Mit der Canon EOS R wurden vier Objektive vorgestellt, darunter das RF 2/28-70 mm L USM, das ich mir näher angeschaut habe.
Es ist auf den ersten Blick schon ein bisschen merkwürdig. Da präsentiert Canon mit der Canon EOS R eine recht kompakte DSLM und bald darauf mit der EOS RP ein noch kleineres Modell – aber unter den ersten vier Objektiven sind zwei echte Klopper.
Auf den zweiten Blick ist es dann nicht mehr so merkwürdig, denn die beiden großen Objektiv sind sehr lichtstark und entsprechend um große Linsen herumgebaut.
Ob man für den Einstieg in ein neues System unbedingt solche Lichtriesen braucht, ist natürlich eine andere Frage. Für viele Interessenten an einer EOS R sind solche Lichtstärken nicht nötig und die Preise der Objektive außerhalb de Budgets,
Aber nun sind die beiden Objektive – RF 1,2/50 mm L USM und RF 2/28-70 mm L USM – nun einmal so wie sie sind und wir schauen sie uns an.
Hinweis: Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es in der Größe von 4800 x 2800 Pixeln auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.
In diesem Beitrag steht das Zoom im Mittelpunkt.
Das RF 2/28-70 mm L ist das erste Vollformatzoom mit einer längsten Brennweite jenseits der 35 mm und mit durchgehender Lichtstärke 1:2.
Mit 1:2 ist das Zoom um eine ganze Stufe lichtstärker, als das beliebte EF 2,8/24-70 mm L (das jedoch am kurzen Ende einen um 19° größeren Bildwinkel bringt), und nur um 2/3 Stufen weniger lichtstark, als das festbrennweitige RF 1,2/50 mm L USM.
28-70 mm umspielen die Standardbrennweite von 50 mm sehr praxisnah. Es eröffnen sich unter anderen die Motivbereiche Architektur und Landschaft (mit großen Räumen), Innenarchitektur und Stadtlandschaft (mit begrenzten Räumen), Natur, Gruppenbild, Porträt, (Sport-)Veranstaltungen oder Schnappschüsse (sofern man es schafft, mit dem großen Objektiv nicht aufzufallen).
Mit Lichtstärke 1:2 kann das Zoom in all diesen Motivbereichen auch bei halb so viel Licht eingesetzt werden, wie ein 2,8er Objektiv. Schön wäre in diesem Zusammenhang ein Bildstabilisator, den man aber vergeblich sucht (und auch in den beiden bisher vorgestellten EOS R Modellen nicht findet).
Durch die große Anfangsöffnung ist bei allen Brennweiten, aber natürlich besonders bei den längeren, das Spiel mit der selektiven Schärfe möglich … unterstützt durch ein weiches Bokeh. Das können andere Objektive zwar noch besser, aber ich bin der Unschärfendarstellung des Zooms durchaus zufrieden.
Die längste Brennweite von 70 mm ist nicht üppig, aber man kann an der Canon EOS R einstellen, dass Aufnahmen mit einem Crop-Faktor von 1,6x gemacht werden. Dann steht eine virtuelle Brennweite von 112 mm zur Verfügung und die Bilder sind statt 6240 x 4160 Pixel bei Vollformat nun 4176 x 2784 Pixel groß.
Mit einer kürzesten Einstellentfernung von 39 cm und einem maximalem Abbildungsmaßstab von ca. 1:5,2 bei 70 mm sind echte Nahaufnahmen kein Motivbereich für dieses Zoom, aber man kann eine Fläche von rund 185 x 123 mm formatfüllend abbilden.
Das RF 2/28-70 mm ist ab Auflagefläche 140 mm lang, wenn es auf 28 mm Brennweite eingestellt ist und legt beim Zoomen zur längsten Brennweite und rund 21 mm zu. Mit Streulichtblende ragt das Objektiv 179 mm bis 200 mm vor die Kamera. Sein maximaler Durchmesser beträgt bei 104 mm. Die Streulichtblende durchmisst 119 mm. Das Gewicht mit Streulichtblende und den beiden Deckeln liegt bei ca. 1530 g (das Gehäuse der EOS R ca. 660 g).
Beim Fokussieren ändert sich die Länge nicht, und weder beim Zoomen noch beim Scharfstellen rotiert die Frontfassung mit ihrem 95-mm-Filtergewinde.
Da Objektiv weist drei Einstellringe auf und zwei Schalter auf.
Am einen Schalter wechselt man zwischen AF und MF. Mit dem zweiten kann man den Zoomring in der 28-mm-Position verriegeln.
Der vordere Einstellring ist schmal und fein geriffelt. Er lässt sich mit verschiedenen Funktionen belegen. Ich habe die Belichtungskorrektur hierhin gelegt, weil der Ring einfacher zu bedienen ist, als das Einstellrad auf der Kamerarückwand oben.
