Sigma Digitalkameras sind anders als andere. Das gilt auch wieder für die aktuellen spiegellosen Systemkameras. Die Sigma sd Quattro H haben wir in unterschiedlichen Bereichen ausprobiert. Dieses Mal geht es um Landschaftsfotografie-Fotografie – u. a. mit dem Sigma 1,4/24 mm DG HSM | Art.

Mit der Landschafts- und Naturfotografie ist es so ähnlich, wie mit der Architektur. Manche können damit als Motiv nicht so viel anfangen – da tut sich nichts, also ist es langweilig. Das Gegenteil ist der Fall.

Sigma sd Quattro H
Beim Objektivwechsel wird die Filterplatte sichtbar, die Staub vom Sensor fernhält und leicht abgepustet werden kann, wenn sich ein paar Staubkörnchen niedergelassen haben. Zusammen mit dem 24er war das neue 135 mm | Art im Einsatz, auf das wir in einer späteren Folge eingehen.

Für die Landschaftsfotografie werden immer wieder die Zeiten um Sonnenaufgang und Sonnenuntergang vorgeschlagen – die blaue und die goldene Stunden. Das ist von der Lichtstimmung her natürlich richtig, und diese Stimmung wird besonders im Frühling und Herbst oft durch Nebel unterstützt. 

Der Nebel ist schon fast verschwunden, sorgt aber immer noch für eine Stimmung im Bild und bringt den Baum im Mittelgrund gut zur Geltung.

Wenn sich der Nebel später aufzulösen beginnt und die Konturen der Umgebung immer deutlicher sichtbar werden, ist das ein schöner Anblick – gleich vor Ort oder später im Bild.

Wenn helle Nebelschwaden einen großen Teil des Bildfeldes füllen, können sie den Belichtungsmesser in die Irre und bei der Umsetzung seiner Messergebnisse zu einem vergrauten Bild führen. Daher ist eine Plus-Korrektur angesagt, die abhängig von der Situation schon einmal bei +0,7 EV oder auch +1 EV liegen darf.

Sigma sd Quattro H
Am hinteren Einstellrad kann man schnell Belichtungskorrekturfaktoren wählen.

Bei der Sigma sd Quattro H ist die entsprechende Einstellung schnell vorgenommen: Man dreht das kleine Rad, das auf der rechten Schulter ganz außen hinten untergebracht ist.

 

Raus aus dem Nebel und noch einmal zu den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Die tiefstehende Sonne sorgt für lange Schatten, die sehr fotogen wirken (einerseits), aber durchaus in der Lage sein können, ein Motivteil  zu „zerschneiden“ (andererseits).

Wer die Bilder im RAW-Format speichert – die Sigma sd Quattro H bietet eine Sigma-eigene Variante (*.X3F) und das offene Format *.DNG zur Wahl – kann die Schatten später gezielt ein wenig aufhellen, wenn der negative Effekt überwiegt.

Hand in Hand mit der Empfehlung für die frühen Morgen- und Abendstunden geht oft die Warnung vor den Mittagsstunden, wenn das Licht hart ist. Auch das ist richtig – aber nicht immer. An einem heißen Sommertag lässt sich die Hitze über der Landschaft sehr gut in ein Bild übersetzen, wenn das Licht grell ist und die Schatten kurz und schwarz sind (oder blau, wenn sich ein blauer Himmel über der Landschaft spannt).

Wenn die Sonne am Morgen erst einmal auf- und am Abend noch nicht untergegangen ist, reicht das Licht in der Regel auch dann für Freihandaufnahmen, wenn man mit ISO 100 arbeitet. ISO 100 ist bei der Sigma sd Quattro H zu empfehlen, die höheren Werte nicht so und die ganz hohen Empfindlichkeiten eher nicht – sie ist eben keine normale Allround-Kamera, sondern eine Spezialistin für hoch aufgelöste Bilder.

Ein Dreibeinstativ ist bei gutem Licht nicht zwingend notwendig – entsprechend groß ist die Versuchung, es zu Hause zu lassen, auch wenn mein Kaiser Kaiser Tiltall TC-284 mit dem BH-30 Kugelkopf nur knapp über zwei  Kilo wiegt. Andererseits: Eine Aufnahme versemmeln (sprich: verwackeln), nur weil ich kein Stativ dabei habe?

