Die neue Serie der Rollei Lion Rock Traveler Stative umfasst die Größen S, M und L. Das größte habe ich in der Praxis näher angeschaut.

Aufnahmen mit 5 oder 6 Verschlusszeitenstufen jenseits der Freihandgrenze dank effektiver Bildstabilisatoren – das macht Freude.

Aber irgendwann kommt auch der beste Stabilisator an seine Grenzen. Verschlusszeiten ab 1/2 Sekunde sind nur noch zuverlässig zu meistern, wenn man ein Stativ verwendet. Ein Stativ hilft außerdem, einen bestimmten Bildausschnitt über mehrere Aufnahmen hinweg beizubehalten, die Kamera bei Panorama-Aufnahmen exakt zu schwenken oder die Arme des Fotografen zu entlasten, wenn man mit einem größeren Objektiv aufnahmebereit auf eine bestimmte Situation wartet.

Neu auf dem Stativmarkt ist die Serie Rollei Lion Rock Traveler. Sie umfasst die drei Modelle S, M und L, deren Eckdaten Sie in der Neuvorstellung der Stative hier nachlesen können.

Wie anhand der Bezeichnungen nicht schwer zu erraten ist, handelt es sich um ein kleines, ein mittelgroßes und ein großes Stativ.

Rollei Lion Rock Traveler L

Für den Test kam das große Lion Rock Traveler L zum Einsatz – ganz einfach, weil ich 1,84 m groß bin und daher gern mit hohen Stativen arbeite. (Die Variante M wird in einem Lesertest unter die Lupe genommen, und alle drei dürfen mit an den Bodensee zum d-pixx Workshop, sodass es auch Rückmeldungen über die anderen beiden Größen hier auf www.d-pixx.de geben wird!)

Die Eckdaten für das Lion Rock Traveler L sind.

  • Größte Arbeitshöhe mit ausgefahrener Mittelsäule, inkl. Kopf: 170,7 cm
  • Arbeitshöhe ohne ausgefahrene Mittelsäule, inkl. Kopf: 154 cm 
  • Geringste Arbeitshöhe mit oberem Teil der geteilten Mittelsäule, inkl. Kopf, und größter Abwinkelung der Beine: 20,5 cm
  • Packmaß mit um 180° geschwenkten Beinen: 48 cm
  • Gewicht mit Kopf / ohne Kopf: 1,75 kg / 1,41 kg Maximale Traglast: 20 kg

Das sind alles spröde Daten, die natürlich korrekt sind, aber noch nicht viel darüber aussagen, wie sich das Stativ in der Praxis nutzen lässt.

Rollei Lion Rock Traveler L

Schon beim Auspacken fällt mir auf, dass das „L“ im Namen nicht nur für “Large” sondern auch für “Leicht” stehen könnte. Das kommt vom Material. Die Stativbeine bestehen aus 11-lagigem Karbon, das nicht nur im Stativbau wegen der Kombination aus geringem Gewicht und Stabilität gefragt ist.

Vor dem Einsatz sind die zum Transport nach oben geklappten Beine in die untere Position zu bringen. Dafür müssen die Entriegelungstasten an jedem Bein nicht gedrückt werden. Man klappt die Beine einfach nach unten, wobei jede mögliche Raststufe mit einem Klicken auf sich aufmerksam macht.

Jedes Bein besteht aus vier Segmenten. Das jeweils oberste Segment ist mit einer Gummi-Ummantelung versehen, was bei niedrigen Temperaturen den Tragekomfort erhöht.

Wer das Stativ nicht in der Hand tragen möchte, kann auch die mitgelieferte gepolsterte Stativtasche nutzen, die sich dank des breiten Gurtes bequem tragen lässt. (In der Tasche ist übrigens auch Werkzeug zu finden, für den Fall, dass etwas umgebaut werden soll.) Alternativ lässt sich der Gurt am Stativ befestigen.

Rollei Lion Rock Traveler L

Drei sehr griffig geriffelte Dreh-Schnellverschlüsse arretieren die unteren drei Beinsegmente.

Damit man die Stative auch in unwirtlichen Umgebungen einsetzen kann, sind die Verschlüsse mit zwei Dichtungsringen versehen.

Ein Aufkleber auf einem der Beine sagt ausdrücklich: „One-handed 1/4 turn“.

