Die top-aktuelle Ricoh GR IIIx erweitert die Reihe der Ricoh GR Kameras um ein Modell mit einem 40-mm-Standardobjektiv. Sie war bereits für einen Test in der Redaktion.
Die Ricoh GR Serie ist keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Die erste Kamera der Reihe war die Ricoh GR1 aus dem Jahr 1996 – eine kleine Kleinbildkamera mit eingebautem Weitwinkelobjektiv Ricoh GR Lens f=28 mm 1:2,8. Schon diese Kamera begeisterte viele, die unbeschwert fotografieren wollten, ohne auf hohe Abbildungsleistung verzichten zu müssen. Die war natürlich auch davon abhängig, welchen Film man einlegte, und allen war bewusst, dass man bei einem hochempfindlichen Film mit Korn rechnen musste.
Die erste digitale Kamera der Familie war die Ricoh Digital GR im Jahr 2005, eine 8-MPix-Kamera, der drei weitere GR Digital Modelle mit 10 MPix bis 2011 folgten – alle mit recht kleinen Sensoren (1/1,8“ bis 1/1,7“).
2013 fällt dann die Bezeichnung „Digital“ im Namen weg und Ricoh bringt es fertig, im kompakten Gehäuse der Ricoh GR, die nur wenig größer ist, als die Vorgängermodelle, einen APS-C-Chip mit 16 MPix unterzubringen. Den bietet auch die GR II. Bei der GR III wird dann die Auflösung auf 24 MPix gesteigert.
Alle Modelle von der GR Digital bis zur GR III sind mit einem fest eingebauten 28-mm-Weitwinkel [@KB] ausgestattet. Die Lichtstärke variiert: F2,4 bei der GR Digital und GR Digital II, F1,9 bei der GR Digital III und IV und F2,8 bei der GR, GR II und GR III.
Weitere gemeinsame Merkmale aller digitalen Ricoh GR Kameras sind der integrierte Speicher, der von 26 MByte bei der GR Digital auf 2 GByte bei der GR III aufgebohrt wurde, und der integrierte ND-Filter, um größere Blenden und/oder längere Verschlusszeiten bei guten Lichtverhältnissen zu ermöglichen.
Und nun also die Ricoh GR IIIx.
Auch sie ist kompakt und leicht, auch sie hat einen APS-C-Sensor (mit 24 MPix), auch sie weist einen internen Speicher mit 2 GByte Kapazität auf, auch sie bietet ein fest eingebautes Objektiv mit Lichtstärke F2,8 – aber es ist zum ersten Mal kein 28 mm [@KB].
Die Ricoh GR IIIx ist die erste Kamera in der 25-jährigen Geschichte der Serie mit einem 40-mm-Objektiv [@KB]. Ich nenne das gerne „Standardobjektiv mit erweitertem Bildwinkel“. Statt 47° bei 50 mm sind es 57°. (Die echte Brennweite beträgt 26,1 mm.) Damit sind Bilder möglich, die einen natürlichen Eindruck machen und etwa das zeigen, was man mit bloßem Auge scharf wahrnimmt, wenn man den Blick fest auf ein Objekt richtet. Dass man mit so einem Objektiv weder mit einer steilen noch mit einer flachen Perspektive fotografiert, unterstützt das.
Wenn unter Foto-Fans von einer Ricoh GR die Rede ist, fällt unweigerlich sehr bald der Ausdruck „Street-Fotografie“. In der Tat sind alle Ricoh GR Modelle sehr gut für den dokumentarischen Schnappschuss geeignet, da man mit ihnen unauffällig fotografieren kann.
Aber die kleinen schwarzen Kameras sind viel zu vielseitig, um sie in so eine Schublade zu stecken. Und auch, wer der Streetfotografie nicht zugetan ist, kann viel Freude mit ihnen haben, so wie ich während des leider zeitlich sehr knapp bemessenen Testzeitraums.
Wichtig dabei: Mit einer Größe von ca. 110 x 62 x 36 mm und einem Gewicht von rund 265 g konnte ich sie problemlos in Jacken- und auch Hosentaschen dabeihaben. Der größte Teil des Gewichtes dürfte vom Chassis kommen, das aus einer Magnesium/Aluminium-Legierung besteht.
Zur Jackentaschentauglichkeit trägt bei, dass das Objektiv bei Nichtgebrauch in den flachen runden Tubus eingezogen und die Frontlinse von einer Blende geschützt wird. Beim Einschalten fährt das Objektiv nach vorn.
