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Dass die Sigma sd Quattro H eine Kamera für Aufnahmen ist, bei denen es um höchste Auflösung und präzise Farbwiedergabe geht, macht sie auch für Produktaufnahmen und Table-Tops interessant.

Bei Produktbildern denkt man erst einmal an Profis, die Bilder für Kataloge, Anzeigen oder Plakatwände machen. Das ist auch nicht verkehrt, heißt aber nicht, dass man nicht auch als Hobbyfotograf Spaß an solchen Aufnahmen haben kann.

Die Reihe der Aufgabenstellungen beginnt bei Bildern von Dingen, die man auf einer Verkaufsplattform im Internet verkauft und geht über die Dokumentation einer Sammlung bis hin zu Experimenten mit Auflicht, Durchlicht und Farbigkeit, die man im Studio besonders gut steuern kann. Ob man Letzteres als echte Produktfotografie gelten lassen will, ist Ansichtssache. Ich stimme mit „ja“.

Zweiäugige Spiegelreflexkamera von Voigtländer.
Eine alte Voigtländer mit Innenleben. Dazu gehören zwei Filter und diverse Tabellen – etwa zur Schärfenzone bei den verschiedenen Blenden, die am festbrennweitigen Aufnahmeobjektiv (unten) eingestellt werden können. Das obere Objektiv ist das Sucherobjektiv.

Wenn es nicht um die angesprochenen Experimente geht, gehört zu einem gelungenen Produktbild ein Hinter-/Untergrund, der nicht stört oder ablenkt, dass Details nicht im Schatten versinken, dass auch in hellen Teilen des Objektes noch Zeichnung vorhanden ist, dass Farben sauber wiedergegeben werden und – natürlich – dass das Bild scharf ist.

Ein einfarbiger Hintergrund ist immer eine sichere Sache, wenn man ein Produkt klar herausstellen möchte. Wenn man sich für Weiß entscheidet, stimmt man die Belichtung auf das dunklere Objekt ab, wodurch der helle Hintergrund reichlich belichtet wird.

Drei Parfumflakons. Studioaufnahme.
Das Sigma 1,4/85 mm DG HSM | Art bringt auch abgeblendet auf 16 eine hervorragende Leistung. Die Schärfenzone erfasst alle drei Flakons.

Das geht bei der sd Quattro H sehr einfach. Man wählt die Spotmessung und die Belichtung wird automatisch um das aktive AF-Messfeld herum gemessen. Dabei ist es egal, ob man mit dem 3×3 Raster der AF-Felder arbeitet, oder ob man die Möglichkeit nutzt, das AF-Feld frei in einem sehr großen Teil des Messfeldes zu platzieren.

Das einblendbare Live-Histogramm hilft dann, die Belichtung richtig hinzubekommen. Wenn die Möglichkeit besteht, dass man später etwas ändern möchte, ist es wie immer das Beste, eines der beiden RAW-Formate zu nutzen. Für das Sigma-eigene *.X3F braucht man den Sigma RAW-Konverter Sigma Photo Pro 6. Entscheidet man sich für *.DNG, kann man jeden guten RAW-Konverter auf dem Markt für die Entwicklung der Daten einsetzen.

Das zweite wichtige Hilfsmittel ist auch hier die elektronische 2-Achsen-Wasserwaage. Wichtig für Aufnahmen von Flaschen oder Gläsern, in denen man eine Flüssigkeit sehen kann: Wenn die Kamera waagrecht ausgerichtet ist, die Unterlage der Flaschen oder Gläser aber nicht, kommen diese mit einer kleinen Schräglage ins Bild. Die kann man zwar durch eine Drehung des Bildes bei der Bearbeitung ausgleichen – aber dann steht die Oberfläche der Flüssigkeit plötzlich schief im Bild. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, sich auch die Gitterlinien in das Monitorbild einblenden zu lassen. Mit ihrer Hilfe kann man gut feststellen, ob das Motiv gerade ausgerichtet ist.

Sigma 85 mm f1,4 DG GSM | Art

Für diese Folge unserer Serie wurde die Sigma sd Quattro H mit dem Sigma 1,4/85 mm DG HSM |Art bestückt. Die Varianten mit Canon- und Nikon-Anschluss sind an Vollformatgehäusen die typischen Porträtobjektive, aber sie können natürlich viel vielseitiger eingesetzt werden.

