Seit dem Start der Sony A7 Serie (das ist nun auch schon wieder über 7 Jahre her) stehen die Modelle mit dem R im Namen für die höchste Auflösung. Die A7R treibt das mit 61 MPix auf die Spitze.
Nur mal so zum Anfang: Die Bilder aus der Sony A7R IV sind als JPEGs 9504 x 6336 Pixel groß. Bei einer Druckauflösung von 300 ppi, die wir für unsere Printzausgabe d-pixx foto benötigen, kann man Bilder drucken, die (mindestens) 804 x 536 mm groß sind. Auf einer Doppelseite im Heft, die 420 x 297 mm groß ist, könnte man also nur einen Ausschnitt aus dem ganzen Bild zeigen.
Die JPEGs belegen auf dem Speicherkärtchen um die 30 bis 50 MByte (je nach Motiv), die RAW-Dateien bringen es auf rund 123 MByte.
Braucht man solche riesigen Bilder und Datenmengen? „Man“ sicher nicht, aber es gibt Fotografen, für die höchste Auflösung ein Muss ist, und es gibt welche, die diese Auflösung einfach haben möchten.
Wer mit den 61 MPix nicht zufrieden ist, kann übrigens noch höher hinaus. Die Sony A7R IV bietet Pixel-Shift. Das heißt, dass der Sensor zwischen Einzelaufnahmen um eine halbe oder ganze Pixelbreite verschoben wird. Die Einzelaufnahmen können dann, allerdings nicht in der Kamera, zu einem Bild zusammengerechnet werden, das mit 19.008 x 12.672 Pixel 4x so groß wie ein normales Bild aus der A7R IV.
Das wäre geklärt – schauen wir das Pixel-Monster aus dem Hause Sony an.
Die Sony A7R IV ist auch in dieser vierten Ausführung eine typische Sony A7, auch wenn einige Änderungen zu verzeichnen sind. Sie hat gegenüber frühen Modellen ein bisschen an Umfang zugelegt und geht hier in Richtung A9 II. Davon profitiert z. B. die Handhabung bei längeren Foto-Sessions. Mit dem kräftigen Griff liegt die Kamera sehr gut in der Hand.
Auch bei den Einstellelementen hat es gegenüber der A7R III ein paar kosmetische Veränderungen gegeben, aber beim Wechsel von der einen zu anderen gibt es keinerlei Probleme.
Die linke Gehäuseschulter ist immer noch leer – bis auf den Hinweis auf die 4K Filmauflösung und den eingebauten Bildstabilisator, der bei Sony immer noch „Steady Shot“ heißt.
Auf der rechten Gehäuseschulter findet man das Betriebsartenwählrad, an dem man
z. B. einstellt, ob man mit Vollautomatik oder Programmautomatik (mit Shift) fotografieren möchte, mit Zeit- oder Blendenautomatik oder doch lieber den manuellen Belichtungsabgleich nutzt. Wie man sich entscheidet ist nur für die Arbeitsweise wichtig – die Bilder kommen in allen Fällen ordentlich belichtet auf den Sensor (was natürlich auch von der Qualität der Belichtungsmessung abhängt, die wieder einmal über jeden Zweifel erhaben ist).
Am Modus-Wählrad lassen sich zudem drei selbst programmierte und zwei Movie-Einstellungen aufrufen.
Belichtungskorrekturen werden am Rad in der hinteren rechten Ecke gewählt. Links davon findet man eines der beiden Einstellräder, das andere ragt vorn aus dem Griff – direkt unterhalb der Hauptschalter/Auslöser-Kombination, die garantiert, dass man die Kamera mit einem Griff ans Auge nehmen, dabei einschalten und gleich darauf auslösen kann. Das gibt es woanders auch, muss aber wieder einmal gelobt werden, weil es einfach praktisch ist.
Außerdem sind oben rechts zwei Funktionsschalter zu finden (die beiden anderen liegen links oben und rechts unten auf der Rückwand). Mit diesen C-Tasten lassen sich Funktionen schnell aufrufen. Welche das sein sollen, kann man selbst einstellen (man kann aber auch die Default-Werte übernehmen).
Die Rückwand wird vom 3“-Monitor dominiert, der eine berührungssensitive Oberfläche aufweist. Größe und Auflösung (1,44 Mio. RGB-Dots) sind in Ordnung, aber nicht mehr.
Typisch für eine Sony A7 kann der Monitor nach oben und unten, aber nicht zur Seite geschwenkt werden. Diese Beweglichkeit reicht in der Praxis aus, um auch einmal mit besonderen Blickwinkeln zu spielen. (Bei der neuen A7S III ist das anders und wenn es einmal eine A7R V gibt, wird die sicher auch das neue Monitorgelenk haben.)
