Mit der Sigma fp steigt auch Sigma in das Segment der spiegellosen Vollformat-Systemkameras ein. Nun ist der Sigma fp in der Redaktion und hat bereits unseren Test in der Praxis durchlaufen. Hier unsere Eindrücke und erste Bilder, inklusive 100-%-Crops und ISO-Reihe. Mehr Bilder folgen, sobald das Wetter es zulässt.
Seit die Kooperation von Leica, Panasonic und Sigma bekanntgegeben und das L-Bajonett als verbindendes Merkmal verschiedener Kameras und Objektive benannt wurde, war klar, dass auch Sigma eine Vollformatkamera mit L-Mount vorstellen würde.
Es war allerdings nicht klar, dass diese Kamera eine Überraschung sein würde.
Laut Pressemeldung ist die Sigma fp die kleinste Vollformatkamera weltweit. Ein Blick auf die Konkurrenz zeigt, dass die Aussage für Systemkameras zur Zeit noch stimmt. Und auch neben den Vollformat-Edelkompakten von Leica, Sony und Zeiss sieht es für die Sigma fp gut aus. Die Leica Q-Modelle sind größer, die Zeiss ZX1 noch größer. Für die Sony RX-1 Modelle wird eine Breite von 113 mm angegeben, Sigma nennt 112,9 mm … allerdings ohne Ösen für die Trageriemen, die separat in der Verpackung liegen. Mit den Ösen wächst die Breite auf 126 mm und das Gewicht von 420 g (inkl. Akku und SD-Speicherkarte) nimmt um 12 g zu.
Das geringe Gewicht kommt daher, dass Vorder- und Rückschale des Gehäuses aus widerstandsfähigem Aluminiumdruckguss besteht. Es ist durch 42 Dichtungen gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt.
Doch auch wenn die Sigma fp bei Größe und Gewicht als Kompaktkamera durchgehen könnte, hat sie diesem Kameratyp etwas Entscheidendes voraus: Wechselobjektive. Für das L-Bajonett stehen bereits einige Objektive von Leica, Sigma und Panasonic zur Verfügung, und das Angebot wächst und soll weiter wachsen. Zudem passen per Sigma Anschluss-Konverter auch Sigma Objektive mit Sigma SA- und Canon EF-Bajonett.
Ein Wechselobjektiv erhöht natürlich auch das Gewicht der endgültigen Aufnahmeeinheit. Das ebenfalls neue Sigma 45 mm F2.8 DG DN | Contemporary steuert (ohne Deckel, aber mit Streulichtblende 257 g zum Gesamtgewicht bei – aber in der Art-Serie oder auch von Panasonic gibt es deutlich schwerere Festbrennweiten und Zooms. (Einen Beitrag über die Sigma Art-Serie finden Sie hier.)
Die angesprochenen Ösen werden übrigens in 1/4“ Gewinde geschraubt. Dadurch stehen zusätzlich zum Stativgewinde im Boden der kleinen Kamera zwei weitere zur Verfügung. Während das auf der rechten Schmalseite in Sachen Schwerpunkt etwas ungünstig in der oberen hinteren Ecke liegt, ist das auf der linken Schmalseite optimal positioniert, um Hochformataufnahmen vom Stativ machen zu machen, ohne die Kamera schwenken zu müssen. (Dieser Vorteil entfällt, wenn man den Blitzschuhadapter in das Gewinde schraubt.)
Die geringen Abmessungen des geradlinig designten Gehäuses, das mir in seinem Minimalismus sehr gut gefällt, sind nur möglich, weil die Sigma fp ohne Sucher auskommt. Aktuell steht auch kein externer Sucher zur Verfügung – den ich persönlich lieber über die Kontakte auf der linken Schmalseite mit der Kamera verbinden würde, als den Blitzschuhadapter. (Filmer werden ihn zu schätzen wissen, weil sie hier ein Mikrofon in der Nähe der Mikrofon-Buchse anschließen können)
Als Sucher, Einstell- und Informationszentrum dient der 3,2“ Monitor auf der Rückseite, der mit einer Auflösung von 2,1 Mio Dots aufwartet.
