Die Nikon Coolpix P950 ist die neueste Variante der Nikon Superzoom-All-in-One-Kameras. Wir hatten sie im Test.
Die Nikon Coolpix P950 ist eine Superzoom-All-in-One-Kamera mit einem wuchtigen Gehäuse im Stil einer DSLR mit weit nach vorn ragendem Sucheraufbau und einem fest verbauten Zoom in einem nicht minder wuchtigen Tubus.
Wuchtig heißt: 141 mm breit, 110 mm hoch und zwischen 165 mm und 240 mm tief (je nachdem, ob das Zoom eingefahren oder in der längsten Telestellung ist, inkl. Streulichtblende) und gute 1000 g schwer (mit Akku für rund 300 Bilder und einer UHS-I kompatiblen SD-Karte.)
Damit ist die P950 größer als viele aktuelle Systemkameras mit und ohne Spiegel.
Dank dieser Größe und des tiefen Handgriffs liegt die P950 aber auch sehr gut in der Hand. Ich habe mit meinen nicht eben zierlichen Händen kein Problem, den kleinen Finger am Griff unterzubringen.
Dank der Größe war es den Entwicklern auch möglich, eine ganze Reihe von physischen Einstellelementen auf der rechten Seite des Gehäuses unterzubringen.
Auf dem Griff sind das der Auslöser, eine konfigurierbare Fn-Taste, und … aber dazu kommen wir später.
Dahinter, also auf der rechten Gehäuseschulter, findet man den Hauptschalter, das Betriebsartenwählrad und eines der beiden Einstellräder. Welche Parameter man hier ändert hängt davon ab, welche Betriebsart eingestellt ist.
Auf der Rückseite sind acht Tasten untergebracht. Mit ihnen kann man
- zwischen elektronischem Sucher und Rückwandmonitor umschalten (in der Regel wird man das der Automatik mit ihrem Augensensor überlassen)
- Belichtung und Schärfe speichern
- Movie-Aufnahmen starten
- den Wiedergabemodus starten
- wählen, was auf den Monitoren im Sucher und auf der Rückwand angezeigt wird
- das Hauptmenü aufrufen
- Bilder löschen.
Die AE-L/AF-L-Taste wird vom Schalter umgeben, mit dem man zwischen AF und MF wechselt.
Dazu kommt ein zweites Einstellrad, das auch als Vierrichtungswippe ausgelegt ist.
Mit der Wippe lässt sich schnell die Blitzfunktionen, Belichtungskorrekturfaktoren und Selbstauslöser (inkl. Lächelauslöser) aufrufen, wie auch die Möglichkeit, zwischen Standard-AF, Makro- und Unendlich-Einstellung zu wechseln.
Die Einstellelemente auf der Rückwand sind alle rechts vom 3,2“ Monitor untergebracht. Der Monitor ist mit 921.000 RGB-Dots zwar ordentlich bestückt, das geht aber besser, und auch auf eine Touch-Funktion muss verzichtet werden.
Demgegenüber steht als großer Pluspunkt, dass man den Monitor nach links neben das Gehäuse schwenken und dann um die Längsachse drehen kann. Aufnahmen in Bodennähe sind damit ebenso bequem zu bewerkstelligen wie Selfies.
Der OLED-Sucher mit 2,36 Mio. RGB-Dots zeigt ein scharfes Bild, das bei schnellen Schwenks ein bisschen ruckelt. In den Videos sieht man davon aber nichts. Die Suchergröße ist mit 0,68x [@KB] sehr gut. An einem großen Drehrad lässt sich die Dioptrieneinstellung ändern – und zwar wirklich bequem und unfummelig, wenn die Kamera am Auge ist. Das ist nur eine Kleinigkeit, aber sie zeigt, dass die Entwickler mitgedacht haben.
