu manch anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, richtig gemacht ?
Ganz einfach, er hat sich mit Linienführung auseinandergesetzt. Während hier viele (die wie der Bildautor von einem niedrigen Standpunkt aus fotografiert haben) ein Foto mit leicht stürzenden Linien eingereicht hätten, hat der Fotograf dieses Fotos ein blitzsauber gestaltetes Foto mit ausgerichteter Bildgeometrie eingereicht. Wie hat er das denn gemacht ??? Entweder hat er perspektivisch verzerrt aufgenommen und dann per Software gerade gestellt (glaube ich nicht) oder er hat hochformatig gerade fotografiert und dann den Bildausschnitt quadratisch aus dem oberen Bereich des hochformatigen Schusses geschnitten (so hätte ich es gemacht). Wie auch immer … er hat hier alles richtig gemacht und auch von mir die Punkte für eine Heft-Abbildung bekommen.
Anmerkung der Redaktion: Ralf hat recht, es ist derselbe Fotograf!
Ich freue mich immer (ja, wirklich!), wenn ich sehe, dass sich Wettbewerbsteilnehmer und -teilnehmerinnen Gedanken um ihre Wettbewerbsbeiträge machen. Wenn sie also Fehler/Unschönheiten ausgleichen bzw. beseitigen und die Bilder nicht mit eventuellen “Macken” so einreichen, wie sie geschossen wurden. In meinem zweiten Beispiel sieht man, wenn man in Photoshop die Hilfslinien einblendet, dass die Fotografin die vielen horizontalen und vertikalen Linien sauber an den Hilfslinien ausgerichtet hat (rechts im Bild). Das macht nicht sonderlich viel Arbeit, verbessert einen Wettbewerbsbeitrag aber enorm.
Zwei weitere großartige Bilder hat der Autor der nächsten beiden Bilder eingereicht und dafür selbstverständlich die verdienten relativ hohen Punktzahlen bekommen. Die beiden Architektur-Aufnahmen wurden ziemlich sicher am Tag geschossen und dann partiell weich und mit viel Gefühl abgedunkelt, so dass der Eindruck von nachts angestrahlten Gebäuden entsteht. Um so etwas abzuliefern, muss man erst einmal die Idee haben und die richtigen Szenerien auch sehen. Und dann braucht es natürlich auch ein gewisses Können in PS / Gimp / Affinity Photo. Ich könnte mir vorstellen dass hier aufgrund der weich reingemalten/reinkorrigierten Abdunkelungen mit einem Grafiktablett gearbeitet wurde, damit geht es einfach einige Klassen besser (nein, ich habe keinen Werbevertrag mit Wacom :). Im Gegensatz zur Arbeit mit der Maus hat man dabei auch den Farbauftrag über den Stiftandruck im Handgelenk. Ich persönlich finde die rechte Abbildung etwas stärker als die linke. Der warme Farbklecks im unteren, linken Drittel bricht hier gekonnt die Monochromie und auch die Abdunkelung ist in der Modulation einen Tick spannender.
Ein Super-Portrait hat die Fotografin des nächsten Fotos abgebildet. Der Bildausschnitt ist sehr ungewöhnlich (was nicht zwangsläufig gut sein muss) und die Wiederholung des warmen Rotes zieht sich durch das gesamte Bild … auch der Blick der gut aussehenden Dame lässt einen einfach nicht mehr los. Die Autorin hätte aber unbedingt den weißen, wirklich störenden Reflex im rechten Mundwinkel sehen und vor allem beseitigen müssen … oder ist das ein Pinsel-Fleck, der versehentlich beim Nachbearbeiten gesetzt wurde? Dieser Umstand hat das Bild in meiner Bewertung einen Tick nach unten verschoben. Nimm’s aber nicht persönlich … Du hast trotzdem noch die “guten Punkte” für eine Heftabbildung bekommen.
Ein nicht weniger schönes Portrait hat übrigens der Autor dieses Fotos eingereicht. Ich möchte ihn an dieser Stelle nicht einfach übergehen, weil beide Portraits ihre Stärken haben und von mir daher auch mit der gleichen Punktzahl bewertet wurden. Bei dem einen ist die mehrfach aufgenommene Farbe, die sich wie ein Faden durchs Bild zieht, bei dem anderen ist es das perfekte Licht und “das Klassische” im Foto.
Hier ist noch ein Beispiel für einen tollen Wettbewerbsbeitrag, der auf eindrucksvolle Weise zeigt, wie man mit sehr geringem Aufwand ein Wettbewerbsfoto macht. Es reicht ein vollkommen minimalistischer Schuss … man muss halt nur wissen, wie man den Ausschnitt setzt. 9 von 10 Fotografen hätten hier beide Zeltdächer komplett abgebildet … die Autorin dieses Fotos hat eben genau das nicht gemacht und das rechte Zeltdach deutlich rechts angeschnitten und das Subjekt damit elegant aus der Mitte geschoben.