Das hatte ich beim ersten Aufbauen nicht gelesen, den ersten Schnellverschluss entsprechend zu weit geöffnet und entsprechend plötzlich die unteren Beinsegmente in der Hand. Ups. Das Problem war aber gleich wieder behoben.

Mit anderen Worten: Es geht sehr schnell, die Beine auszufahren, auf die passende Länge zu bringen, zu arretieren, und es geht ebenso schnell, sie wieder einzufahren.

Apropos: passende Länge. Die jeweils untersten Beinsegmente sind mit Markierungen versehen, um  die Beine auf eine einheitliche Länge zu bringen, wenn man mit einer Zwischenhöhe arbeiten möchte. Beim Lion Rock Traveler L sind es 7 Markierungen in Abständen von rund 50 mm.

Rollei Lion Rock Traveler L

Bleiben wir bei den Beinen. Sie sind mit geknickten Spikes versehen, die immer (fast) senkrecht auf einen ebenen Untergrund treffen und für einen sicheren Stand des Stativs im Freien sorgen.

Damit die Stahlspitzen bei Innenaufnahmen empfindliche Böden nicht beschädigen, stecken sie in abziehbaren Gummischuhen.

Abziehbar heißt zum einen: Ja, die Schuhe können ausgezogen werden, aber wegen des Knicks in den Spikes kann das mitunter kniffelig sein.

Abziehbar heißt zum anderen, dass die ausgezogenen Schuhe auch mal verschwinden können. Deshalb liegt den Stativen jeweils ein zweiter Satz bei. Da hat jemand mit- und vorausgedacht. Daumen hoch.

Von den Beinen zur Mittelsäule.

Dank eines breiten, gut geriffelten Arretierringes ist die Höhenverstellung der Mittelsäule schnell und präzis zu bewerkstelligen.

Sie ist oben mit einer Platte und einer Wendeschraube mit 1/4“- und 3/8“-Gewinde versehen, die man herausschrauben und so einsetzen kann, wie man sie braucht. Hier wird der Stativkopf befestigt. Die mitgelieferten Köpfe weisen 3/8“-Gewinde auf.

Unten ist eine zweite Platte eingeschraubt, in der ein gefederter Lasthaken sitzt. Hängt man etwas Schweres, etwa die Fototasche, an, sorgt man für einen tieferen Schwerpunkt und mehr Standfestigkeit.

Wenn man die Platte herausschraubt, kann man die Säule aus der Führung in der Stativschulter ziehen und umgedreht wieder einsetzen. Dadurch ist es möglich, mit „hängender Kamera“ zu fotografieren und sehr nah an den Boden zu kommen. Um diese Möglichkeit einigermaßen bequem nutzen zu können, sollte die Kamera einen beweglich gelagerten Rückwandmonitor aufweisen.

Nicht ganz so weit nach unten kommt man, wenn man die Mittelsäule teilt, nur den kürzeren Teil nutzt und Stativbeine weitest möglich abwinkelt.

Rollei Lion Rock Traveler L

Um den Winkel der Beine zu verändern, muss man die Entriegelungstaste drücken, die nach dem Verstellen wieder in die Ausgangsposition zurückspringt.

An der Stativschulter sind nicht nur die Beine befestigt. Man findet auch die Öse zur Befestigung des Trageriemens und ein 3/8“-Gewinde, in das man Zubehörteile schrauben kann. Ich habe es z. B. genutzt, um einen alten Schwanenhals zu befestigen und an diesem dann eine Klemme, die einen Aufheller hielt. Außerdem gibt es hier eine Wasserwaage, die bei der Ausrichtung des Stativs hilft.

(Alles was bisher gesagt wurde, gilt im Prinzip für alle drei Stative des Trios, von denen, wie gesagt, das „L“ im Praxistest war.)

Für die drei unterschiedlich großen Köpfe stehen drei unterschiedlich große Kugelköpfe zur Wahl, die aber genau gleich aufgebaut sind. Der Kopf für der Lion Rock Traveler L ist – natürlich – der größte der drei.

Rollei Lion Rock Traveler L

Die Basis bildet die Panoramaplatte mit Gradeinteilung.

Darauf ist das Gehäuse des Kopfes drehbar gelagert. Ein kleiner Knebelknopf ent- bzw. verriegelt die Panoramadrehung.