Die Oberseite ist nur rechts mit Einstellelementen besetzt. Das sind der Hauptschalter, der von einem grünen Ring umgeben ist, wenn die Kamera eingeschaltet ist, der länglich schmale Auslöser, der in dieser Form gut zum schmalen Gehäuse passt, und in der hinteren rechten Ecke das Betriebsartenwählrad mit der zugehörigen Entriegelungstaste.
Oben aus dem Handgriff, der typisch für die GR Modelle breit und nicht sehr tief ist, ragt eines der beiden Einstellräder.
Das zweite Einstellrad umgibt die 4-Richtungswippe, mit der man den Makro-Modus (oben), die Bildfolge-Einstellungen (rechts), die Weißabgleich-Einstellungen (unten) und die Wahl der Empfindlichkeiten (links) aufrufen kann. Statt der Bildfolge- und ISO-Einstellungen kann man auch andere Funktionen auf die beiden entsprechenden Positionen legen.
Die 4-Richtungswippe ist zudem dafür da, um das AF-Messfeld zu positionieren, was auch durch Antippen des Monitors vorgenommen werden kann, und den Cursor in den Menüs zu bewegen.
Unterhalb des Kombi-Instruments liegen die Tasten für den Zugang zum Menü und die Anzeigen auf dem Monitor, links oberhalb die konfigurierbare Fn-Taste.
Die Wiedergabetaste ist in der rechten oberen Ecke der Rückwand untergebracht.
Was ein Stückchen weiter links nach einem Einstellrad aussieht, ist eine Wippe, mit der man Belichtungskorrekturfaktoren einstellen oder nach einem Druck verschiedene Funktionen aufruft, deren Zusammenstellung man selbst festlegen kann. Standardmäßig sind es die Bildsteuerung, um die Anmutung des Bildes zu ändern, die Fokuseinstellungen, die Vorgaben für die Belichtungsmessung, die Wahl des Dateiformates, und die Möglichkeit, die Monitorhelligkeit an die Umgebungshelligkeit anzupassen.
Der größte Teil der Rückwand der GR IIIx wird vom Monitor eingenommen. Es ist ein 3“- Monitor mit einer Auflösung von 1.037 Mio. RGB-Dots, der eine berührungssensitive Oberfläche aufweist.
Der Monitor zeigt eine Vielzahl von Informationen und Hilfen, wie die sehr hilfreiche 3D-Wasserwaage oder ein Raster, das bei der Bildgestaltung hilft. Und natürlich werden hier alle Einstellungen vorgenommen.
Das Hauptmenü ist 3-spaltig aufgebaut. Links sind die fünf Hauptkategorien untereinander angeordnet, dann werden in einer schmalen Spalte die Unterkategorien als Punkte aufgeführt und rechts findet man die einzelnen Menüpunkte … sehr viele einzelne Menüpunkte, denn im kleinen Gehäuse steckt eine sehr umfassend ausgestattete Kamera, die es mit Systemkameras aufnehmen kann.
Apropos kleines Gehäuse. Leider ist da kein Platz für einen Sucher und der Monitor übernimmt diesen Job – mit den üblichen Nachteilen. Der Bildschirm ist zwar sehr gut und man kann die Helligkeit des Bildes regeln, aber bei sehr hellem Umgebungslicht ist doch oft wenig zu erkennen. Hinzu kommt ein Problem, das bei allen Kameras auftritt: Man wird sehr oft vom Gegenlicht geblendet und muss dann mehr oder weniger im Blindflug fotografieren.
Ein EVF als Aufstecksucher ist nicht vorgesehen, aber es gibt als Zubehör einen optischen Sucher, der jedoch nur 85% des Bildfeldes zeigt (das konnte ich mangels Sucher aber nicht überprüfen).
Auf der linken Schmalseite ist oben ein kleiner Schalter untergebracht, mit dem man zwischen Foto- und Videomodus wechselt und auch die WLAN-Funktion ein- und ausschaltet.
Auf der rechten Schmalseite findet man unten die USB-C-Buchse, über die auch der Akku in der Kamera geladen werden muss, es sei denn man investiert in die als Zubehör erhältliche Ladeschale (und gleich noch in einen zweiten Akku, denn sonst bringt die Ladeschale keinen Vorteil).
Am Betriebsartenwähler lassen sich sieben Einstellungen wählen: Programmautomatik (mit Shift), Zeit- und Blendenautomatik sowie manueller Belichtungsabgleich (PASM-Modi). Die anderen drei können nicht nur mit selbst konfigurierten Programmen belegt werden, sondern mit kompletten Kamerakonfigurationen, die man z. B. auf verschiedene Motivbereiche wie Landschaft, Porträt oder Street abstimmt.