The wall
Ja, ich mag solche Bilder … ein bisschen kahle Architektur, ein paar Führungslinien und gut is’ das Ganze. Hier zur nur zur Demo, was ich damit meine, mal ein Beispiel von mir, das ich im Dezember auf Lanzarote geschossen und auf Instagram (ralfwilken) gepostet habe.
Nun zum eigentlichen Thema, es geht hier ja um Eure/Ihre Bilder und nicht um meine. Das nächste Bild ist genau so ein Wettbewerbsbeitrag und er ist bei diesem Voting mein persönlicher Platz 6. Mir ganz persönlich gefällt nur die obere linke Ecke nicht so 200%ig, ich kann nicht einmal genau beschreiben, warum das so ist. Irgendwie passt die kurze Horizontale oben links “gefühlt” nicht so ganz in die Bildgeometrie.
Ich habe hin und her probiert und mal an zwei Beispielen simuliert, wie das das nach meinem ganz persönlichen Empfinden einen Tick harmonischer sein könnte. Mir gefällt dabei meine zweite Variante einen Hauch besser.
Variante 1:
Variante 2:
Warum hat sie nur…
…diesen Wohnwagen da eingebaut??? In meinem nächsten Beitrag hat die Bildautorin leider einen Top-Architektur-Schuss mit einer Montage (ich sag’s jetzt mal vorsichtig) etwas versemmelt. Die Hintergrund-Szenerie ist großartig (wenn man ein Faible für minimalistische, cleane Architekturfotografie hat) und dann möchte er/sie diesen tollen Schuss mit einem eingebauten Wohnwagen (ich wette jetzt einfach mal, dass der da vorher nicht drin war, verlieren kann ich ja nicht 🙂 verbessern. Aber: das Ding ist viiiiiiiel zu klein und das Licht passt nicht wirklich gut. Die Garage würde, zumindest auf der linken Seite, einen deutlichen Schatten auf den Wohnwagen werfen. Nicht ganz richtig ist offenbar auch die Unterkante des Gebäudes links,… es versinkt nach hinten irgendwie im Boden.
Das Bild wäre ohne den Wohnwagen vermutlich unter meinen Top 6 gelandet, ich habe hier mal ganz grob simuliert, wie es dann ungefähr aussehen würde. Zusätzlich habe ich es noch etwas anders geschnitten. Ja, man muss diesen Fotostil vielleicht mögen … ist aber 100%ig “Meins/Meiner” 🙂
Bette Davis Eyes
Die Autorin des nächsten Fotos hat ein Super-Idee gehabt und zum Wettbewerb eingereicht. Der “kleine Haken” an dem Bild ist, dass das Tier irgendwie etwas schief im Format sitzt und man schon zweimal hinschauen muss, um zu sehen, was das Ganze eigentlich ist. Das ist jetzt aber “jammern auf hohem Niveau”.
Vor dem Einreichen zum Wettbewerb hätte ich hier “das Viech etwas gerade gezogen” und die Augen deutlich aufgehellt, zusätzlich habe ich noch rechts und links leicht geschnitten. Man erkennt jetzt auf den ersten Blick etwas besser, worum es sich hier eigentlich handelt.
Bisschen eingeklemmt
Das nächste Motiv erkennt ein Norddeutscher natürlich sofort … das ist der Hamburger Telemichel vom Dom (für die süddeutschen Leser: das ist sowas ähnliches wie die Wies’n, nur die Biergläser sind kleiner) aus gesehen. Die Bildautorin hat das super gesehen, das das Motiv lebt vom deutlichen Komplementärkontrast des warmen Vordergrundes zum blauen Himmel. Als Führungslinie dient dann natürlich der Fernsehturm. Ich hätte aber (wenn es denn möglich gewesen wäre) die untere Plattform des Turms nur nicht ganz so dicht an die Oberkante des Vordergrundes geklemmt. Man hätte sich dafür irgendwo draufstellen oder einige Schritte zurück gehen müssen (wie schon geschrieben … wenn es denn möglich gewesen wäre). Ich habe das mal simuliert (rechts im Bild) und das Foto bei identischem Seitenverhältnis gleich noch ein bisschen enger geschnitten. Das Bild wird dadurch insgesamt noch etwas harmonischer, das Original ist aber auch schon ein wirklich guter Wettbewerbsbeitrag.
Too much
Ich glaube, mir sind noch nie drei Wettbewerbsbeiträge innerhalb eines Bildes über den Weg gelaufen … genau das kam mir als erstes in den Sinn, als ich dieses Foto gesehen habe.