Wichtige Elemente auf der Rückwand sind die Kombination aus kleinem Daumenrad und innen liegender 4-Richtungswippe, der AF-ON-Schalter, um den Autofokus unabhängig von der Belichtungsmessung zu starten, der Movie-Auslöser, die Fn-Taste für den Aufruf eines Quick-Menüs und der Joystick für die Platzierung des AF-Messfeldes und die Navigation durch das Sony-typische Menü. Der Joystick ist knubbeliger als beim Vorgänger und auch mit Handschuhen gut zu bedienen.
Auf der rechten Schmalseite findet man die beiden Slots für SD-Karten. Die A7R IV kommt mit SD/SDHC/SDXC-Karten klar und unterstützt UHS-II.
Gegenüber sind die Anschlüsse für HDMI- und USB-Kabel (Typ C und Micro), Mikrofon usw. untergebracht.
Die Sony A7-Modelle orientieren sich am (D)SLR-Design. Das ist bei der A7R IV nicht anders. Sie hat den typischen Sucheraufbau, unter dem ein ausgezeichneter elektronischer Sucher sitzt. Er bietet die gigantische Auflösung von 5,76 Mio. RGB-Dots und zeigt entsprechend ein klares, scharfes Bild, in das natürlich diverse Informationen und Hilfen eingeblendet werden können. Immer wieder lobenswert: eine 3D-Wasserwaage. Die Suchervergrößerung von 0,78x ist hervorragend!
Was nicht unter dem Sucheraufbau steckt, ist ein eingebauter Blitz. Immer wieder war zu hören (auch von anderen Herstellern), dass so ein Blitz eine Schwachstelle im Gehäuse darstellen würde. Ob das immer noch der Grund für das Fehlen des Blitzes ist, ist nicht klar.
Klar ist dagegen, dass das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung auf hohe Belastbarkeit ausgelegt ist und dass Dichtungen es vor dem Eindringen von Staub und Feuchtigkeit schützen.
Im Mittelpunkt der Kamera sitzt der Sensor mit der eingangs schon erwähnten sehr sehr hohen Auflösung.
Er dient bei einer DSLM nicht nur der Bildaufzeichnung, sondern ist gleichzeitig auch der Messsensor für das AF-System.
Die Sony A7R IV ist mit einem Hybrid-AF ausgestattet, an dem es nichts zu mäkeln gibt.
Zum Einsatz kommen 576 Phasen-AF-Punkte und 425 Messpunkte für die Kontrastdetektion, die zusammen praktisch den ganzen Sensor abdecken.
Der Autofokus arbeitet sehr schnell und sicher, auch bei sehr wenig Licht und auch dann, wenn es darum geht, Augen zu erkennen. Ob aufs rechte oder linke Auge scharf gestellt werden soll, kann man selbst festlegen, man kann diese Entscheidung auch der Automatik überlassen. Der Augen-AF erkennt nicht nur menschliche Augen, sondern auch die von Tieren. Ich konnte das nur am Familienhund ausprobieren, das aber mit Erfolg.
Die versprochenen 8 B/Sek. mit Schärfennachführung werden erreicht (ohne sind es maximal 10 B/Sek. – mit 61 MPix pro Bild).
Der Sensor der A7R IV ist beweglich gelagert und kann in fünf Achsen bewegt werden. Dadurch können während der Aufnahmen Bewegungen der Kamera in der Vertikalen und Horizontalen, Kippbewegungen nach oben/unten sowie rechts/links und auch Drehbewegungen ausgeglichen werden.
Sony nennt als Größenordnung 5,5 Verschlusszeitenstufen gegenüber der Freihandgrenze und das kann man in der Praxis auch erreichen. Sind Objektive mit eigenem Stabilisator an der Kamera montiert, arbeiten die beiden zusammen, wie man das auch von anderen Herstellern kennt.
Für den Sensor der A7R IV lassen sich Empfindlichkeiten im Bereich von ISO 50 bis ISO 102.400 einstellen. Dass die Höchstwerte nicht alltagstauglich sind, verwundert nicht. Was dagegen auf den ersten Blick verwundert ist, dass das Rauschen bis ISO 3200 sehr gut im Griff ist, erst bei ISO 6400 sichtbar wird und selbst ISO 12.800 noch ordentliche Ergebnisse bringt.
Warum verwundert das? Weil 61 Mio. Pixel auf einer Fläche von knapp 36 x 24 mm bedeuten, dass jeder Pixel sehr sehr klein ist, woraus man auf stärkeres Rauschen schließen könnte.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der Sensor der A7R IV in BSI-(Backside Illuminated)-Technik ausgeführt ist. Da die „Verdrahtung“ auf der inneren Fläche des Sensors untergebracht ist, steht eine größere lichtempfindliche Fläche zur Verfügung. Und es darf auch nicht übersehen werden, dass ein top-aktueller Bildprozessor zum Einsatz kommt.