Also wähle ich den Kompromiss: Ich ziehe die Mittelsäule mit Kopf aus dem Stativ, schraube das entsprechend gekennzeichnete Stativbein ab und setze beide Teile zusammen. Voilà: ein Einbeinstativ. Der Stativtorso kommt in den Kofferraum, und das ist gut so. Als ich vor Ort („on location“) entscheide, eine Blendenreihe aufzunehmen und vom genau selben Standort Aufnahmen mit verschiedenen Festbrennweiten zu machen, ist das schnell wieder zusammengebaute Dreibein unerlässlich.

Sigma sd Quattro H
Ob Quer- oder Hochformat: Die elektronische Wasserwaage zeigt zuverlässig, ob die Kamera schon optimal ausgerichtet ist.

Für die Verbindung zwischen sd Quattro H und dem Stativkopf sorgt dieses Mal nicht die lange Stativplatte, die für die Architekturaufnahmen zum Einsatz kam. Die habe ich im Urlaub in Dänemark verloren. Ärgerlich für mich. Für einen anderen Fotofreund vielleicht eine positive Überraschung. Aber wahrscheinlich weiß der Finder nicht, was er da vor sich hat … Stattdessen kommt eine Winkelschiene zum Einsatz. Beide Schenkel sind kompatibel zum Arca-Swiss-System und damit auch zu meinem Stativkopf. Der Wechsel von Quer- zum Hochformat ist damit schnell durchgeführt. Die Öffnung in der kurzen Schiene erlaubt sogar den Zugriff auf den Selbstauslöseranschluss  –  der Sigma Cable Release Switch CR-31 ist endlich auch in der Fototasche dabei. (Die Sache ist ein bisschen fummelig, aber es geht.) Außerdem weist die lange Schiene ein eigenes Stativgewinde außerhalb der Mitte auf. Hier kann ein Sling-Gurt befestigt werden, ohne die Möglichkeit zu beeinträchtigen, die Kamera aufs Stativ zu setzen.

Trimburg
Bei der Aufnahme kam der Himmel sehr hell ins Bild, aber bei der Entwicklung der RAW-Datei im DNG-Format ließ sich das Blau intensivieren.

Hochformat in der Landschaft? Aber ja doch. Der Himmel – blau, mit weißen, grauen und sehr dunklen Wolken – gehört nun mal zur Landschaft. Und natürlich sind die Vertikalen von Bäumen oder alten Bauwerken in der Landschaft in Hochformataufnahmen besser aufgehoben, als im Querformat.

Sigma 24 mm f1.4 ART

Als ich für die dritte Folge dieser Serien einige Architekturaufnahmen machen wollte, musste ich mich entscheiden zwischen dem Sigma 1,4/20 mm DG HSM | Art, das an der Sigma sd Quattro H mit ihrem 26,7 x 17,9 mm großen Sensor wie ein 26-mm-Objektiv an einer Vollformatkamera wirkt, und dem Sigma 1,4/24 mm DG HSM | Art. Es hat als Vollformatobjektiv einen Bildwinkel von 84,1°, an der Sigma sd Quattro H sind es rund 65°, und damit entspricht das Objektiv einem 31-mm-Objektiv an einer Vollformatkamera. Für die Architekturaufnahmen kam dann das 20er zum Einsatz, weil aus kurzen Entfernungen möglichst viel Bauwerk ins Bild kommen sollte, das 24er wurde für die Landschaftsaufnahmen an die sd Quattro H gesetzt.

Baumstamm vor Grün
Bei Blende 4 wird die Struktur der Rinde scharf ins Bild geholt, der Hintergrund wird unscharf, ist aber immer noch deutlich genug zu erkennen.

Die Schärfenzone ist an der sd Quattro H bei gleicher Blende zwar größer als an einer Vollformatkamera (da die echte Brennweite ja eben geringer ist) – aber für Landschaftsaufnahmen ist das kein Problem. Einen Baumstamm oder die Äste eines Busches im Vordergrund kann man auf jeden Fall sehr gut vom weit entfernten Hintergrund trennen und muss dafür noch nicht einmal die große Anfangsöffnung von 1: 1,4 ausnutzen.