Der Monitor ist leider fest verbaut. Das dürfte daran liegen, dass zwischen dem eigentlichen Gehäuse und dem Monitor ein Wärmeleitsystem untergebracht ist, um die Wärme, die von Sensor und Bildprozessor ausgeht, aus dem Gehäuse zu bringen – was natürlich auch dem Rauschverhalten zugute kommt.
Das Sucherbild ist sehr gut – hell, klar und kontrastreich – aber oft vermisst man eben doch den Sucher. Besonders bei Aufnahmen bei Gegen- oder Seitenlicht wird man leicht von der Sonne geblendet und hat Probleme, das Sucherbild zu erkennen. Das liegt nicht am, wie gesagt sehr guten, Monitor, sondern daran, dass man bei Live-View-Aufnahmen aus etlichen Zentimetern Abstand auf den Bildschirm schaut. Abhilfe soll der LCD-Viewfinder LVF-11 schaffen, eine Art Lichtschachsucher mit Okular, der auf den Monitor aufgesetzt wird. Er ist als Zubehör erhältlich. Allerdings konnte ich ihn nicht ausprobieren.
Auf dem Monitor auch das übersichtliche und konfigurierbare Quickmenü sowie das ebenfalls übersichtliche Hauptmenü angezeigt.
Die Zahl der Einstellelemente ist gering.
Auf der Oberseite befinden sich der Hauptschalter, der Umschalter zwischen Foto („Still“) und Film („Cine“) und der Auslöser für die Filmaufnahmen.
Rechts umgibt dann das erste Einstellrad den Fotoauslöser. Es schließt oben bündig mit der Kappe ab, ragt aber ein bisschen nach vorn, so dass man es sehr gut betätigen kann. Die Riffelung des Randes trägt auch dazu bei.
Ein zweites Einstellrad ist rechts neben dem Rückwandmonitor zu finden. Ob an den Rädern Blende, Verschlusszeit oder Belichtungskorrektur eingestellt werden, ändert sich mit dem Aufnahmemodus. Zudem kann man mit den Rädern Einstellungen im Quick- oder Hauptmenü vornehmen. Die Belegung der Räder kann im Menü geändert werden.
Auf der Rückwand sind rechts vom Monitor die Tasten „AEL“ (die man auch braucht, um die Bewegung des AF-Feldes zu starten), „QS“ für das Quickmenü und „MENU“ für das Hauptmenü zu finden.
Unter dem Monitor angeordnet sind links die Wiedergabetaste und die Taste, mit der man Anzeige auf dem Monitor ändern kann. Außer den Status-Informationen lassen sich Wasserwaage und Histogramm ins Bild einblenden.
Weiter in der Mitte findet man die Taste „TONE“, mit der man ein Gradationskurven-Werkzeug aufruft. Man kann man Voreinstellungen arbeiten, aber, sehr lobenswert, die Kurve auch manuell verändern.
Mit der Taste „COLOR“ ruft man die Bildstile auf – 12 an der Zahl. Feinabstimmung ist möglich.
Ganz rechts schließlich die Taste „MODE“, mit der man zwischen Zeit-, Blenden- und Programmautomatik sowie dem Manuellmodus wählt. Die Programmautomatik bietet eine Shift-Funktion. Wer gern mit individuellen Konfigurationen arbeitet, kann drei Speicherplätze damit belegen.
Weitere Einstellungen müssen über das Quickmenü oder im Menü vorgenommen werden. Damit kommt man nach einer kurzen Eingewöhnung sehr gut klar!
Im standardmäßig eingestellte Quickmenü wählt man
- den ISO-Wert
- die Belichtungsmesscharakteristik (Mehrfeld-, Integral- und Spotmessung)
- die Bildfolgefunktion (im Modus H sind bis zu 18 B/Sek. möglich, allerdings war bei meinen Aufnahmen einmal nach 11 und einmal nach 12 Bildern Schluss)
- den Weißabgleich (inkl. Farbtemperatur und drei eigene Einstellungen)
- das Dateiformat (JPEG oder DNG mit 12 oder 14 Bit Farbtiefe als Raw-Format – Daumen hoch für DNG)
- die JPEG-Komprimierung
- das Seitenverhältnis des Bildes (sieben stehen zur Wahl)
- die Fill-Light-Einstellung (die Schatten werden aufgehellt, ohne dass die Lichter ausfressen)
Im umfassenden Hauptmenü kann man dann u. v. a.