Hohe Auflösung auf dem Sensor heißt nicht automatisch, dass diese auch im Bild sichtbar ist. Die Sony A7R IV schafft das aber. Von den zur Verfügung stehenden 3168 Linienpaaren in der Bildhöhe werden 3100 aufgelöst (Imatest Master 4.3 zeigt 0,49 Cyles/Pixel von möglichen 0,5 Cylces/Pixel). Das gilt für ISO 100, aber da das Rauschverhalten sehr gut ist, kommen auch bei Bildern mit höheren ISO-Werten sehr viele feine Details sauber ins Bild.
Die sehr hohe Auflösung des Sensors bringt noch etwas mit. Wenn man eine Sony mit APS-C-Sensor und entsprechende Objektive hat, kann man diese an der A7R IV einsetzen und erhält im APS-C-Crop immer noch Bilder, die rund 26 MPix groß sind. Das wurde im Praxistest für die ISO-Reihe genutzt.
Diese Testtafelbilder zeigen auf dem kalibrierten Monitor auch, dass die Sony A7R IV einen sehr guten automatischen Weißabgleich bietet und Farben sehr genau ins Bild bringt, wenn auch ein bisschen kräftiger als im Original.
Alles in allem ist die Sony A7R IV mit ihrer hohen Auflösung (und ihrem hohen Preis) keine Kamera für jedermann – aber für alle, die sie brauchen und bei denen sie ins Budget passt, eine top Kamera.
BEWERTUNG FÜR DIE SONY A7R IV
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
Text und alle Bilder © Herbert Kaspar
PRAXISBILDER
Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es in der Größe von 2400 x 1600 Pixeln auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert (Ausnahme sind die drei entsprechend gekennzeichneten 100-%-Crops).
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
Sony A7R IV mit Sony FE 35 mm F1,8
Sony A7R IV mit Tamron 17-28 mm F2,8 Di III RXD
ISO-REIHE
Die ISO-Reihe wurde für die Printausgabe d-pixx foto 1/2020 aufgenommen. Um eine passende Bildgröße für den Druck zu erzielen, wurde der APS-C-Crop-Modus gewählt. Die Originalbilder sind entsprechend 6240 x 4160 Pixel groß.
Das erste Bild zeigt den Aufbau im Studio, der wie immer mit einer Tageslicht-Fotoleuchte beleuchtet wurde. Die Helligkeit entspricht etwa EV 7.
Die weiteren Bilder sind 100-%-Crops aus den 6240 x 4160 Pixel großen Originalbildern.
Alle Fotos (c) Herbert Kaspar
TECHNISCHE DATEN IN KÜRZE
Kamera Sony A7R IV
Typ DSLM mit 61 MPix Vollformat-Sensor
Sensor Exmor R CMOS, 35,7 x 23,8 mm, 9504 x 6336 Pixel, Crop 1x
Stabilisator/ Sensorreinigung 5 Achsen / ja
Objektiv wechselbar, Sony E Bajonett
Scharfstellung Hybrid-AF (567 Punkte für Phasen-AF / 425 Punkte Kontrast-AF)
Empfindlichkeiten ISO 50 – 102.400 (inkl. Erweiterung)
Belichtungsmessung 1200 Zonen, Mehrfeld, Mittenbetonung, Integralmessung, Spotmessung (2), Highlight
Belichtungssteuerung Zeit-, Blenden-, Programmautomatik (mit Shift), Manuell, Vollautomatik, Effekt-Modi (8)
Verschluss 1/8000 Sek. – 30 Sek. (mech.), Synchronisationszeit 1/250 Sek. Weißabgleich Auto, Vorgaben (10), Farbtemperatur (2500 K – 9900 K), Feinabstimmung, Bracketing
Sucher EVF, OLED, 5,76 Mio. RGB-Dots, Bildfeld 100 %, Vergrößerung ca. 0,78x [@KB]
Monitor 3“, 1,44 Mio RGB-Dots, beweglich (1 Achse)
Touchscreen ja
Blitz/ Blitzschuh/ Blitzbuchse nein / ja / nein
Serienbild max. 10 B/Sek.
Intervallaufnahmen jaMoviefunktion 4K (3840 x 2160 Pixel), max. 30 B/Sek.,Full HD (max. 120 B/Sek.)
WiFi / Bluetooth / NFC / GPS ja / 4.1 / ja / nein
Staub- und Spritzwasserschutz ja
Maße ca. 129 x 97 x 78 mm (B x H x T)
Gewicht ca. 665 g (Gehäuse inkl. Akku und Speicherkarte)
Preis (Gehäuse) 3.999,- € (www.sony.de, KW 31/2020)