Zur photokina 2008 stellte Panasonic mit der Lumix G1 die erste spiegellose Systemkamera vor und sorgte mit dieser innovativen Idee für eine Revolution im Kameramarkt. Es wurden die Türen für neue Wettbewerber der DSLR-Kameras und für viele zukunftsweisende Technologien geöffnet, und der Kameramarkt änderte sich. Vor kurzem – im April 2018 – haben spiegellose Systemkameras denen mit Spiegel den Rang abgelaufen und liegen mit mehr als 50% in Menge und Wert vorne! Alles Gründe, einen Blick auf 10 Jahre DSLM-Entwicklung beim Vorreiter zu werfen – der zudem in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert.
Schon früh kann man mit Panasonic Kameras nicht nur fotografieren, sondern auch kleine Filme aufnehmen – klein im Sinne des Wortes. Die Kompaktkameras Lumix F7 und Lumix LC5 von 2001 (die ersten Lumix Modelle überhaupt) zeichnen Videos im halben VGA-Format (QVGA, 320 x 240 Pixel) auf. Das ist eine nette Ergänzung, um zwischendurch schnell mal Bewegung als Bewegung festhalten – die ersten wackeligen Schritte eines Kindes oder die Wasserspiele eine Brunnens bei einer Städtereise.
Schritt eins: Full HD
Wirklich interessant werden Fotokameras für die Filmer mit der Einführung der Panasonic Lumix DMC-GH1, der zweiten spiegellosen Systemkamera nach der Lumix G1 , die nicht nur 12-MPix-Fotos, sondern auch Filme in Full-HD-Auflösung (1920 x 1080 Pixel) aufnehmen konnte. Jetzt konnten Profis ihren Kunden Fotos und Videos anbieten, ohne verschiedene Kameras einsetzen zu müssen.
Vorteile dabei: Der FT-Sensor ist mit seinen 17,3 x 13 mm größer als die Sensoren herkömmlicher Camcorder und man kann mit einer schmaleren Schärfenzone arbeiten. Außerdem wird das System der kompakten leichten Objektive für die mFT-System konsequent ausgebaut – zu günstigeren Preisen, als für vergleichbare Cinema-Objektive verlangt werden.
Auch die Nachfolgemodelle GH2 und GH3 können neben 16-MPix-Fotos natürlich auch Full-HD-Movies aufnehmen (und zusätzlich auch HD mit 1080 x 720 Pixeln und VGA mit 640 x 480 Pixeln, was ja für manche Internet-Auftritte immer noch reicht).
Panasonic bringt 4K
Der nächste große Schritt erfolgt dann 2014 mit der Lumix DMC-GH4. Sie ist die erste Kamera, die zusätzlich zum Fotografieren (mit 16 MPix) das Filmen in 4K-Auflösung bietet.
Sie holt damit Filmtechnik aus den großen Studios in eine kompakte Fotokamera, die ins umfassende mFT-System eingebunden ist und zudem nur einen Bruchteil dessen kostet, was für eine 4K-Videokamera zu berappen ist. Bei den auf Filmer ausgerichteten Modellen Lumix GH5 und Lumix GH5S kommt dann noch das Cinema 4K Format dazu, das die vertikale Auflösung von 4K beibehält, aber in der Breite mehr Bildpunkte bietet.
Die wichtigen Videoformate im Überblick:
VGA 640 x 480 Pixel | Seitenverhältnis 4:3 | 0,31 MPix
HD 1280 x 720 Pixel | Seitenverhältnis 4:3 | 0,92 MPix
Full- HD 1920 x 1080 Pixel | Seitenverhältnis 16:9 | 2 MPix
4K (oder UHD) 3840 x 2160 Pixel | Seitenverhältnis 16:9 | 8,3 MPix
Cinema 4K 4096 x 2160 | Seitenverhältnis 17:9 | 8,85 MPix
VGA und HD spielen heute zwar praktisch keine Rolle mehr – aber hier zeigt sich die Rasanz der Entwicklung sehr deutlich: von 0,31 MPix auf 8,85 MPix innerhalb weniger Jahre.
Und auch bei den Bildwiederholraten geht es voran. Kann mit der GH2 im Full-HD-Modus 24, 25 und 60 fps aufnehmen, bringt es die Lumix GH5S auf 60 fps im 4K Modus!