- verschiedene Bracketing-Einstellungen wählen
- den HDR-Modus aktivieren (Stufe 1 ist für mich OK, Stufe 3 übertrieben)
- automatische Korrekturen von Verzeichnung, Lat. Chromatischer Aberration, Beugung, Vignettierung und Farbschattierung einstellen
- Fokus-Peaking aktivieren (das im MF-, aber auch im AF-Betrieb zeigt, wo die Schärfenzone liegt)
und noch mehr (und das war nur ein Auszug aus dem Aufnahme-(SHOOT)-Menü.
Das hintere Einstellrad ist auch eine Vierrichtungswippe. Nach einem Druck oben kann man S-AF, C-AF und MF wählen, nach einem Druck unten entscheiden, ob mehrere AF-Punkte, ein AF-Punkt oder die AF-Verfolgung genutzt werden sollen.
Auch für die Positionierung des AF-Messfeldes – frei im Bildfeld oder auf einem von 49 vorgegebenen Punkten – ist die Wippe da. Zudem ist es möglich, das aktive AF-Messfeld durch Antippen des Monitors an die passende Stelle zu bringen.
Wie heutzutage üblich, erkennt der AF automatisch Gesichter und Augen – wenn man es möchte.
Das funktioniert alles sehr gut und sehr schnell. Wie bei einer spiegellosen Systemkamera nicht anders zu erwarten, erfolgt die Scharfstellung auf dem Sensor, wobei Sigma voll auf Kontrastdetektion setzt und auf Phasendetektion-Pixel auf dem Sensor verzichtet.
Es sorgte bei der Präsentation der Sigma fp für eine gewisse Überraschung, dass sie keinen Foveon-Sensor aufweist, wie etwa die Sigma sd Quattro und Sigma sd Quattro H – beides, nebenbei bemerkt, hervorragende Kameras für Studio-, Architektur- oder Landschaftsfotografie. (Eine kleine Serie über die sd Quattro H finden Sie hier). Statt des Drei-Schicht-Sensors kommt ein herkömmlicher Sensor mit Micro-RGBG-Filtern (Bayer-Pattern) zum Einsatz.
Der BSI-Sensor, der keinen Tiefpassfilter aufweist, bietet eine praxisgerechte Auflösung von 24 MPix (6000 x 4000 Pixel) und erinnert sehr an die Sensoren der Nikon Z 6, Panasonic Lumix S1 oder Sony A7 III.
Der Empfindlichkeitsbereich geht von ISO 100 bis ISO 25.600. Bis ISO 1600 (einschließlich) sind die Bilder der ISO-Testreihe, die wie immer im Studio entstand bei LW 7 entstanden, sehr sauber, bei ISO 3200 ist nur sehr leichtes Helligkeitsrauschen wahrzunehmen und selbst ISO 6400 sind noch sehr gut. (Die erweiterten Werte bis ISO 6 nach unten und bis ISO 102.400 nach oben habe ich nicht ausprobiert.)
Dass die Höchstwerte nur im Notfall (Inhalt geht vor Qualität) genutzt werden sollten, ist normal.
Bei den ersten Aufnahmen mit dem Sigma 45 mm F2.8 DC DN | Contemporary – das leider keinen Stabilisator aufweist – spielen Sensor und Objektiv sehr gut zusammen.
Auflösung und Kontrast sind hoch und über das Bildfeld mit geringem Nachlassen in den Bildecken gleichmäßig. Abblenden um eine Stufe bringt eine leichte Verbesserung gegenüber der ganz offenen Blende und ab Blende 11 beginnt die Beugung allmählich, die Qualität negativ zu beeinflussen – aber das gilt natürlich nur für das 45 mm F2.8. Die Top-Objektive der Art-Serien könnten vielleicht sogar noch mehr aus dem Sensor herausholen.
Bei den ersten Aufnahmen stellte sich heraus, dass die Sigma fp eine sehr leise Kamera ist – es gibt keinen mechanischen, sondern nur einen elektronischen Verschluss, der Zeiten von 1/8000 Sek. bis 30 Sek. (plus Bulb) zur Verfügung stellt.