Am Sucheraufbau ist ein Schalter zu finden, mit dem man den eingebauten Blitz nach oben springen lassen kann. Er ist zum Aufhellen von Schatten sehr gut zu gebrauchen. Wenn man ein Motiv von der Kamera aus mit Blitzlicht beleuchten will (was man wegen der Bildwirkung nur im Notfall tun sollte) kann man einen stärkeren Blitz in den Sucherschuh schieben und von der ausgezeichneten Nikon Blitztechnik Gebrauch machen.
Am Objektivtubus lässt sich eine „Einstellwalze“ mit verschiedenen Funktionen belegen, etwa mit der Einstellung von Korrekturfaktoren oder ISO-Werten.
Im MF-Modus wird die Walze zum Fokussieren mithilfe des AF-Motors verwendet. Ein Fokussierring um das Objektiv wäre mir lieber, da ein großer Drehwinkel genaueres Scharfstellen ermöglicht.
Drei Einstellelemente wurden noch nicht erwähnt.
Da sind zunächst einmal zwei Zoomwippen – eine um den Auslöser und eine links am Objektivtubus vor der eben erwähnten „Walze“.
Mit der Wippe in der „W“-Stellung fotografiert man mit einer Brennweite von 4,3 mm. Drückt man die Wippe in die „T“-Position, wird die Brennweite länger und länger – bis maximal 357 mm.
Diese Werte kennzeichnen den echten Brennweitenbereich des Zooms. Da aber der 16 Mpix Sensor der P950 dank seiner Größe von 1/2,3“ einen Crop-Faktor von rund 5,6x mitbringt, entspricht der Bildwinkelbereich der Kamera 24 mm bis 2000 mm [@KB].
Satte 2 m Brennweite – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Ok – es geht länger, z. B. mit der Nikon Coolpix P1000, die es auf maximal 3 m bringt, aber auch 2 m sind schon mal eine ordentliche Hausnummer!
Die Lichtstärke sinkt beim Zoomen von F2,8 auf F6,5 – das sind für einen 83,3-fachen Verstellbereich sehr gute Werte!
Die Zahl der Einsatzmöglichkeiten ist ebenso groß, wie der Brennweitenbereich. Landschaft, Architektur, Innenräume, Peoplefotografie – alles ist möglich. Und natürlich spielt die P950 ihre Stärken aus, wenn man ein Objekt in großer Entfernung formatfüllend aufnehmen möchte.
Bei den sehr langen Brennweiten kommt es allerdings oft zum, ich nenne es mal so, Fernglaseffekt. Man sieht ein Motiv in der Ferne, nimmt die Kamera ans Auge, zoomt zu einer langen Brennweite – und eine kleine Bewegung des Motivs oder der Kamera genügt, um das Motiv aus dem Bildfeld zu verlieren.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen gibt es das letzte noch nicht erwähnte Einstellelement: eine Taste vor der Zoomwippe am Objektivtubus. Wenn man sie drückt, fährt das Zoom in die Weitwinkelposition, während der Bildausschnitt der zuvor eingestellten längeren Brennweite als Rahmen im Sucherbild angezeigt wird. Jetzt kann man das Motiv in diesen Rahmen holen und die Rückstelltaste loslassen. Das Zoom fährt zurück in die Telestellung und das Objekt ist im Bild. Das ist eine feine Sache.
Wenn der Bildausschnitt über mehrere Bilder hinweg gleichbleiben soll oder das Hauptmotiv bei einer Video-Zoomfahrt die Position im Bildfeld beibehalten soll, ist der Einsatz eines Stativs die beste Lösung.
In anderen Situationen kann man recht lange auf das Stativ verzichten, da der Bildstabilisator je nach Konstitution des Fotografen gute vier bis fünf Verschlusszeitenstufen zur Freihandgrenze hinzufügt.
Zusätzlich gibt es zwei besondere Modi für den Einsatz der sehr langen Brennweiten. Sie machen Aufnahmen von Vögeln und vom Mond einfacher.
Das Hauptmenü ist nicht so umfangreich, wie man es von Nikon Systemkameras kennt, bietet aber dennoch eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Arbeitsweise der Kamera zu beeinflussen.