Mit der Lumix GH4 kommen erstmals auch professionelle Video-Features in einer Lumix der G-Serie zum Einsatz und es wird professionelles Zubehör vorgestellt – etwa ein externes Mikrophon und mit dem YAGHE ein Video-Interface für das Anschließem von SDI-Vido und XLR-Audio.
Die Filme können mit Timecode und wenn man möchte im V-Log L Modus zwardirekt auf die Speicherkarte geschrieben werden, aber seit der GH4 sind auch externe Recorder (etwa vom Anbieter Athomos) von Interesse für Videografen, denn sie ermöglichen es,. mit höheren Datenraten zu arbeiten.
Timecode ist für Profis wichtig, um mehrere Kameras absolut synchron aufnehmen zu lassen oder externe Tonaufzeichnungen später präzise mit den Bildern zusammenbringen zu können.
V-Log L bietet den Filmern die Möglichkeit, zu einem fertigen Video mit großem Dynamikbereich zu kommen. Dafür erfolgt die Aufnahme aber mit einer flachen Gradation und das zunächst aufgezeichnete Bild ist flau und blass. Allerdings bietet es viel Spielraum für die Nachbereitung. Dafür werden über so genannte LUT-(Look up Table)-Dateien Farben und Kontraste für einen bestimmten Look „entwickelt“. Einige LUT-Dateien kann man von der Panasonic Support-Seite herunterladen, andere gibt es im Internet.
Weitere Punkte, die Lumix G-Modelle für Videographen interessant machen, sind unter anderem, dass es keine zeitliche Begrenzung für Videos gibt (normalerweise 29 Min. und 59 Sek.), dass High-Speed-Videos mit bis zu 240 fps aufgenommen werden können und dass man eine Schärfeverlagerung für 3 Positionen programmieren kann. Was genau geboten wird, hängt vom Kameramodell ab.
4K und 6K für Fotografen
4K, Timecode, V-Log L – für Filmer hochinteressant, für Fotografen eher nicht? Das stimmt nur zum Teil. Um Timecode und V-Log L brauchen sich Foto-Fans in der Tat nicht zu kümmern – aber Panasonic hat dafür gesorgt, dass 4K ein für Fotografen überaus interessantes Format werden konnte, und in der Folge auch 6K.
Dazu gleich.
Erst einmal ein Blick zurück auf die erste Systemkamera von Panasonic. Die DSLR Lumix DMC-L1 von Anfang 2006 (mit ihrem eleganten „Flachdach-Design“ ein echter Eye-Catcher) bietet 7 MPix und man kann mit ihr hervorragende Fotos machen.
Das heißt: Die 8 MPix großen Einzelbilder eines 4K-Movies sind auch als Fotos interessant. Man kann sie bei einer Druckauflösung von 300 ppi, wie sie etwa für Bilder in der d-pixx zugrunde gelegt werden, mindestens A4 groß drucken, mit dem Tintenstrahldrucker oder in einem Fotobuch kommt man gut auf A3 und Poster oder Leinwandprints für die Wand können noch deutlich größer ausfallen.
Diese Vorgabe entwickelt Panasonic konsequent weiter und stellt 2015 in der Lumix G70 die ausgeklügelte Funktion 4K Foto vor, die auch in den folgenden Lumix DSLM-Modellen zu finden ist (ebenso in einigen Panasonic Sucher- und All-in-One-Kameras).
Die die erste Version der 4K Foto-Funktion beruht darauf, dass 30 Bilder pro Sekunde aufgezeichnet werden können, von denen jedes die 4K-Auflösung von 8 MPix aufweist. Allerdings werden die 30 Bilder pro Sekunde nicht als Einzelbilder gespeichert, sondern als Film (MP4), aus dem man später die Fotos auswählt, auf die es einem ankommt.
Damit geben sich die Entwickler bei Panasonic aber nicht zufrieden und die Idee wird in zwei Richtungen ausgeweitet.
Zum einen gibt es in der Lumix G9 und GH5S zwei 4K Foto-Varianten. Die eine arbeitet nach wie vor mit einer Bildfrequenz von 30 B/Sek., die neue (4K H Foto) belichtet 60 B/Sek. Wie gesagt hat jedes Bild eine Größe von rund 8 MPix, je nach gewähltem Seitenverhältnis. Bei 4:3 liegt die Bildgröße bei 3328 x 2496 Pixel.