Mit dem 85 mm |Art sitzt wieder ein hervorragendes Objektiv am Gehäuse, das viele Spitzenbewertungen eingefahren hat – auch bei uns. Es kann schon bei Blende 1,4 ohne Bedenken eingesetzt werden, aber die Abbildungsleistung steigert sich sogar noch, wenn man bis 5,6 und 8 abblendet!

An der sd Quattro H mit dem APS-H-Sensor entspricht der Bildwinkel etwa dem eines 110-mm-Objektivs [@KB].

Für meine geplanten Aufnahmen einer alten zweiäugigen Spiegelreflexkamera von Voigtländer zum einen und von drei Parfum-Flakons zum anderen, ist mir das gerade recht. Ich muss mit meinem Kaiser Tiltall TC-284 Dreibein nicht nahe an den Tisch und es gibt daher keinen Konflikt mit den Leuchtenstativen. Außerdem habe ich auf diese Weise Platz, um bequem etwas am Aufbau zu ändern. Hinzu kommt, dass durch den engeren Bildwinkel nicht viel Motiv-Umfeld erfasst wird. Das heißt, dass ich mit Aufhellern und „Abschattern“ nah ans Objekt kann, ohne dass sie ins Bild kommen.

Sigma sd Quattro H im Studio
Improvisation während des Studio-Umbaus: Als Unter- und Hintergrund dienen zwei Regalbretter. Die sd Quattro H ist auf der Höhe der Flakons und per Wasserwaage in den beiden Achsen sauber ausgerichtet.

Für das Licht sorgen zunächst zwei NanGuang LED-Leuchten von Kaiser Fototechnik. Sowohl die Helligkeit als auch die Farbtemperatur der beiden Luxpad 43 lassen sich regeln. Die 32 x 21,5 cm großen Leuchtflächen, besetzt mit 256 LEDs, bringen ein angenehm weiches Licht. In der Einstellung auf 5600 K entspricht es Tageslicht.

Der Vorteil der LED-Leuchten gegenüber meiner kleinen Blitzanlage: Ich kann die Wirkung des Lichtes direkt 1:1 beurteilen. Die Blitzanlage verfügt zwar über proportionales Einstelllicht, aber das ist nicht dasselbe.

Sowohl das Monitorbild im Sucher wie auch auf der Rückwand der sd Quattro H machen es leicht zu erkennen, wo kleine Korrekturen vorzunehmen sind. Besonders bei der Aufnahme der Flakons müssen die Leuchten zwei/drei Mal ein bisschen bewegt werden, damit die Spiegelungen im Glas nicht stören. Graue Kartons, angelehnt an Styroporblöcke, helfen nicht sehr, die Konturen der Flakons und die Schriftzüge besser sichtbar werden zu lassen. Sie werden daher gegen schwarze Kartons ausgetauscht.

Drei Parfum-Flakons auf einer Leuchtplatte.
Die slimlite Leuchtplatte als einzige Lichtquelle bringt die Flakon bzw. den Inhalt zum Leuchten.

Um ein paar weniger sachliche Aufnahmen der Flakons zu machen, schalte ich dann die beiden Leuchten aus. Die drei Flakons werden jetzt auf einer slimlite plano Leuchtplatte von Kaiser platziert und die Leuchtkraft der Platte auf Maximum gestellt. (Einfach den Finger lang auf der Ein/Aus-Fläche ruhen lassen.)

Drei Parfum-Flakons auf einer Leuchtplatte.
Für die Aufnahme wurde das tiltall-Stativ auf fast volle Höhe gebracht. Wie bei den anderen beiden Studioaufnahmen auch erfolgte die Auslösung per Kabelfernauslöser.

Die leuchtenden Flakons werden von schräg oben ins Bild gesetzt.  Blende 8 reicht, um einen angenehmen Schärfe-Unschärfe-Verlauf zu erzielen.

Wenn man die Bilder groß drucken möchte, sind die26 MPix der sd Quattro H auf jeden Fall wichtig. Wenn man Bilder für eine Online-Verkaufsplattform möchte, sind sie eigentlich nicht nötig. Der Detailreichtum der Aufnahmen macht es aber möglich, mit zwei oder drei Belichtungen auszukommen, weil man aus dem Ausgangsbild des ganzen Objektes problemlos Detailbilder herausholen kann, die man dann ergänzend in das Verkaufsangebot einbindet.