Zwei interessante Varianten der Programmautomatik bevorzugen eine möglichst große Blende für Aufnahmen mit selektiver Schärfe oder eine möglichst kleine Blende für Bilder mit einer großen Schärfenzone.
Der Verzicht auf Vollautomatik und Motivprogramme zeigt, dass sich die Ricoh GR III an Fotografen wendet, die sich in die Materie eingearbeitet haben und gern die Herrschaft über die Bildgestaltung behalten möchten.
Ganz ohne Helferlein geht es aber auch bei der GR IIIx nicht: Sie bietet 11 vorgefertigte Filmlooks, bei denen einige Parameter (z. B. Sättigung und Körnigkeit) fein abgestimmt werden können. Außerdem kann man zwei Looks selbst gestalten. Welche der Vorgaben man oft und welche man gar nicht nutzt, liegt an den eigenen Vorlieben.
Mehr und präziser kann man die Bildwirkung steuern, wenn man das RAW-Format nutzt (was auch parallel zur Speicherung der Bilder als JPEGs möglich ist) und diese Bilder dann entwickelt. Dafür ist nicht unbedingt ein Rechner erforderlich – die Entwicklung kann in der Kamera vorgenommen werden. Allerdings ist in diesem Zusammenhang ein großer Monitor der bessere Arbeitsplatz, vor allem, wenn er kalibriert ist. Positiv zu bewerten: Ricoh setzt auf das offene DNG-Format und es steht eine Farbtiefe von 14 Bit zur Verfügung.
Gespeichert wird auf einer SD/SDHC/SDXC-Karte (UHS-I kompatibel), die zur Untermiete im Akkufach wohnt. Bei so einer kleinen Kamera ist das aber wohl nicht anders zu lösen.
Im Zentrum der kleinen Kamera steckt, wie schon eingangs geschrieben, wieder ein Sensor im APS-C-Format (23,5 x 15,6 mm). Die Auflösung beträgt 24 MPix.
Die Empfindlichkeit für den Sensor kann von ISO 100 bis maximal ISO 102.400 eingestellt werden. Dass Bilder bei der Maximalempfindlichkeit in Sachen Rauschen nicht berauschend sind, ist nicht wirklich verwunderlich. Bis ISO 1600 kann man aber ohne weiteres gehen, bei ISO 3200 und ISO 6400 sind die Störungen noch sehr gut zu tolerieren und für Street-Aufnahmen (vielleicht mal in S/W), die ruhig ein bisschen körnig wirken dürfen, kann man gut auch ISO 12.800 einstellen.
Für dieses sehr gute Rauschverhalten (und vieles mehr) ist der neue Bildprozessor GR Engine 6 verantwortlich.
Zugunsten höherer Abbildungsleistung wird auf einen Tiefpassfilter vor dem Sensor verzichtet. Gegebenenfalls kommt ein virtueller Tiefpassfilter zum Einsatz. Dafür wird der Sensor in Mikroschwingungen versetzt.
Der Sensor kann aber auch „ganz normal“ bewegt werden, um Bewegungen der Kamera (sprich: des Fotografen) während der Aufnahme auszugleichen. Der 3-Achsen-Stabilisator soll laut Ricoh vier Verschlusszeiten ausgleichen. In der Praxis waren unverwackelte Aufnahmen mit 1/4 Sek. (auch mit 1/2 Sek.) möglich.
Und noch eine Funktion lässt sich mit Hilfe der beweglichen Lagerung des Sensors realisieren. Drehungen um die optische Achse, die etwa zu einem schiefen Horizont im Bild führen, können bis zu einem Winkel von +-1° (mit Shake Reduction) bzw. +-1,5° (ohne Shake Reduction) automatisch ausgeglichen werden.
Für die Belichtungsmessung wird das geboten, was man auch von einer großen DSLM/DSLR erwartet: Mehrfeldmessung, mittenbetonte Messung, Spotmessung und Messung auf die Lichter im Bild.
Sehr schön: Man kann für die Mehrfeld- und Spotmessung festlegen, dass sie sich am aktiven AF-Feld orientiert.
Für die Scharfstellung kommt zum zweiten Mal in einer GR ein Hybrid-AF zum Einsatz. Zusätzlich zur Kontrastdetektion ist Phasendetektion mit Hilfe von entsprechenden Pixeln auf dem Sensor möglich.
Neben der automatischen Wahl des Messfeldes stehen verschiedene Möglichkeiten zur Wahl, die Schärfe dorthin zu legen, wo man sie haben möchte. Die GR IIIx bietet auch Gesichts- und Augenerkennung, die das tun, was sie sollen und auch das AF-Tracking verursacht keine Beanstandungen. Unter schwierigen Bedingungen hilft das sehr kleine Messfeld des Pinpoint-AF ein kleines Motivdetail anzuvisieren.