Zum anderen kommt bei der GH5 und G9 die Funktion 6K Foto hinzu. Mit einer Frequenz von 30 B/Sek. werden Bilder aufgezeichnet, die eine Größe von 4992 x 3744 Pixeln, also 18 MPix aufweisen! Das liegt nur knapp unter der vollen Auflösung von 20 MPix!
Fotografieren vor dem Auslösen
Nun sind schon die Aufnahmefrequenzen von 30 B/Sek. bzw. 60 B/Sek. mehr als einen Blick wert. Aber 4K Foto, 4K H Foto und 6K Foto bieten mehr als nur die pure Geschwindigkeit!
Es stehen nämlich jeweils drei Varianten zur Wahl, unter denen man im Hauptmenü oder schneller im Quick-Menü die passende wählt.
Die interessanteste Variante ist zweifelsohne Pre-Burst. Man wählt sie, wenn man weiß, dass im nächsten Moment etwas passieren wird, wenn man aber auch weiß, dass das Reaktionsvermögen nicht gut genug ist, um das entscheidende Bild mit Sicherheit einzufangen.
Wichtig: Wenn man den Pre-Burst-Modus aktiviert hat, lässt man den Finger auf dem Auslöser liegen – tippt ihn aber nicht an und drückt ihn erst recht nicht durch. Beim Einschalten von Pre-Burst beginnt die Kamera nämlich, Bilder mit der jeweiligen Frequenz (also 30 B/Sek. oder 60 B/Sek.) aufzuzeichnen und in den Puffer-Speicher zu schieben. Nach einer Sekunde werden die ersten Bilder gelöscht und neue gespeichert. Als Fotograf merkt man davon nichts. Man beobachtet im Sucher oder auf dem Monitor das Geschehen und drückt auf den Auslöser, wenn der passende Moment gekommen ist.
Auch wenn man die passenden Moment um einen Moment verpasst, ist das mit Pre-Burst kein Problem! Beim Druck auf den Auslöser werden nun die Bilder im Puffer-Speicher – also die, die in der Sekunde vor dem Auslösen aufgenommen wurden – festgehalten und es werden eine Sekunde lang weitere Bilder mit der entsprechenden Frequenz aufgenommen.
Danach stehen 60 Bilder zur Wahl, von denen die Hälfte vor und die Hälfte nach dem Auslösen gemacht wurden. Aus diesen Bildern kann man nun das eine auswählen, das den exakt richtigen Moment zeigt – auch wenn er vor oder nach dem Druck auf den Auslöser passiert ist.
Zur Auswahl des passenden Bildes oder der passenden Bilder wechselt man in die 4K Foto/6K-Foto Wiedergabe. Jetzt kann man die Bilder in Ruhe durchschauen, auswählen und durch einen Druck auf die OK-Taste als JPEG-Datei(en) auf die Speicherkarte schreiben lassen.
Mit Pre-Burst kann man sicherstellen, dass man nie den richtigen Augenblick verpasst. Also sollte man einfach generell mit dieser Einstellung arbeiten. Im Prinzip: ja. In der Praxis: nein.
Es werden ja bis zum Auslösen permanent Bilder aufgenommen und dann noch eine Sekunde lang weiter. Im Dauerbetrieb würde der Sensor irgendwann doch warm, was dem Rauschverhalten abträglich ist. Überhitzen könnte der Sensor aber auch dann nicht, da die Kamera ggf. abschaltet. Zum anderen würde die Kamera beim ständigen Aufnehmen, Bilder in den Zwischenspeicher schieben, löschen und weiter aufnehmen auch ständig Strom verbrauchen – der Akku lässt grüßen!
Die 60 Bilder, die man nach der Pre-Burst-Aufnahme zur Auswahl hat, sind wie gesagt in zwei Sekunden entstanden. Wenn sich in diesen zwei Sekunden im Motiv etwas ändert, kann das ggf. zu einer leicht veränderten Lichtsituation und in der Folge unterschiedlich belichteten Bildern führen. Es ist also keine schlechte Idee, Verschlusszeit und Blende fest einzustellen, vielleicht auch den Weißabgleich.
Wenn es um die Belichtung geht, ist noch etwas zu bedenken. Wenn 30 Bilder pro Sekunde aufgenommen werden sollen, darf die Verschlusszeit nicht länger als 1/30 Sek. sein, bei 60 B/Sek. nicht länger als ein 1/60 Sek.