Der Heuballen füllt den Vordergrund, schafft Tiefe (und hier ist die exquisite Schärfenleistung des Foveon-Sensors und des 24ers am Netz zu sehen). Der Bildausschnitt wurde in Photoshop optimiert.

 

Apropos Vordergrund/Hintergrund: Landschaften (aber nicht nur Landschaften) wirken im Bild besser, wenn der Vordergrund gefüllt ist und damit die Tiefenwirkung unterstützt wird. Auch ein Rahmen, Äste bieten sich an, hilft.

Das Sigma 1,2/24 mm DG HSM | Art ist ein Top-Objektiv, wie ihm viele sehr gute Testurteile bestätigen, und es macht Freude, in einer Weitwinkel-Landschaftsaufnahme einen Wald oder eine Wiese nicht nur als grüne, strukturierte Fläche zu sehen, sondern auch aus größerer Entfernung Blätter und Grashalme unterscheiden zu können. Dass es praktisch keine Probleme mit Verzeichnung gibt, scheint auf den ersten Blick bei Landschaftsaufnahmen nicht so wichtig zu sein – aber es ist schon schön, dass gerade gewachsene Bäume am Bildrand auch gerade ins Bild kommen. Und ein angenehmes Bokeh ist nie zu verachten!

 

Sigma Digitalkameras und der Foveon-Sensor

Sigma ist in erster Linie Objektivhersteller und nimmt besonders mit den Objektiven der ART-Serie eine Spitzenstellung ein. Aber es sind auch Kameras im Angebot – die DSLR-Kamera SD1 Merrill, die Kompaktkameras dp0 Quattro, dp1 Quattro, dp2 Quattro und dp3 Quattro, von denen jede mit einem APS-C-großen Sensor und einer fest eingebauten Festbrennweite ausgestattet ist, und die spiegellosen Systemkameras sd Quattro mit einem Sensor im APS-C-Format (Crop-Faktor 1,5x) und sd Quattro H mit einem Sensor im APS-H-Format (Crop-Faktor 1,3x.)

Bei den Sensoren handelt es sich immer um Foveon X3 Direktbildsensoren. Sie zeichnen das Bild in drei Schichten auf, von denen die obere die blauen, die mittlere Schicht die grünen und die untere die roten Helligkeitsinformationen aufzeichnet (wie es auch bei Farbnegativfilmen der Fall ist).

Durch den Schichtaufbau wird für jeden Bildpunkt die vollständige RGB-Farbinformation erfasst – im Gegensatz zu anderen Sensoren, wo für jeden Bildpunkt nur eine Farbinformation (blau oder grün oder rot) aufgezeichnet wird und die beiden anderen aus Nachbarpixeln errechnet (interpoliert) werden.

Dieser Schichtaufbau kommt nicht nur einer hervorragenden Farbtreue zugute, sondern auch der Detailtreue, weil es nicht passieren kann, dass durch Interpolation feinste Details „vernuschelt“ werden.

Zur hohen Detailtreue trägt bei den Foveon X3 Sensoren auch bei, dass die obere Schicht 4x so viele Pixel aufweist, wie jede der darunterliegenden. Feinste Strukturen werden dadurch noch besser erfasst.

Diesen Vorteilen der Foveon-Sensoren, die wir in einem Test auch noch zeigen werden, stehen zwei Nachteile gegenüber. Die Schichtsensoren sind nicht schnell und ISO-Werte jenseits der 400 sollte man meiden und wann immer es geht mit ISO 100 arbeiten.

Daraus folgt: Keine der Sigma Kameras ist ein Allrounder – aber wenn es um die Farbwiedergabe und das Auflösungsvermögen geht, sind sie ganz ganz vorne mit dabei. Die sd Quattro H, um die es in unserer kleinen Serie  geht, liegt in diesen Belangen (!) auf einer Höhe mit hochauflösenden Vollformatkameras wie der Canon EOS 5DS R.

 

Text und alle Bilder (c) Herbert Kaspar

 

Weiterführende Links

Die Sigma Art Objektive für Vollformatkameras in der Praxis