Im rechten Winkel dazu ist die Friktionsschraube angebracht, mit der sich die Leichtgängigkeit des Kopfes an das Gewicht der Kamera anpassen lässt. Das geht sehr gut und auch schwere Kamera/Objektiv-Kombis lassen sich gut handeln.

Wiederum 90° weiter ist dann der große, federnd gelagerte Knebelkopf zu finden, mit dem man die Kugel arretiert bzw. löst.

Auf der Kugel sitzt die Arca-Swiss-kompatible Schnellwechseleinrichtung mit der typischen Schwalbenschwanzführung und einer kleinen runden Wasserwaage.

Die Schnellwechselbasis ist mit zwei Aussparungen versehen, die die beiden Sicherungsstifte unten an der Schnellwechselplatte aufnehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kamera nicht aus der Basis rutschen kann.

Das ist zwar eine gute Sache – aber die Sicherungsstifte sorgen dafür, dass die Kamera mit montierter Platte nicht gut abgestellt werden kann. Da man sie Stifte herausschrauben kann, kann jeder entscheiden, wie er das handhaben möchte. (Ich habe die Sicherungsstifte herausgeschraubt und keinen Kamera-Absturz erlebt. Toi Toi Toi – nicht, dass ich abergläubisch wäre, aber sicher ist sicher …)

Eine weitere Sicherheitsmaßnahme ist, dass man die Schnellwechselplatte nur dann aus der Basis entfernen kann, wenn man nach ein paar Umdrehungen der Feststellschraube einen Knopf in der Schraube drückt, um sie dann ganz öffnen zu können.

Die Schnellwechselplatte ist mit einer Münzschlitzschraube mit Bügel versehen und lässt sich jederzeit fest ins Stativgewinde der Kamera schrauben und daraus entfernen.

Nicht zu vergessen: Jedem der Rollei Lion Rock Traveler Stative liegen zwei Schnellwechselplatten bei. Daumen hoch!

Wie sieht es mit der Stabilität aus?

Um das festzustellen, kamen wechselweise zum Einsatz:

  • Eine Canon EOS R mit Sigma 70-200 mm F2.8 DG OS HSM | Sports. Gewicht ca. 2,56 kg.
  • Eine Canon EOS 5D Mark IV mit Tamron 100-400 mm F4.5-6.3 Di VC USD + Konverter TC14. Gewicht ca. 2,51 kg.
  • Eine Fujifilm X-T3 mit Fujifilm XF 8-16 mm R LM WR (12-24 mm [@KB]. Gewicht ca. 1,35 kg.
  • Eine Panasonic Lumix G81 mit Lumix G Macro 30 mm F2.8 Asph. Mega O.I.S  (60 mm [@KB]). Gewicht ca. 0,62 kg.

Während die Zooms von Sigma und Tamron  über einen Stativring mit Arca-Swiss-kompatiblem Fuß verfügen, der natürlich genutzt wurde, wurden die Fujifilm und die Panasonic mit der Schnellwechselplatte im Stativgewinde auf den Stativkopf gesetzt.

Es entstanden Aufnahmen im Verschlusszeitenbereich von 1/250 Sek. (z. B. für Brennweitenreihen bei hellem Tageslicht) bis 15 Sek. (für Astroaufnahmen). Bei den Zeiten ab 1/8 Sek. wurde immer der Selbstauslöser der Kamera genutzt, um zu verhindern, dass der Druck auf den Auslöser zu Vibrationen im Gehäuse führt, gegen die kein Stativ etwas ausrichten kann.

Mit allen Kombinationen war es kein Problem, das Motiv anzuvisieren und nach dem Feststellen der Kugel immer noch den gewählten Bildausschnitt im Sucher zu sehen. Anders ausgedrückt: Wenn man die Friktionsschraube richtig nutzt, gibt es praktisch kein störendes Absinken des Stativkopfes.

Alle Aufnahmen mit allen Brennweiten zeigen scharfe Bilder ohne Doppel- oder Mehrfachkonturen, wie sie für Wackler charakteristisch sind – die Stabilität des Stativs ist top, erst recht wenn man bedenkt, wie wenig es wiegt!

