Wer sich für das Fujifilm System entscheidet, hat die Wahl zwischen Kameras mit Sucher unter einem Sucheraufbau, mit Sucher, aber ohne Sucheraufbau, und ganz ohne Sucher. Die X-E3 ist das neueste Modell der zweiten Gruppe.
Wer sich beim Anblick einer Fujifilm – kurz: Fuji – der X-E-Serie an eine Leica erinnert fühlt, liegt ziemlich richtig. Flaches Dach mit einer Stufe nach rechts, wo dann Einstellelemente zu finden sind, Sucher in der linken oberen Ecke (von hinten gesehen) und ein schlankes Gehäuse – das passt. Nun ja. So schlank wie die Fuji X-E-Kameras, waren und sind die M-Leicas zwar nicht, aber der Nostalgie-Faktor kommt sehr gut rüber.
Das Retro-Gehäuse beherbergt einen 24 MPix Sensor der X-Trans-III-Generation. Diese Sensoren gibt es nur bei Fuji. Sie unterscheiden sich durch die Anordnung der roten, grünen und blauen Mini-Filter vor den 24 Millionen Pixeln von den Sensoren mit der herkömmlichen Bayer-Pattern-Abfolge der Filter. Die zeilenweise RGRG- und GBGB-Anordung kann dort eher zu Moiré führen, als die Filter-Gruppierung.
Mit den 6000 x 4000 Pixeln der JPEG-Dateien (die RAW-Dateien sind 6032 x 4032 Pixel groß) lassen sich bei einer Druckauflösung von 300 ppi Bilder in Größen bis mindestens 50 x 34 cm ausgeben. In der Praxis heißt das, dass man bequem den Ausschnitt optimieren kann, wenn man im Format A3 druckt.
Der Sensor ist der gleiche, wie er in der Fuji X-T20 zum Einsatz kommt. Von daher stellt die X-E3 eine Alternative zur X-T20 für alle dar, die das angesprochene Messsucherkamera-Design dem DSLR-Design vorziehen und nichts dagegen haben, zugunsten einer Touch-Screen-Bedienung auf einige Knöpfe und eine Vierrichtungswippe zu Rädern vorziehen.
Wenn man die X-E3 in die Hand nimmt, hinterlässt sie einen sehr wertigen und soliden Eindruck. Das Gehäuse selbst besteht aus hochfestem Kunststoff, während die Kappe aus Metall gefertigt ist. Wie auch bei der X-T20 fehlen Dichtungen, um das Kamera-Innere vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen. Dass leichtes Schneetreiben und Temperaturen von rund -5 °C sie nicht beeinträchtigen, konnte ich allerdings feststellen.
Dank des flachen Griffstücks liegt die X-E3 zwar gut in der Hand, aber es stört mein persönliches ästhetisches Empfinden. Dem ansonsten gelungenen Retrodesign stünde eine flache Frontpartie besser. Man könnte ja verschieden große anschraubbare Griffstücke mitliefern (und dazu noch einige Varianten in verschiedenen Farben und unterschiedlichen Materialien als Zubehör anbieten).
Von der rechten Vorderseite zum Boden. Hier findet man dem Zugang zum Fach, das nicht nur den Akku mit Saft für rund 350 Aufnahmen aufnimmt, sondern leider auch die Speicherkarte (SD, SDHC, SDXC, UHS-I kompatibel). Die Entnahme der Speicherkarte ist eine unnötige Fummelei – und gar nicht möglich, wenn eine Schnellwechselplatte im Stativgewinde sitzt. Das ist nämlich aus der optischen Achse nach rechts gerutscht, was sich beim Ausrichten der Kamera auf einem Stativ negativ auswirken kann. Abhilfe schafft eine etwas längere Wechselplatte, damit man die optische Achse über dem Drehpunkt des Stativkopfes platzieren kann. Fuji hat eine im Angebot, die gleich noch den Griff vergrößert und den Zugang zum Kombifach frei lässt! Sie ist Arca-Swiss-kompatibel.
Weiter zur Oberseite der Kamera. Links ist die Deckplatte glatt, für einen eingebauten Blitz war kein Platz. Dafür gibt es in der Mitte einen Blitzschuh. Ein passender kleiner Blitz liegt in der Packung – allerdings nicht bei meinem Testmuster. Entsprechend kann ich nichts über die Leistung sagen.
Oben rechts sind der Auslöser mit retro-tauglichem Drahtauslösergewinde, der Hauptschalter, der Ein/Aus-Schalter für die Voll- und Motivautomatiken und eine Funktionstaste untergebracht. Dazu kommen das Verschlusszeitenrad und das Rad für Belichtungskorrekturen, dessen Einstellung auch dann wirksam ist, wenn man die Voll- und Motivautomatiken nutzt.
