Es gibt sehr viele Motive, überaus sehr viele Motive, unzählige Motive – unmöglich, sie alle zu benennen. Aber darunter sind einige, die muss man in seinem Leben als Hobbyfotograf einfach vor der Kamera gehabt haben. Wir stellen ihnen zunächst einmal sechs Dutzend vor …

… sechs Wochen lang jeden Mittwoch ein Dutzend. Und damit geht es in der dritten Folge weiter …

Glastürme

Unter den Architekturmotiven nehmen sie eine besondere Stellung ein: Hochhäuser, und vor allem die, die mit üppiger Verglasung aufwarten. Mit Superweitwinkeln, die man aus kurzer Entfernung steil nach oben richtet, kann man das Emporstreben dieser Gebäude ins Bild holen, weil die stürzenden Linien vom Ärgernis zum gestaltenden Moment werden. Es empfiehlt sich, auf rund ein Drittel der Höhe zu fokussieren, um Schärfe von unten bis oben zu erzielen. In der  Nachbearbeitung kann man die Farben von Himmel und Spiegelungen in Sättigung und Farbton angleichen. Man kann auch versuchen, die Spiegelungen mit Hilfe eines Polarisationsfilters zu intensivieren oder zu minimieren. Das funktioniert am besten, wenn man ein Objektiv mittlerer oder längerer Brennweite einsetzt. Kombiniert man Weitwinkelobjektiv und Polarisationsfilter, kommt es zu einer ungleichmäßigen Filterwirkung im Bildfeld, da sie vom Winkel zwischen einfallendem Licht und optischer Achse abhängt.

 

Wolkentürme

Foto: Helmut Hess

Wolken sind generell sehr schöne Motive und man kann eine ganze Sammlung von weißen Wolken vor blauem Himmel anlegen (und ggf. auch für Composings verwenden, wenn in einem Bild der Himmel zu weiß ist). Sehr fotogen sind auch Wolkentürme. Um ihre Größe zu zeigen, sollte ein bisschen Landschaft mit im Bild sein – ruhig auch scherenschnittartig. Oft hilft eine Tonwertkorrektur, das Bedrohliche solcher Wolken zu betonen. Auch interessant: Die Kamera wird aufs Stativ gestellt und macht per Intervallfunktion alle paar Sekunden / Minuten ein Bild. Aus der Serie lässt sich dann ein kurzer Film erstellen, der die Bewegung am Himmel zeigt.

 

Alte Plakate

Foto: Helmut Hess

Plakate sind eine Zeit lang ansehnlich, dann bleicht die Sonne sie aus, Regen weicht sie auf, der Wind und gelangweilte Betrachter zerren und reißen an ihnen herum. Die verbleibenden Plakatruinen sind dann ein Dorado für Fotografen. Um die ebene Fläche von Ecke zu Ecke scharf ins Bild zu bringen, sollte man das Objektiv um etwa zwei Stufen abblenden und die Sensorebene sollte parallel zum Plakat liegen.

 

Rosenblüte

Foto: Helmut Hess

Rosen sind nicht nur Klassiker als Geschenke unter Liebenden, sondern auch als Motive. Ihre schönen Formen und die bei manchen Sorten fein verlaufenden Farbschattierungen kommen bei einer weichen Beleuchtung gut heraus. Gegebenenfalls wird ein Diffusor zwischen Sonne und Rose gehalten. Ob die Blende passt, um die Blüte scharf, den Hintergrund aber unscharf ins Bild zu bekommen, wird mit der Abblendtaste geprüft. Wenn das Bildbearbeitungsprogramm die selektive Farbkorrektur erlaubt, kann man dann das Grün der Blätter etwas abdunkeln, um die Blüte noch besser herauszustellen.

 

Farbkontrast

Foto: Helmut Hess

Wenn Passanten den Kopf schütteln und murmeln: „Was fotografiert denn der da?“, dann hat man  eines jener Motive im Sucher, die nur Fotografen sehen. Typisch dafür sind Motive,  bei denen es keine wesentliche Rolle spielt, was da vor der Kamera ist, weil es auf die Farbzusammenstellung und natürlich auch auf die Bildaufteilung ankommt. Bei diesen Motiven kann man ruhig einmal die kräftigen Farben im Menü der Kamera wählen und es krachen lassen.

