Auch unter den Bildern, die zur vierten Runden unseres Wettbewerbs eingereicht wurden, fand Ralf Wilken welche, zu denen er etwas anzumerken hat – sei es Lob oder Kritik.

Ach Herbert, was hast Du Dir da bloß für ein Wettbewerbs-Thema ausgedacht … ???
Wir haben tatsächlich vor der Jurierung viel darüber diskutiert und waren uns nicht ganz einig. Herbert schreibt dazu in seinem Intro der Wettbewerbsseiten in der Ausgabe 4/2022 auch ein paar Worte.

Für mich war es eigentlich eindeutig, das Thema hieß “Schatten” und nicht “Schatten / Licht und Schatten” und auch nicht “Schatten / Licht und Schatten / Silhouetten”.
Ich habe es hier also so gesehen, dass der Schatten selbst hier das hauptsächliche Fotomotiv ist und nicht einfach nur nebensächlicher Bestandteil des Bildes. Genau genommen hat ja jedes Foto Licht und Schatten … ein Foto ohne Licht kann es ja nicht geben und ein altes Sprichwort sagt: “Wo Licht ist, da ist auch Schatten”.

Sagt der Herbert doch glatt: Ja, Ralli, aber das Thema hieß auch nicht “Schattenwurf”. Da ist auch wieder was dran. Letztendlich habe ich die Fotos, bei denen ein Schatten ein wichtiger Bestandteil des Fotos ist höher bewertet, als z.B. Gegenlichtaufnahmen (Silhouetten) oder LowKey-Schüsse, die ja nun mal von Haus aus viel Schatten haben. Die guten Fotos, die nicht so ganz in mein Themenprofil passten, haben dadurch also trotzdem ihre Punkte bekommen.

Meinen Glückwunsch dann erstmal auch an die Jahressieger Marzena, Jürgen und Markus zu Euren konstanten fotografischen Leistungen. Es ist ein schönes Gefühl, d-pixx-Jahressieger zu sein … ich kann’s beurteilen, ich war’s ja auch mal 🙂

So speziell das Thema dieser Runde war, so schwierig ist es auch Bildkritik zu üben oder auch Verbesserungsempfehlungen zu geben,… ich versuche es mal mit einem Mix aus allem.

 

Meine Top-Fotos

Meine persönliche Nummer 1 ist dieses erste Foto. Es trifft genau das, was für mich das eigentliche Wettbewerbsthema war und wäre bei mir aber auch in einem themenfreien Wettbewerb ganz weit vorne gelandet. (Der Rahmen gehört übrigens nicht zum Bild, ich habe ihn nur hinzugefügt, um den weißen Hintergrund vom Weiß der Website zu trennen.)

Was hat der Autor hier gemacht ? Er hat in seinen Lichtaufbau so gestaltet, dass das Besteck selbst eigentlich zur Nebensache wird und der Schatten das Hauptmotiv ist. Er hat dann auch ganz richtig weiter gemacht: er hat die Sättigung komplett herausgedreht, um ein neutralgraues Besteck zu bekommen und hat den Kontrast “bis zum Anschlag” reingedreht.

Wäre das Bild von der Gradation her wesentlich weicher und hätte insgesamt einen braun-beigen Kunstlicht-Stich, wäre es “tot” … und damit aus dem Rennen. Solche eben beschriebenen “muffigen” Fotos werden übrigens nicht selten zu Wettbewerben eingereicht und haben so gut wie keine Chance auf Punkte. Wenn Ihr also Studiofotos mit warmem Kunstlicht (z.B. einer Schreibtischlampe) macht, dann dreht hinterher unbedingt den Weißabgleich wieder in eine neutrale Richtung. Das kann man in Photoshop z.B. mit dem Camera-RAW-Filter machen, mit der Grau-Pipette geht es aber auch.

Nicht weniger kreativ hat sich der Autor des zweiten Fotos gemacht, er ist in meinem Wettbewerbs-Ranking die Nummer 2. Auf so eine Idee muss man erst einmal kommen und dann muss man sie auch noch so gekonnt umsetzen. Hier verhält es sich genau umgekehrt, hier ist auch die Farbe ein ganz wichtiges Gestaltungsmittel. Das Motiv würde mit etwas selektiver Filterarbeit sicherlich auch irgendwie schwarz/weisß funktionieren, die Farbe macht hier aber einen Großteil der Bildwirkung aus. Meinen Glückwunsch zu diesem Foto … alles richtig gemacht.