Es stellte sich auch heraus, dass die von Sigma genannte Zahl von ca. 280 Aufnahmen pro Akkuladung realstisch sein dürfte. Das ist nicht sehr viel, und von daher ist es schade, dass der Akku in der Kamera aufgeladen werden muss (über das USB-C-Kabel). Eine Ladeschale, in der man einen zweiten oder dritten Akku laden kann, während man mit dem ersten fotografiert, ist wünschenswert.
UPDATE: Es gibt das Batterieladegerät BC-71 als Zubehör. Wer die Sigma fp intensiv nutzt, sollte einen oder zwei Akkus und das BC-71 auf jeden Fall kaufen!
Der Vollständigkeit halber (ich nutze Kameras zum Fotografieren und nicht zum Filmen) erwähne ich, dass Filmaufnahmen im 4K-UHD-Modus (also mit 3840 x 2160 Pixeln) mit 23,98 fps, 25 fps oder 29,97 fps möglich sind dass die Movies im CinemaDNG – oder MOV-Format aufgezeichnet werden können dass auch für Filmaufnahmen Gesichts- und Augenerkennungs-AF eingeschaltet werden kann und dass Filmer noch einiges mehr an der Sigma fp finden werden, was ihrer Arbeit zuträglich ist.
Alles in allem ist die Sigma fp eine hervorragende Vollformatkamera mit umfassender Ausstattung in einem sehr gut gestalteten sehr kleinen Gehäuse. (Sollte vielleicht doch einmal ein externer EVF zur Verfügung stehen, wäre das für mich das i-Tüpfelchen …)
WERTUNG
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
PRAXISBILDER MIT DEM SIGMA 45 mm F2.8 DG DN | CONTEMPORARY
Durch einen Klick in eines der Praxisbilder können Sie es sich in der Größe von 3000 x 2000 Pixeln anzeigen lassen. Die Bilder wurden in Adobe Photoshop skaliert.
Zu einigen Bildern zeigen wir 1500 x 1500 Pixel große 100-%-Crops aus den 6000 x 4000 Pixel großen Originalbildern. Durch einen Klick in eines der Crop-Bilder können Sie es sich in der Größe von 1500 x 1500 Pixeln anzeigen lassen.
ISO-REIHE MIT DEM SIGMA 45 mm F2.8 DG DN | CONTEMPORARY
Bei den Bilern handelt es sich um 3000 x 2000 Pixel große 100-%-Crops aus den 6000 x 4000 Pixel großen Originalbildern. Durch einen Klick in eines der Bilder können Sie es sich in der Größe von 3000 x 2000 Pixeln anzeigen lassen.
Text und alle Bilder (c) Herbert Kaspar
Mit dieser Kamera könnte ich mich direkt anfreunden, aber ein fest verbauter Akku GEHT GAR NICHT…speziell bei diesen Kameras die ja richtige Stromfresser sind, kein Wechselakku….
Also nach ca max 10 Jahren ein Fall für den Schrott!
(bestes Beispiel bei den Autos der E-Smart…Wechselakku 14.000 Euro…ist Totalschaden)
Nein nein nein…
Natürlich ist der Akku wechselbar … aber es gibt keine externe Ladeschale*.
Man muss die Kamera per USB Kabel mit dem Netzadapter verbinden und dann wird der Akku in der Kamera geladen.
Man kann durchaus mehrere Akkus kaufen und an einem foto-freien Tag der Reihe nach in der Kamera laden, die man an dem Tag ohnehin nicht braucht.
*UPDATE: Etwas versteckt in der Pressemitteilung steht der Hinweis auf das Ladegerät BC-71, das als Zubehör gesondert erworben werden kann. Man kann also Akkus laden, ohne die Kamera zu blockieren!
Trotzdem ist es schade, dass immer öfter auf Ladeschalen im Lieferumfang verzichtet wird!
O.K O. alles klar! Wäre aber auch richtig blöd gewesen , wenn nicht!
Wird wohl trotzdem keine Kamera für mich! Kein Sucher und kein Schwenkdisplay…ich warte mal noch ein bißchen*g Noch schaffe ich es meine Canon(en) zu schleppen!
[…] Sigma fp (Test) […]
[…] Unseren Praxistest der Sigma fp mit 24 MPix finden Sie hier. […]
[…] Unseren Praxistest der Sigma fp mit 24 MPix finden Sie hier. […]