Der Korrekturbereich von w3 EV kann auch w5 EV erweitert werden, wenn man das Rad auf „C“ dreht und den Wert mit dem vorderen Einstellrad wählt. Ein zweites Einstellrad ist auf der Rückseite oben zu finden. Beide wechseln die Einstellebene, wenn man sie drückt. Fuji-typisch fehlt ein Betriebsartenwählrad. Man stellt einfach den Blendenring am Objektiv oder das Verschlusszeitenrad auf „A“, um Blenden- oder Zeitautomatik zu aktivieren. Beide auf „A“ bringt die Programmautomatik ins Spiel, keine „A“-Position den Manuellmodus.
Auf der Rückwand sind insgesamt acht Einstellknöpfe zu finden, darunter die [Q]-Taste, mit der man das praktische und übersichtliche Quick-Menü aufruft. Auch das Hauptmenü ist gut gegliedert und macht schnelle Einstellarbeiten möglich.
Alle Knöpfe auf der Rückwand sind bei der X-E3 nun rechts vom Monitor untergebracht, während die von anderen X-Modellen bekannte 4-Richtungswippe fehlt. Ich vermisse sie nicht, denn es gibt einen kleinen, knubbeligen Joystick, der mir sehr viel besser gefällt.
Mit dem Joystick kann man flott durch die Menüs navigieren und schnell den AF-Punkt wählen. Ich habe fast ausschließlich ihn verwendet und auf die Möglichkeit verzichtet, den AF-Punkt auf dem Touchscreen-Monitor festzulegen, ebenso aufs Auslösen per Fingertipp – auch wenn beides funktioniert. Die Positionierung des AF-Punktes mit der Fingerspitze ist auch möglich, wenn die X-E3 am Auge ist (AF-Touchpad).
Ein anderer Ersatz für die 4-Richtungswippe steckt in der Gestensteuerung. Durch Wischen über den Monitor kann man vier Einstellungen aufrufen. Voreingestellt sind Weißabgleich (rechts), Empfindlichkeit (unten), Filmsimulation (links) und AF-Messfeldwahl (oben). Das klappt nicht immer auf Anhieb. Sicherer ist der Weg über das Quick-Menü.
Wenn man den Monitor für Einstellarbeiten nutzt, ist es kein Problem, dass er fest eingebaut ist – wenn er als Sucher eingesetzt wird, schon. Das ist schade. Die Diagonale des Monitors liegt bei 3“, die Auflösung bei 1,04 Mio. RGB-Dots. Das sind sehr gute, aber keine Top-Werte.
Das gilt auch für den elektronischen Sucher, der mit 2,36 Mio. RGB-Dots und einer Suchervergrößerung von 0,62x [@KB] aufwartet.
Beide, Monitor und Sucher, können sehr gut für die manuelle Scharfstellung herangezogen werden. Auf den Bildschirmen ist dann ein digitaler Schnittbildentfernungsmesser zu sehen. Senkrechte Linien werden unterbrochen und die Segmente gegeneinander versetzt, bis die Scharfstellung erreicht ist. Fokus-Peakinh un Fokus-Lipe fehlen trotzdem nicht.
Allerdings wird manuelles Scharfstellen eher die Ausnahme sein, denn der Hybrid-Autofokus (Kontrast Af plus Phasen-AF-Pixel auf dem Sensor) arbeitet fast immer schnell und sicher. Die Ausnahme: Continuous-Modus bei schlechten Lichtverhältnissen.
Es stehen insgesamt 325 AF-Felder zur Verfügung. Je nach Aufgabenstellung kann man mit einem Feld, Gruppen von 3×3, 5×5 oder 7×7 Feldern arbeiten oder die Auswahl der Automatik überlassen.
Im Continuous-Modus kann man zwischen fünf Vorgaben wählen und z. B. festlegen, dass der AF mit Motiven rechnen muss, die abrupt die Richtung wechseln. Hier muss auch die Tracking-Funktion erwähnt werden, die sehr gute Arbeit leistet, wenn ein bestimmtes Motivteil in der Schärfe gehalten werden soll. Das gilt auch für Aufnahmen bei wenig Licht – wo z. B. die Gesichtserkennung schon Probleme haben kann.
Die gute AF-Leistung zeigt sich auch bei Aufnahmeserien und beim Filmen.
Aufnahmeserien sind mit mechanischem Verschluss mit max. 8 B/Sek und Schäfennachführung möglich. Mit elektronischem Verschluss bringt es die X-E3 auf max. 14 B/Sek., aber die Fokus-Einstellung für das erste Bild wird beibehalten. In der Praxis kamen wir aus greingfügig höhere Werte.
Videofilmer können im 4K-Modus unter drei Aufnahmefrequenzen wählen: 30p , 25p, 24 p und 23,97p. Dabei wird immer die volle Sensorbreite genutzt, um optimale Bildqualität zu erzielen. Wenn 4K zu groß ist, steht auch Full HD zur Wahl.