Alles in allem ist das Rollei Lion Rock Traveler L ein sehr gut ausgestattetes, leichtes, und dabei doch sehr stabiles Stativ, das sich auch für große Kamera-Objektiv-Kombinationen einsetzen lässt – und das trotz der Bezeichnung Traveler nicht nur auf Reisen!

 

GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL-PLUS

logo 3+

 

 

 

Einige Praxisbilder mit verschiedenen Kamera/Objektiv-Kombinationen und dem Rollei Lion Rock Traveler L

 

HINWEIS

Ein Klick auf ein Praxisbild bringt es in der Größe von 1800 x 1200 Pixel bzw. 1600 x 1200 Pixel auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.

Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

 

Kellereischloss in Hammelburg
Die beiden ersten Bilder stammen aus einer Brennweitenserie, die mit den Big Three von Sigma (14-24 mm F2.8 | Art – 24-70 mm F2.8 | Art – 70-200 mm F2.8 | Sports) aufgenommen wurde. Um den …
Sigma 14-24 mm @ 14 mm | ISO 100 | F6.3 | 1/250 Sek. | -0,33 EV | Canon EOS R
Kellereischloss in Hammelburg
… den Zoomeffekt auf das große Wappen am Kellereischlos in Hammelburg sauber zeigen zu können, wurde die Kamera aufs Stativ gesetzt, obwohl eine verwacklungsfreie Verschlusszeit eingestellt werden konnte.
Sigma 70-200 mm @ 200 mm | ISO 125 | F5.6 | 1/250 Sek. | Canon EOS R
Ruhende Hirsche
Auch für die Vorstellung der Big Three von Sigma aufgenommen. Beim Warten darauf, ob sich da vorne etwas tut (es tat sich nichts) war er angenehm, die Kamera mit dem 70-200 mm auf dem Stativ zu haben.
Sigma 70-200 mm @ 200 mm | ISO 100 | F4 | 1/400 Sek. | +0,33 EV | Canon EOS R
Abendstimmung über dem Tal der fränkischen Saale
Dämmerung über dem Tal der fränkischen Saale nah an der Redaktion, aufgenommen für den Test des 8-16 mm Ultraweitwinkelzooms von Fujifilm.
Fijifilm 8-16 mm @ 8 mm | ISO 800 | F5.6 | 1/85 Sek. | -1 EV | Fujifilm X-T3
Verblühte Tulpe, gelb
In Vorbereitung auf den d-pixx Workshop am Bodenesee kam wieder einmal die Panasonic Lumix GX80 mit dem Lumix Macro 30 mm zum Einsatz, um z. B. diese Tulpe aufzunehmen, und um …
Lumix 30 mm Macro | ISO 200 | F5.6 | 1/6 Sek. | Panasonic Lumix GX80
Rosa Azaleen Blüten
… die Post Focus Funktion auszuprobieren. Hier die Variante mit “Schärfe vorn” …
Lumix 30 mm Macro | ISO 200 | F4 | 1/30 Sek. | Panasonic Lumix GX80
Rosa Azaleen Blüten
… und hier die Variante “Schärfe hinten”. Da sich die Kamera während der 4K-Aufnahme nicht bewegen darf, wurde das Rollei Lion Rock Traveler L mit eingebunden!
Lumix 30 mm Macro | ISO 200 | F4 | 1/30 Sek. | Panasonic Lumix GX80
Nachthimmel mit Orion
Der Sternenhimmel mit dem Sternbild Orion. Die vier Eck- und die drei Gürtelsterne sind gut sehen, ebenso der helle Fleck des Orion-Nebels ein Stück unterhalb des Gürtels. Die Aufnahme entstand für den Praxistest der Canon EOS R und das Lion Rock Traveler L durfte gleich beweisen, was es kann.
Canon RF 24-105 mm @ 28 mm| ISO 6400 | F5.6 | 8 Sek. | Canon EOS R
Mond, 1 Tag nach Vollmond
Für den Vollmond mit seiner hellen Oberfläche braucht man keine langen Verschlusszeiten, aber lange Brennweiten (hier 400 mm x 1.4), die man mit einem Stativ besser handeln kann.
Tamron 100-400 mm @ 400 mm x 1.4 | ISO 200 | F11 | 1/100 Sek. | Canon EOS 5D Mark IV

 

Text und Praxisbilder (c) Herbert Kaspar

Produktbilder (c) Rollei