Bei diesem Wettbewerbsbeitrag bot sich dem Autoren eine Steilvorlage … und er hat sie erkannt und perfekt genutzt. Selbst die Kombination Lampe/Geweih allein wäre schon ein Super-Foto … aber der Schatten macht es dann auch noch zu einem Top-Wettbewerbsfoto für die letzte Runde des “dpf 2022”. Was der Autor natürlich (sicherlich automatisch) auch richtig gemacht hat: Hier funktioniert ausschließlich die Zentralperspektive. Jede noch so leichte seitliche Perspektive würde diesem Motiv sofort die skurrile Wirkung nehmen. Dafür, dass der Abstand vom Geweih links etwas größer als rechts ist, kann der Fotograf ja nichts, das Tier ist halt so gewachsen. Und man kann nicht von jedem erwarten, dass er mit dem Verflüssigen-Filter von Photoshop umgehen kann 🙂

 

Etwas “muffig”

Ich habe oben beim ersten Foto geschrieben “und hätte insgesamt einen braun-beigen Kunstlicht-Stich, wäre es tot … und damit aus dem Rennen”. Das gilt übrigens auch häufig für andere Motive, wenn auch nicht ganz so extrem, als wenn ein Bild über das gesamte Foto einen sichtbar unbeabsichtigen Kunstlicht-Farbstich hat. Sehr oft hilft es einem Wettbewerbsbeitrag, wenn man “lehmige” (so nennen wir es unter Profis) Bereiche entsättigt, um etwas den Muff aus einem Bild zu bekommen. Was ich genau meine, zeige ich hier mal an zwei Beispielen.

Der Autor hat hier mit einer 35 mm Brennweite und gekippter Kamera eine deutliche und sicherlich gewollte Verzerrung ins Bild gebracht, das Bild wirkt aber leider durch die große bräunliche Fläche unten etwas “schmuddelig”

Ich habe mal aus der Bodenfläche 80% an Sättigung rausgenommen (es sieht meist besser aus, wenn man Bereiche nicht komplett entsättigt) und in demselben Bereich deutlich den Mittelton aufgehellt, das bringt auch den Schatten noch etwas weiter nach vorne (um den geht es ja eigentlich :). Was der Autor hier leider versäumt hat, ist, die sicherlich angestrebte Zentralperspektive auch wirklich einzuhalten. Ich habe zu Demozwecken daher mal links auf die Schnelle ein Stück angesetzt, so dass der Fluchtpunkt jetzt in der horizontalen Bildmitte sitzt. Das Bild wird durch die Korrekturen jetzt insgesamt wesentlich “wettbewerbiger”. Dass rechts der Himmel deutlich ausgerissen ist natürlich nicht schön, das hätte ich vermutlich über die RAW-Datei (die hab’ ich leider nicht) mit einer zweiten Belichtung korrigiert.

Ich habe fast die gleichen Korrekturen mal an meinem zweiten Beispiel (links im Bild) gemacht, habe hier aber nur zu 40% entsättigt. Hätte ich die Entsättigung übertrieben, würde der Boden nicht mehr zum gelblich warmen Glockenturm passen und das Ganze würde fremd aussehen. Ich denke, man sieht deutlich, dass meine, ja nur leicht korrigierte Version rechts deutlich frischer aussieht.

 

Zu viel des Guten

Der Autor des nächsten Fotos hat hier eine ganz gute Idee gehabt … halbtransparente Gegenstände mit weißem Licht beleuchtet, werfen farbige Schatten. Er hat aber den Fehler gemacht, einfach zu viele Objekte in sein Bild zu nehmen und hat (ja, jetzt muss ich mal meckern 🙂 ) diese leider “etwas lieblos” angeordnet.

Ich hätte mich hier auf einen, zwei oder drei Würfel beschränkt, auf keinen Fall mehr, und hätte etwas mehr mit der Bildgeometrie gespielt. Um einen schönen Komplementärkontrast ins Bild zu bekommen, nehme ich mir mal den gelben und den blauen Würfel und verteile beide komplett neu im Format. Um noch etwas mehr Leben ins Spiel zu bringen, ändere ich auch die Lichtrichtung und lasse die Schatten diagonaler ins Bild laufen. Ich habe das Bild dann etwas enger geschnitten, dabei aber das Seitenverhältnis beibehalten. Ja, auch hier sind die Konturen nur nötig, um die Bilder vom Weiß der Website abzugrenzen.