Das geht alles sehr flott und sicher vonstatten.
Für reflexartiges Fotografieren oder Fotografieren, ohne einen Blick auf das Sucherbild zu werfen, ist es auch möglich, ganz aufs Fokussieren zu verzichten und mit einer „Schnappschusseinstellung“ zu arbeiten. Im (übersichtlichen) Menü kann man verschiedene Fixfokus-Einstellungen zwischen 1 m und 5 m und dazu Unendlich vorwählen.
Manuelles Fokussieren ist natürlich auch möglich und funktioniert dank Monitorlupe und Peaking sehr gut – würde mit einem Fokussierring am Objektiv aber noch besser funktionieren.
Die kürzeste Einstellentfernung liegt bei 20 cm und es wird ein größter Abbildungsmaßstab von 1:4 erreicht.
Gerade in der Schnappschuss-/Streetfotografie kommt es oft auf den schnellen zweiten Schuss an. Hierfür ist die GR III mit einer Serienbildfunktion, die etwas mehr als 4 B/Sek. erreicht, gut ausgestattet.
Die Serienbildschaltung ist auch die Basis für Belichtungsreihen.
Mit zwei unterschiedlichen Intervallfunktionen können besondere Effekte aufgenommen werden. Interessant ist die, die nur die Änderungen in den Lichtern aufzeichnet, wie man es u. a. auch von Olympus kennt.
Wie es heute üblich ist, verfügt auch die Ricoh GR IIIx über Bluetooth- und WLAN Module, für die Übertragung von Bildern auf ein Smart-Gerät und die Fernsteuerung.
Ebenso üblich ist heute eine Video-Funktion. Die GR IIIx bietet Full-HD mit 24, 30 oder 60 fps. Der Verzicht auf 4K zeigt, dass die Ricoh GR IIIx für Fotografen entwickelt wurde.
Last but not least: Die Ricoh GR IIIx bietet zwar die Ausstattung einer ausgewachsenen Systemkamera, ist aber eine Kompaktkamera mit eingebautem Objektiv. Die 40-mm-Festbrennweite [@KB] ist aus 7 Linsen (davon 2 Asphären) in fünf Gruppen aufgebaut – und bringt zusammen mit dem Sensor und dem Bildprozessor eine ganz hervorragende Leistung.
Die Bilder zeigen schon bei ganz offener Blende über das gesamte Bildfeld eine hohe Auflösung und Kontrast. Abblenden auf 4 bringt eine geringe Steigerung. Dann bleiben die Werte bis Blende 8 auf diesem hohen Niveau. Blende 11 erzielt dann wieder Werte wie Blende 2,8 und Blende 16 ist aufgrund der Beugung ein bisschen schwächer. In der Praxis spielen die geringen Unterschiede keine wesentliche Rolle.
Vignettierung, Verzeichnung und chromatische Aberration (Farbsäume) spielen keine Rolle und auch bei Gegenlicht mit der Sonne im Bildfeld treten Reflexe nur sehr selten auf.
Noch ist die Ricoh GR IIIx nicht im Handel und als Preis kann nur die unverbindliche Preisempfehlung angegeben werden. Sie liegt bei 999,- €.
Alles in allem spielt auch die Ricoh GR IIIx in der Top-Klasse der Kompaktkameras und ist in Sachen Abbildungsleistung und Ausstattung auf dem Level vieler Systemkameras. Für alle, die eine sehr kleine, leistungsstarke Immer-dabei-Kamera mit einem Standardobjektiv suchen, ist die Ricoh GR IIIx eine sehr gute Wahl.
BEWERTUNG FÜR RICOH GR IIIx
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
Text © Herbert Kaspar
Bilder, wenn nicht anders angegeben © Herbert Kaspar
PRAXISBILDER
Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es mit einer Länge von 1800 Pixeln über die lange Seite auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.
Zu einigen Bildern zeigen wir einen entsprechend gekennzeichneten 100-%-Crop aus dem 6000 x 4000 Pixel großen Originalbild.
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
ISO-REIHE
Das erste Bild zeigt den Aufbau im Studio, der wie immer mit einer Tageslicht-Fotoleuchte beleuchtet wurde. Die Helligkeit entspricht etwa EV 7.
Die weiteren Bilder sind 100-%-Crops aus den 6000 x 4000 Pixel großen Originalbildern.
Alle Aufnahmen der ISO-Reihe: Ricoh GR IIIx mit GR Lens f=26,1 mm 1:2,8 bei F8
Alle Praxis-Bilder und Bilder der ISO-Reihe © Herbert Kaspar
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