Der mittlere Ring dient, wenn man den AF/MF-Schalter auf der linken Seite entsprechend umgestellt hat, als Fokussierring. Wie heute üblich, wird auch die manuelle Fokussierung über den AF-Motor vorgenommen. Das geht sehr gut und dank Focus-Peaking auch sehr präzise. Das Problem des fehlenden Anschlags bei kürzester Entfernung und Unendlich wird durch die Anzeige einer Entfernungsskala auf den Monitoren minimiert. Am Objektiv selbst gibt es keine Entfernungsskala.
Die Fertigungsqualität entspricht der, die man von L-Objektiven der EF-Serien gewohnt ist (von denen der charakteristische rote Ring übernommen wurde) – auch wenn sehr viel Kunststoff verbaut ist. Das Zoom ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet.
Auflösungsvermögen und Kontrast sind schon sehr gut bei ganz offener Blende, noch ein bisschen besser bei Blende 2,8 und dann bleibt die Leistung bis Blende 11 auf diesem Niveau, um dann bei Blende 16 nur wenig nachzulassen. Das gilt für das gesamte Bildfeld und den gesamten Zoombereich, mit Ausnahme der Bildecken ab rund 60 mm, die minimal weicher kommen, als die Bildmitte.
Damit übernimmt dieses Zoom aktuell eine der Spitzenpositionen unter den Standardzooms, die wir in der Redaktion hatten – unter dem Vorbehalt, dass andere Zooms vier Millimeter weniger Brennweite am kurzen Ende bieten.
Nur noch ein bisschen besser werden die Bilder, wenn man sich nicht mit den JPEGs aus der Kamera begnügt, sondern RAW-Bilder (*.CR3) in der aktuellen Version von Canon Digital Photo Professional (Verison 4.10) entwickelt und gezielt nachschärft und den Kontrast optimiert.
Auch bei der Vignettierung und Verzeichnung schlagen sich das RF 2/28-70 mm L USM und die EOS R hervorragend – sofern man die entsprechenden Korrekturen im Menü aktiviert hat.
Schaltet man die Korrekturen aus, sind bei Blende 2 deutlich abgedunkelte Ecken zu sehen, die sich bis Blende 4 immer weiter zurückziehen und dann verschwinden. Bei den kurzen Brennweiten kann ohne Korrekturen tonnen-, bei den längsten kissenförmige Verzeichnung sichtbar werden, während der Bereich zwischen rund 35 und 55 mm verzeichnungsfrei ist. Wie stark diese Fehler auffallen, hängt natürlich immer vom Motiv ab.
Die purpur und grünen Farbsäume der chromatischen Aberration sind, wenn überhaupt, sehr schmal in Aufnahmen mit kürzester und längster Brennweite an Kanten mit wirklich sehr hohem Kontrast zu zu finden. Auch hier kann die Kamera schon bei der Aufnahme gegensteuern.
Der aufwendige Aufbau des optischen Systems aus 19 Linsen in 13 Gruppen lässt befürchten, dass Reflexe und Überstrahlungen das Bild beeinträchtigen könnten. Aber auch mit der Sonne im Bild und knapp außerhalb des Bildrandes zeigt sich das Zoom hervorragend korrigiert.
Aufgrund der riesigen Frontlinse und großen Anfangsöffnung ist das Zoom auch für Astroaufnahmen geeignet, wobei sich zeigt, dass Koma – die Wiedergabe eigentlicher runder Punkte in Form „länglicher Eier“ – sehr gut auskorrigiert ist.
Die automatische Fokussierung an der EOS R erfolgt per Dual Pixel AF bei hellem wie auch bei sehr wenig Licht fast immer sehr schnell und präzise. Die Einschränkung „fast“ kommt daher, dass es einige Male nicht möglich war, im AF-Modus „Einzelfeld“ den Fokus auf Anhieb auf ein kleines Objekt zu legen, obwohl es vom Messfeld erfasst wurde und Kontrast aufwies.
Alles in allem ist es dieses Objektiv wert, ins EOS R System einzusteigen … sofern das Budget auf rund 2250 € für die EOS R und 3250 € für das RF 2,8/28-70 mm L USM ausgelegt ist.
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
Praxisbilder mit dem Canon RF 2/28-70 mm L USM
Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es in der Größe von 4800 x 2800 Pixeln auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
Text und Bilder (c) Herbert Kaspar
Grafik (Innenleben des Objektivs mit Dichtungen) (c) Canon
[…] für seine spiegellose Vollformat-Kamera. Das Canon 70-200mm F2.8L IS USM vervollständigt die Trinity-Serie und soll das leichteste und kürzeste Wechselobjektiv in dieser Objektivklasse […]