 

Auf den Cut kommt es an

Kein Scherz: Etwa 25% aller Wettbewerbsbeiträge könnte man schon ganz einfach mit geänderten Anschnitten in eine höhere Bewertungskategorie bringen.

Beim Bild unten fand die Fotografin mit Sicherheit die Schriftzeichen auf der Tür relativ wichtig und das ist auch richtig, sie bringen etwas Grafisches in das Motiv. Insgesamt liegt durch den Bildausschnitt aber der abgelichtete Fotograf etwas “unbeholfen” im Format. Ich würde mich hier schweren Herzens von den Türen und auch vom Schatten links trennen und versuchen, den Fotografen, der in dem schönen dreieckigen Lichtkegel steht, zu betonen.

Ja, ich weiß, mein Anschnitt ist extrem, er ist aber die einzige Möglichkeit, diesen schönen Schatten und den dreieckigen Lichtkegel bildbestimmend ins Foto zu bekommen. Fürs Urlaubsalbum ist diese Version natürlich nichts, da würde ich eher das nicht geschnittene Bild nehmen, weil es mehr Informationen über den Ort des Geschehens liefert.

Das nächste Foto ist schon mal sehr dicht dran am sehr guten Wettbewerbsbeitrag. Der Autor hat hier sehr schön die grafische Wirkung von Bug, Schatten und Beschriftung gesehen. Mich persönlich stört lediglich der Durchblick auf den Himmel links, er nimmt dem Bild die “ausschließlich grafische” Wirkung.

Ich habe hier bei identischen Seitenverhältnis einfach etwas enger geschnitten und bekomme dadurch sofort eine ganz andere, ruhigere Wirkung, die den Schatten (und das war ja das Thema) wesentlich deutlicher betont.

Auch beim nächsten Foto hätte ich insgesamt etwas enger geschnitten, um etwas zu viel mitgenommenen “Ballast” loszuwerden.

Ich ziehe das Foto also erstmal gerade, es hat durch das leichte nach unten Neigen der Kamera eine deutliche Verzeichnung und schneide dann so, dass immer noch gut sichtbar bleibt, wie und wo das Motiv entstanden ist.

Nur mal unter uns,… ein paar Basis-Regeln sollte derjenige, der Bilder zu einem Wettbewerb einreicht (und Punkte sammeln will) schon beachten. Das Foto unten wirkt auf einen Juror ganz ehrlich gesagt, schon “etwas lustlos” :). Das Glas steht satte 3 Grad schief und sitzt extrem eingeengt im Format.

Nein, es wird wohl kein Wettbewerbskracher … wirkt aber, wenn man das Glas gerade und mit etwas mehr Umfeld aufnimmt, doch gleich etwas “gefälliger”.

 

Etwas kühler

Das Foto ist schon ein wirklich cooler Schuss, den der Bildautor da zum Wettbewerb eingereicht hat. Die Überwachungskamera und der rote Alarmknopf fallen trotz des etwas unruhigen Gesamteindrucks sofort ins Auge. Wäre es mein Foto, würde ich hier aber noch einen Schritt weiter gehen.

Ich habe das Foto zusätzlich noch etwas entsättigt (den roten Knopf natürlich nicht, der ist ja einer der eye-catcher) und dann ganz leicht vignettiert. Die Vignette habe ich wirklich sehr leicht und mit sehr unscharfem Rand angelegt, so dass man sie kaum bemerkt, wenn man das Vorher-Foto nicht zum Vergleich hat. Kamera und Alarmknopf kommen so noch ein bisschen nach vorne, auch wenn hier eigentlich der Schatten die Hauptrolle spielen soll.

 

© Bilder : Bei den Fotografinnen und Fotografen der gezeigten Aufnahmen.

Text : Ralf Wilken

 

Wichtiger Hinweis

Alle in dieser Serie gezeigten Bildmodifikationen und Anmerkungen spiegeln meinen ganz persönlichen Geschmack wider und können keinesfalls Allgemeingültigkeit haben. Ich behandle sie so, als wären es meine selbst fotografierten Bilder, die ich für eine eigene Wettbewerbsteilnahme bearbeite.

 

 

 

 

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