Für eine bessere Tonqualität steht zwar ein Eingang für ein externes Mikrophon zur Verfügung, aber es gibt keinen Anschluss für einen Kopfhörer, um die Tonaufnahme live überprüfen zu können.
Wer fotografiert, was bei den meisten Besitzern einer X-E3 im Vordergrund stehen wird, kann außer auf die PASM-Einstellungen auch eine Vollautomatik wählen. Sie erkennt sehr gut, welches Motiv vor der Kamera ist. Alternativ stehen 14 Motivprogramme bereit. Die Einstellung der Programm ist intuitiv. Blenden- oder/und Verschlusszeitenras auf A – fertig.
Ale kürzeste Verschlusszeiten stehen mit mechanischem Verschluss 1/4000 Sek. und mit elektronischem Verschluss 1/32.000 Sek zur Verfügung.
Typisch Fujifilm, und entsprechend auch in der X-E3 zu finden, sind die Filmsimulationen. 15 werden angeboten, von denen mir Acros mit den verschiedenen Farbfiltern immer wieder sehr gut gefällt. Die Filmsimulationen können für Foto- und Filmaufnahmen verwendet werden.
Für den 24-MPix-Sensor können ISO-Werte von 200 bis 12.800 eingestellt werden, bzw. von ISO 100 bis 51.200 wenn man die Erweiterung ausschöpft.
Für die automatische Empfindlichkeitswahl kann man in drei Voreinstellungen die Ober- und Untergrenzen festlegen und auch bestimmen, ab welcher Verschlusszeit die Kamera beginnen soll, den ISO-Wert hochzusetzen.
Bis ISO 1600 ist das Rauschverhalten hervorragend und auch die Werte bis ISO 6400 sind noch praxistauglich. Das dezente Helligkeitsrauschen ist zudem gut zu korrigieren.
Damit wird das sehr gute Auflösungsvermögen des Sensors im Bereich der niedrigen Empfindlichkeiten optimal genutzt. Bei den höheren ISO-Werten bringt die X-E3 einen sehr guten, praxisgerechten Kompromiss zwischen vielen Details und wenig Rauschen.
Wie alle X-Trans-Modelle zeichnet sich auch die X-E3 durch eine sehr gute Farbwiedergabe aus und bringt Hauttöne oder Pflanzengrün sauber und natürlich ins Bild. Durch die Filmsimulationen kann man gezielt auf die Farbigkeit des Bildes Einfluss nehmen. In Sachen Dynamik bringt die X-E3 mit rund 10 Blendenstufen keine Spitzenwerte, ist aber sehr gut.
Bei der Bildbearbeitung fällt auf, dass viele Details aus dunklen Partien im Bild hervorgeholt werden können. Das lässt sich sinnvoll nutzen, indem man, wenn es mal schnell gehen muss, den ISO-Wert nicht erhöht, sondern eine Unterbelichtung in Kauf nimmt, die man später ausgleicht. Durch die knappere Belichtung bleibt Zeichnung in den Lichtern erhalten. Die Kombination aus Dynamik und Rauschverhalten ist auch von Vorteil, wenn man eine der DR-Einstellungen nutzt.
WiFi und Bluetooth LE machen die permanente Verbindung zu einem Smartgerät möglich. Über WiFi kann die Kamera mit Livebild auf dem Smartgerät ferngesteuert werden.
Obwohl der Akku über USB geladen werden kann, liegt eine Ladeschale bei (Daumen hoch).
Alles in allem ist auch die Fujifilm X-E3 eine Kamera, die dem sehr guten Ruf der X-Modelle gerecht wird. Was nicht bedeutet, dass ich den Verzicht auf einen beweglichen Monitor gut finde!
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS
Text und Bilder (c) Herbert Kaspar
Produktabbildungen (c) Herbert Kaspar
Praxisbilder mit der Fujifilm X-E3 mit XF 2,8-4/18-55 mmR LM OIS
Alle Bilder sind JPEGs aus der Kamera. Eventuelle Korrekturen in Photoshop werden in der Bildunterschrift genannt.
Ein Klick auf eines der Bilder bringt es in der vollen Größe von 6000 x 4000 Pixeln auf Ihren Bildschirm.
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
ISO-Reihe mit der Fujifilm X-E3 mit XF 2,8-4/18-55 mmR LM OIS
Beleuchtung mit einer Fotoleuchte mit Tageslichtcharakteristik.
Die Bilder entstanden mit Zeitautomatik und automatischem Weißabgleich.
Alle Bilder sind JPEGs aus der Kamera.
Ein Klick auf eines der Bilder bringt es in der vollen Größe von 6000 x 4000 Pixeln auf Ihren Bildschirm.
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!