Belichtungsmessung und -steuerung wie auch der Weißabgleich bringen sehr gute Ergebnisse.
Für die Belichtungssteuerung stehen neben Programm-, Zeit- und Blendenautomatik sowie manuellem Abgleich auch eine konfigurierbare Automatik, 18 Motivautomatiken und der Creative-Modus für Bilder mit 20 Effekten zur Wahl.
Der Kontrast-Autofokus der P950 ist auf jeden Fall tauglich für Schnappschüsse. Das gilt für die Entscheidungen der Messfeld-Automatik, die in solchen Situationen hilfreich ist und die Geschwindigkeit der Scharfstellung. Nur bei den sehr langen Brennweiten kann die automatische Scharfstellung auch einmal einen Tucken länger brauchen.
Für präzises Arbeiten „auf den Punkt“ kann man mit einem einzelnen Messfeld und einem sehr kleinen AF-Messfeld arbeiten. Darüber hinaus stehen Porträt-AF und Motivverfolgung zur Wahl. In der Praxis tun sie genau das, was sie sollen.
Die Nahgrenze liegt in der Weitwinkelstellung des Objektivs bei 50 cm, in der Telestellung bei 5 m – und wenn man den Makromodus aktiviert bei 1 cm, in diesem Fall ab Frontlinse. Um die Extremeinstellung ausnutzen empfiehlt es sich, die auf Weitwinkel abgestimmte Streulichtblende abzunehmen.
Mit voller Auflösung kommt man mit der P950 auf 5 B/Sek. – kein Top-Wert, aber gut und für den durchschnittlichen Fotoalltag durchaus ausreichend.
Begnügt man sich mit einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln (etwa für die Online-Präsentation der Fotos) geht es aber auch sehr viel schneller. Im H-Serienmodus sind bis zu 120 B/Sek. möglich. Dieser Wert wird auch erreicht, wenn man den Pre-Shot-Cache-Modus nutzt. Dabei werden Bilder in den Zwischenspeicher geschoben und erst nach Auslösen gespeichert. Auf der anderen Seite sind auch Zeitrafferaufnahmen möglich, deren Länge leider auf 10 Sek. beschränkt ist.
Wenn es um die Konnektivität geht, bietet die Coolpix P950 sowohl Bluetooth als auch WLAN on board. Damit ist es unter Einbindung eines Smartphones möglich, GPS-Daten zu speichern. Nikon bietet dafür die App SnapBrigde, über die die Kamera auch ferngesteuert werden kann.
Er wurde schon angedeutet: die Coolpix P950 ist auch zum Filmen zu verwenden. Zur Wahl stehen 4K (mit 30p) und Full-HD (bis 60p). Ein eingebautes Mikrofon ist vorhanden und zeichnet auch die Geräusche des Zooms und des AF auf. Es ist aber kein Problem, ein externes Mikrophon anzuschließen und Tonqualität damit deutlich zu verbessern. Auch ein externer Monitor kann dank der unkomprimierten HDMI-Ausgabe angeschlossen werden.
Der kleine 1/2,3“ Sensor in BSI-(Backside Illuminated)-Technik bietet eine maximale Auflösung von 16 MPix, die Bilder sind bis zu 4608 x 3456 Pixel groß.
Für den Sensor können ISO-Werte von 100 bis 6400 eingestellt werden. (Unsere typische ISO-Reihe finden Sie am Ende des Beitrags.)
Welche dieser Werte genutzt werden können, hängt von der Situation ab. Will man den ISO-Wert hochdrehen, um in der Dämmerung aus der freien Hand fotografieren zu können, sollte man ab ISO 1600 mit dem Verlust von Details und dem sichtbaren Einfluss der Nachschärfung in der Kamera rechnen.
Will man dagegen einen höheren ISO-Wert bei guten Lichtverhältnissen, um eine kürzere Verschlusszeit oder kleinere Blende zu erzielen, sind ISO 800 und ISO 1600 brauchbar – mit Einschränkungen auch ISO 3200. Aber wir erinnern uns: Der Stabilisator macht vier bis fünf Verschlusszeitenstufen gut, sodass man lange bei den niedrigen Werten bleiben kann.