Und wenn man eine schnelle Bewegung in vielen Phasen scharf ins Bild bekommen möchte, sind noch deutlich kürzere Verschlusszeiten gefragt. Gut, dass man auch die höheren ISO-Werte sehr gut nutzen kann, ohne Rauschen befürchten zu müssen.
Die beiden anderen 4K / 6K Foto-Versionen passen, wenn man längere Bewegungsstudien mit 30 B/Sek. oder 60 B/Sek. aufnehmen möchte. Der Unterschied zwischen beiden liegt im Handling.
Serienbilder Die Kamera zeichnet Bilder mit der entsprechenden Frequenz auf, solange man den Auslöser gedrückt hält.
Serienbilder S/S (Start/Stopp) Hier startet man mit einem kurzen Druck auf den Auslöser die Aufnahmeserie. Mit einem zweiten Druck auf den Auslöser wird sie beendet. Das ist unter anderem dann sehr praktisch, wenn die Kamera auf dem Stativ steht, während man eine Szene beobachtet, wie etwa Kinder am und im Planschbecken, Vögel am Futterhäuschen, den Raum vor dem Tor bei irgendeinem Ballspiel. Wenn es anfängt, spannend zu werden, beginnt man die Serie, wenn abzusehen ist, dass sich nichts mehr tut, beendet man sie. Ein Fernauslöser oder die Panasonic-App für das Smartphone sind in diesem Zusammenhang empfehlenswert.
Die Auswahl der passendes Bilder erfolgt in der Kamera. Entweder durch Wischen über den Bildschirm oder mit Hilfe des Daumeneinstellrades oder des Joysticks gelangt man zu den Bildern, die als JPEGs auf der SD-Karte gespeichert werden sollen.
… und mehr
4K Foto und 6K Foto spielen aber noch in einem anderen Zusammenhang eine wichtige Rolle, nämlich beim Fokussieren. Zum einen kann man nach der Aufnahme das Foto mit der passenden Schärfenebene aus der Serie aussuchen (Post Focus). Zum anderen kann man aus einer Serie Bilder errechnen lassen, die von vorn bis hinten scharf sind, obwohl das mit der gewählten Brennweiten/Blenden-Kombination nicht möglich wäre (Focus Stacking). Darauf gehen wir in der nächsten Folge unserer Serie ein!
Damit es nun keine Missverständnisse gibt: Die 6K-Auflösung steht (im Moment) nur die 6K Foto-Funktion zur Verfügung, nicht aber für Video-Aufnahmen!
Blick über den Tellerrand
Panasonic gehört zu den ganz großen Elektronikkonzernen weltweit. In der Printausgabe der d-pixx foto und hier auf www.d-pixx.de ist zwar immer nur von Digitalkameras die Rede (weil wir eben in der digitalen Fotografie zu Hause sind) – aber Digitalkameras gib es von Panasonic erst seit 2001, also nicht ganz während 1/5 der langen Firmengeschichte, die unter dem Namen Matsushita begann.
Ein ganzes Stück länger ist Matsushita / Panasonic auf dem Sektor der Musik-Wiedergabe tätig. Schon 1965 stellte Matsushita mit dem Modell Technics 1 einen hochwertigen Kompaktlautsprecher vor. In den folgenden Jahren wurde Technics dann zu einem festen großen Namen, wenn es um HiFi-Anlagen ging. Grundstein dafür war der Technics SP-10, um Schallplatten abzuspielen. Allerdings war der SP-10 kein Plattenspieler im herkömmlichen Sinn. Vielmehr handelte es sich um das erste direkt angetriebene Plattenspieler-Laufwerk (also um Motor und Plattenteller), an das verschiedene Tonarme und -abnehmer ansetzt werden konnten. In den Jahren danach wurde das System erweitert und man erhielt u. a. Plattenspieler, Receiver, Verstärker, Tonbandgeräte, Kassettendecks, Kopfhörer und Lautsprecher mit dem Technics Logo. Aber auch wer aktiv Musik machen wollte, bekam Geräte von Technics, z.. B: E-Orgeln oder Keyboards.
2002 wurde das Technics Label dann aufgelöst und alle Produkte (mit Ausnahme des Equipments für DJs) trugen den Namen Panasonic.
Text © Herbert Kaspar
Praxisbilder und Produktbilder © Herbert Kaspar
Produktbilder GH4, YAGHE und G70 © Panasonic