 

Skyline

Foto: Helmut Hess

Aufnahmen einer Großstadt können zu allen Tageszeiten gelingen und sehenswerte Bilder hervorbringen. Aber nur in der blauen Stunde kommt der Kontrast zwischen dem kalten Blau des Abends und dem warmen Gelborange der beleuchteten Fenster heraus. Mit etlichen Kameras können mit hohen ISO-Werten solche Bilder aus der freien Hand gemacht werden, aber ein Stativ ist meist die bessere Wahl. Eine Wasserwaage hilft, die Kamera gerade zu halten und die Häuser senkrecht ins Bild zu bekommen. Ein fotogener Vordergrund ist der Bildwirkung zuträglich. Ist der Vordergrund nicht fotogen, macht man aus der Not eine Tugend und aus dem Standardrechteck ein Panorama.

 

Sonnenuntergang

Foto: Helmut Hess

Viele Hobbyfotografen fotografieren im Laufe ihrer Entwicklung Sonnenuntergänge, finden sie dann eine Zeit lang kitschig und ein No Go, um sie dann wieder in den Sucher zu nehmen. Natürlich sind Sonnenuntergänge kitschig, aber man kann ruhig einmal den Kitsch in seinem Leben suchen. Das RAW-Format ist in diesen Fällen ratsam, weil es bei der Entwicklung möglich ist, noch ein bisschen Zeichnung in den Vordergrund zu bringen, statt ihn zur Silhouette werden zu lassen – oder den Vordergrund erst recht zur Silhouette zu machen, ohne das Rotorange des Himmels mit abzudunkeln.

 

Graffiti

Foto: Helmut Hess

Auch wenn sie ein Ärgernis für Bürgermeister und Stadtkämmerer sind, muss man zugeben, dass es Graffitis gibt, die etwas haben und sich von den einfachen Schmierereien abheben. Solche Wandgemälde bieten sich dann auch als Motiv an – en gros und en détail, sozusagen. Wenn man näher herangeht, kann man aus Farbflächen und Linien Bilder entstehen lassen. Seitlich einfallendes Licht bringt zusätzlich noch die Struktur des Untergrundes ins Spiel.

 

Brandung

Foto: Ricoh K. – Fotolia.de

Das Kommen und Gehen der Brandung ist sehr beruhigend und eines jener Motive, die sich auch sehr gut mit der Movie-Funktion der Kamera aufnehmen lassen. Aber auch mit klassischen fotografischen Mitteln kann man die Bewegung ins Bild bringen, nämlich mit einer Langzeitbelichtung. Das „weiche Wasser“ wirkt besonders gut, wenn als Gegensatz unbewegliche Objekte im Bild sind. Ein Stativ ist Pflicht, ein Grauverlaufsfilter kann verhindern, dass der Himmel ausfrisst und ein Graufilter hilft, eine noch längere Verschlusszeit zu erzielen.

 

Sonnenstrahlen

Foto: Helmut Hess

Sonnenlicht umgibt uns, aber wir sehen es meistens nur indirekt, dadurch, dass es von Dingen reflektiert wird und sie sichtbar macht. Manchmal kann man die Sonnenstrahlen auch direkt sehen, wenn sie etwa durch Lücken in dicken Wolken fallen oder auch im Wald, wenn Dunst oder Nebel zwischen den Bäumen hängt und die Sonne zwischen Zweigen, Ästen und Stämmen durchscheint. Passt gut zu einem Weichzeichner! Eine Minuskorrektur hilft, um den durchleuchteten Dunst oder Nebel nicht ausfressen zu lassen.

 

Raureif

Foto: Helmut Hess

Wenn alles draußen weiß bezuckert erscheint, heißt das nicht unbedingt, dass es geschneit hat. Raureif entsteht, wenn hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Lufttemperaturen zusammenfallen. Es bilden sich kleine Eiskristalle, die im Gegenlicht funkeln, was besonders gut wirkt, wenn etwa die Kanten eines Blattes dadurch betont werden. Wenn etwa eine ganze Wiese mit Raureif bedeckt ist, empfiehlt sich ein tiefer Standort. Eine etwas knappere Belichtung bringt Zeichnung in die weißen Strukturen. Raureif kann sich bis in die Vormittagsstunden halten, aber frühes Aufstehen bringt mehr Chancen, solche Bilder einzufangen.

 

Müde Miez

Foto: Helmut Hess

Ob Hund, Gecko, weiße Ratte oder Katze: Wer ein Haustier hat, hat gleichzeitig ein interessantes Motiv in seiner Nähe, das aber oft einen eigenen Kopf hat, wenn es ums Modeln geht. Bestechung mit Leckerli kann klappen, muss aber nicht. In einer Ruhepause des Tieres kommt man aber gut zum Schuss. Es gilt: Aus Augenhöhe des Tieres fotografieren und die Schärfe auf die Augen legen. Es gilt aber auch: Erst mal die Regeln befolgen und dann … etwas ganz anderes probieren.

 

Texte und Aufmacherbild (c) Herbert Kaspar

 

 

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