In diesem Foto ist für einen Wettbewerbsbeitrag einfach “zu viel los”. Ein engerer Bildausschnitt, wie auch immer man ihn wählt, hätte das Foto ganz sicher etwas klarer gemacht. Ich mach’ mir jetzt einfach mal den Gag und separiere die oben erwähnten drei Wettbewerbsbeiträge. Es kommt hier nicht auf meine Quick-and-dirty-Retuschen an, ich möchte nur mal zeigen, dass es theoretisch funktioniert. Weil’s etwas “wettbewerbiger” aussieht, habe ich über den CameraRAW-Filter leicht die Klarheit erhöht und die Sättigung etwas rausgenommen. Ob, und wenn ja wie viele Punkte man mit diesen drei Bildern erreichen würde, steht auf einem anderen Blatt,… 🙂
Version 1: Hier mussten das Bobbycar und die linke Seite weichen.
Version 2: Hier mussten der Kirchturm, die Einbahnstraßen-Schilder und die rechte Seite raus.
Version 3: Auch hier musste der Kirchturm weg, dazu die ganze linke Hälfte.
Zum Schluss noch zwei ganz schnelle Beiträge…
…die man mit fast identischen Korrekturen in wenige Sekunden deutlich verbessern kann.
Das nächste Foto ist einfach etwas zu dunkel, man sieht das, wenn man sich das Histogramm anschaut. Es gibt hier einen ganz einfachen Handgriff, den ich im Job (in Photoshop) ständig anwende: einfach die Hintergrundebene mit Apfel+J (Mac) oder Strg+J (PC) duplizieren und den Modus der neuen Ebene auf “Negativ multiplizieren stellen,… feddisch.
Ganz ähnlich lässt sich das folgende Flughafenfoto etwas spannender machen. Durch die durchgängig gleiche Ausleuchtung geht die DC-4 auf der rechten Seite etwas verloren, sie fällt kaum auf.
Auch diesmal kopiere ich die Hintergrundebene, stelle den Modus aber auf “Multiplizieren”. Im Bereich des Fliegers male ich diese abdunkelnde Korrektur jetzt mit einer Ebenenmaske wieder heraus und schon kommt das Flugzeug optisch weiter in den Focus.
Bilder : © Bei den Fotografinnen und Fotografen der gezeigten Aufnahmen.
Text : Ralf Wilken
Wichtiger Hinweis
Alle in dieser Serie gezeigten Bildmodifikationen und Anmerkungen spiegeln meinen ganz persönlichen Geschmack wider und können keinesfalls Allgemeingültigkeit haben. Ich behandle sie so, als wären es meine selbst fotografierten Bilder, die ich für eine eigene Wettbewerbsteilnahme bearbeite.
WEITERE BEITRÄGE ZUM DPF 2023 / RUNDE 1
Die Galerie der Bilder in der Kategorie 4 (Abbildung im Heft und auf der Homepage)
Die Galerie der Bilder in der Kategorie 5 (Abbildung nur auf der Homepage)
Aufruf zur Runde 2 | Vorstellung der Jahrespreise …… Folgt in Kürze
[…] Lob+Kritik – Ralf Wilken bespricht Bilder aus Runde 1 […]
Das macht nicht sonderlich viel Arbeit, verbessert einen Wettbewerbsbeitrag aber enorm.
Das war sehr viel Arbeit! Ich bin schräg gestanden und die Säulen waren ausgebaucht und oben konisch verengt. Wenn man es nicht weiß sieht das komisch aus. Also jede Säule gerade ziehen und Treppenstufen ausrichten. Aber anscheinend habe ich es doch einigermaßen hinbekommen.
Wie auch immer,… Du hast das großartig gemacht !!! Genau solche Handgriffe trennen in der Fotografie deutlich die Spreu vom Weizen.
Liebe Grüße, Ralf
Das hast Du super gemacht und es ist wirklich ein ganz tolles Foto .
Schließe mich an.
Deine Besprechungen lese ich mit großer Freude und Wißbegierde, lerne viel und hoffe jedes Mal, mich an einiges daraus beim nächsten Mal rechtzeitig zu erinnern …
… der Weg ist halt das Ziel …
vielen Dank für Deine Ausführungen. Ist jedesmal interessant diese zu lesen.
Liebe Grüße, Ralf
Habe ich auch positiv aufgenommen. Wollte nur darauf hinweisen, dass es in diesem speziellen Fall ziemlich schwierig war.
Zu Deiner Veränderung des Bildes muss ich aber tatsächlich sagen, dass es mir im Nachhinein tatsächlich auch besser gefällt. Man kann sich halt manchmal in etwas versteigen…
Schönen Sonntag noch an alle D-PIXXler.
na, da hast Du mich ja gefoppt,… auf die Idee, dass das ein Campinganhänger sein könnte, wäre ich niemals gekommen . Ich würde Dein Bild aber niemals als Negativ-Beispiel sehen oder bezeichnen,… es ist ja von Location und Look her super, das sieht man ja auch an den Punkten, die Du letztendlich bekommen hast. Ich habe mich nur (da ich Deine Bildqualität ja kenne) gewundert, dass Du den Wohnwagen da so klein reingesetzt hast .
Liebe Grüße, Ralf
Mir hat deine Aufnahme sehr gut gefallen!!!