Hinzu kommt, dass das Objektiv schon bei der Anfangsöffnung eine sehr gute Leistung bietet, wobei die echten kurzen Brennweiten durch die größere Schärfenzone den Schärfeneindruck nochmal verbessern.
Die Bilder werden im JPEG- und/oder RAW-Format gespeichert.
Alles in allem ist die Nikon Coolpix P950 ein hervorragender Vertreter ihrer Klasse, der Superzoom-All-in-One-Kameras. Dass sie bei der Wiedergabe feinster Details und dem Rauschverhalten bei wenig Licht und hohen ISO-Werten ein paar Punkte liegenlässt, macht sie durch das Objektiv wieder gut. Es ist einfach faszinierend zu erleben, wie man bei einem Fotospaziergang mit der P950 beginnt auf Motive zu achten, die man mit einer anderen Kamera gar nicht erst ins Bild bekäme. Nicht zu vergessen: formatfüllende Freihandaufnahmen des Mondes sind möglich!
KURZ + KNAPP
Kamera Nikon Coolpix P950
Typ All-in-One-Kamera mit 16 MPix
Sensor 1/2,3“ in BSI-Technik, 6,17 x 4,55 mm, 4608 x 3456 Pixel, Crop 5,6x
Stabilisator / Sensorreinigung ja / nicht nötig
Objektiv Nikkor 4,3-357 mm F2,8-6,5 (24-2000 mm [@KB]
Objektiv / Aufbau 16 Linsen in 12 Gruppen
Digitalzoom (Foto-Modus) bis max. 8000 mm [@KB]
Kürzeste Einstellentfernung 50 cm (Weitwinkel), 5 m (Tele), 1 cm (Makromodus), immer ab Mitte Frontlinse
Scharfstellung Kontrast-AF; Automatische Wahl, Einzelfeld, kleines Einzelfeld, Motivverfolgung
Empfindlichkeiten ISO 100 – 6400
Belichtungsmessung Mehrfeld, mittenbetont, Spot
Belichtungssteuerung Zeit-, Blenden-, Programmautomatik mit Shift, Manuell, Motivprogramme (18), Kreativ-Modus für 20 Effekte, Bracketing
Verschluss 1/4000 Sek. – 30 Sek. (abhängig vom Modus), B- und T-Einstellung
Weißabgleich Auto, Vorgaben (7), manuell (3), Farbtemperatur (2500 K – 10.000 K), Bracketing
Sucher EVF; OLED mit. 2,36 Mio RGB-Dots, 0,75x [@KB]
Monitor 3,2“, 921.000 sRGB-Dots, beweglich (2 Achsen)
Touchscreen nein
Blitz / Blitzschuh / Blitzbuchse ja / ja / nein
Serienbild max. 5 B/Sek.
Intervallaufnahmen ja
RAW-Aufnahmen ja
Moviefunktion 4K (max. 30p), Full HD (max. 60p), HD (max. 60p)
WiFi / Bluetooth / GPS ja / 4.1 / nein
Staub- und Spritzwasserschutz nein
Maße ca. 140 x 110 x 150 mm (B x H x T)
Gewicht ca. 1010 g (Gehäuse inkl. Akku und Speicherkarte)
Preis ca. 799,- € (idealo.de)
BEWERTUNG FÜR DIE NIKON COOLPIX P950
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
Text und alle Bilder © Herbert Kaspar
PRAXISBILDER
Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es mit 2400 Pixeln über die längste Seite auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.
Alle Aufnahmen entstanden aus der freien Hand!
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
ISO-REIHE
Das erste Bild zeigt den Aufbau im Studio, der wie immer mit einer Tageslicht-Fotoleuchte beleuchtet wurde. Die Helligkeit entspricht etwa EV 7.
Die weiteren Bilder sind 100-%-Crops aus den 4608 x 3456 Pixel großen Originalbildern.