Natürlich ist die Kombination aus Sigma sd Quattro H und 1,4/85 mm DG HSM |Art im Studio sehr gut aufgehoben – aber nicht nur da.

Zwei Zitronen in einem alten Korb.
Für das Spiel mit der schmalen Schärfenzone musste das Objektiv um eine Stufe auf Blende 2 abgeblendet werden. Bei voller Öffnung 1:1,4 wäre sie zu schmal gewesen.

Man kann sie ebenso gut mit nach draußen nehmen und aus der freien Hand ein kleines Gartenstillleben …

Wolken über bewaldeten Hügeln.
Blick über das Saaletal. Der Wald ist rund 1,3 km weg, kommt aber schön detailliert ins Bild.

… oder eine schöne Wolkenformation aufnehmen.

Anders ausgedrückt: Die Einsatzmöglichkeiten der Kombination aus Sigma sd Quattro H und Sigma 1,4/85 mm DG HSM | Art sind sehr vielfältig!

Noch Hinweis: Die 6192 x 4128 Pixel großen Beispielbilder wurden zum Teil der besseren Bildwirkung wegen etwas beschnitten. Ein Klick zeigt den daraus resultierenden Ausschnitt in voller Größe (100 % Crop).

 

Sigma Digitalkameras und der Foveon-Sensor

Sigma ist in erster Linie Objektivhersteller und nimmt besonders mit den Objektiven der ART-Serie eine Spitzenstellung ein. Aber es sind auch Kameras im Angebot – die DSLR-Kamera SD1 Merrill, die Kompaktkameras dp0 Quattro, dp1 Quattro, dp2 Quattro und dp3 Quattro, von denen jede mit einem APS-C-großen Sensor und einer fest eingebauten Festbrennweite ausgestattet ist, und die spiegellosen Systemkameras sd Quattro mit einem Sensor im APS-C-Format (Crop-Faktor 1,5x) und sd Quattro H mit einem Sensor im APS-H-Format (Crop-Faktor 1,3x.)

Bei den Sensoren handelt es sich immer um Foveon X3 Direktbildsensoren. Sie zeichnen das Bild in drei Schichten auf, von denen die obere die blauen, die mittlere Schicht die grünen und die untere die roten Helligkeitsinformationen aufzeichnet (wie es auch bei Farbnegativfilmen der Fall ist).

Durch den Schichtaufbau wird für jeden Bildpunkt die vollständige RGB-Farbinformation erfasst – im Gegensatz zu anderen Sensoren, wo für jeden Bildpunkt nur eine Farbinformation (blau oder grün oder rot) aufgezeichnet wird und die beiden anderen aus Nachbarpixeln errechnet (interpoliert) werden.

Dieser Schichtaufbau kommt nicht nur einer hervorragenden Farbtreue zugute, sondern auch der Detailtreue, weil es nicht passieren kann, dass durch Interpolation feinste Details „vernuschelt“ werden.

Zur hohen Detailtreue trägt bei den Foveon X3 Sensoren auch bei, dass die obere Schicht 4x so viele Pixel aufweist, wie jede der darunterliegenden. Feinste Strukturen werden dadurch noch besser erfasst.

Diesen Vorteilen der Foveon-Sensoren, die wir in einem Test auch noch zeigen werden, stehen zwei Nachteile gegenüber. Die Schichtsensoren sind nicht schnell und ISO-Werte jenseits der 400 sollte man meiden und wann immer es geht mit ISO 100 arbeiten.

Daraus folgt: Keine der Sigma Kameras ist ein Allrounder – aber wenn es um die Farbwiedergabe und das Auflösungsvermögen geht, sind sie ganz ganz vorne mit dabei. Die sd Quattro H, um die es in unserer kleinen Serie  geht, liegt in diesen Belangen (!) auf einer Höhe mit hochauflösenden Vollformatkameras wie der Canon EOS 5DS R.

 

Text und alle Bilder (c) Herbert Kaspar

 

Weiterführende Links

Die Sigma Art Objektive für Vollformatkameras in der Praxis