Jagen und Sammeln ist wohl eine große Leidenschaft in der Fotografie. Oft ist man sich gar nicht bewusst, dass man einen bestimmten Gegenstand oder ein wiederkehrendes Motiv immer wieder in Szene setzt. Wird man sich dessen bewusst, so lohnt es sich genauer hin zu schauen und sich der Motivation gewahr zu werden.

Beim Stöbern in meiner Fotosammlung fiel mir irgendwann auf, dass sich darin recht viele Bilder von Bäumen angehäuft hatten. Das Motiv “Baum” scheint eine unbewusste Wirkung auf mich zu haben. Ich fragte mich, was Bäume zu bedeuten haben und warum sie mir so gefallen. Sie haben eine ausgeprägte Symbolkraft. In Religionen oder Mythologien spielen sie eine wichtige Rolle. Der Baum des Lebens markiert zusammen mit dem Baum der Erkenntnis die Mitte des Gartens Eden. Es ist verboten von den Früchten des Baums des Lebens zu essen und der andere symbolisiert Gut und Böse. Die Weltesche “Yggdrasil” verkörpert in der nordischen Mythologie als Weltenbaum, in der Verlängerung der Erdachse, mit seiner übermächtigen Krone, den gesamten Kosmos. Das sind sehr starke Symbole.

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Die Äste dieser Weide scheinen eine Hand zu formen. Der Baum wächst in einem Park schräg über ein Gewässer. Eine Person fühlte sich vom Baum eingeladen, sich in dessen Geborgenheit Zeit zum Lesen zu nehmen.

Aber der Baum steht im Wechsel der Jahreszeiten unter anderem für Erwachen und Einschlafen. Im Frühjahr für Erneuerung und im Herbst für Rückzug. Bäume sind mit der Erde fest verbunden und wachsen aus ihr empor. Ihre tiefe Verbundenheit macht sie standfest und lässt sie schwierigen Umwelteinflüssen trotzen. Dabei sind sie durchaus sehr anpassungsfähig. Aus einer kleinen Frucht wächst über Jahre ein wahrer Baumriese. Bäume sind Orts treu und langlebig. Je nach Lebensalter stehen sie für Vitalität oder Vergänglichkeit. Als mir diese Symbole bewusst wurden, fing ich an Bäume zu suchen, um sie ganz bewusst bei stimmungsvollen Licht mit meiner Kamera abzubilden. Dabei vergegenwärtige ich mir die Symbolkraft in Gedanken und versuche diese durch handwerkliche Umsetzung hervorzuheben. Aber das ist nicht immer so einfach. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und genau das ist das Problem.

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Eine kleine Kiefer, scheinbar ganz allein. Ich isolierte den kleinen Sprößling ganz bewusst durch die Wahl des Bildausschnitts vom Rest der Umgebung. Das Hochformat, mit viel Raum nach oben, gibt dem Bäumchen Platz für Wachstum.

Oft stehen die Gesellen in Gruppen oder in einer unruhigen Umgebung. Sie dann freizustellen ist eine Herausforderung, die nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Daher ein paar Tipps, wie es gelingen kann.

Halten Sie Ausschau nach Bäumen, die allein stehen oder in kleinen Gruppen Mengenkontraste bilden. Häufig stören in der Entfernung weitere Objekte. Sie lassen sich abschwächen, indem man eine “steile Perspektive” und einen tiefen Kamerastandort wählt. Nahes kommt groß und dominant ins Bild,  was weiter weg ist, erscheint deutlich kleiner und Entferntes verschwindet hinterm Horizont. Ein Weitwinkelobjektiv unterstützt diese Wirkung und lässt ferne Dinge klein und unwichtig werden.

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Eine Weitwinkelbrennweite (hier 20mm) in Verbindung mit dem betonten Vordergrund, staucht den Mittelgrund und damit die Tiefe des Raumes. Ablenkende Objekte im Hintergrund werden dadurch minimiert. Der Baum links im Bild bildet mit der Gruppe rechts einen Mengenkontrast.

Das Licht spielt ja bekanntlich eine Schlüsselrolle in der Fotografie. Lassen sie sich auf keinen Fall davon abhalten, wenn draußen mal nicht die Sonne lacht. Bedecktes Wetter wirkt wie eine großflächige, diffuse Lichtquelle und ist eigentlich ein Geschenk. Mit einer mehr oder weniger starken Überbelichtung kann man Objekte in der Ferne abschwächen. Besonders, wenn noch Nebel oder Dunst in der Luft liegt. Auch Regenwolken können eine dramatische Umgebung für ein Baum-Bild darstellen.

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Hier verschleiert der Nebel zusätzlich den gesammten Hintergrund und lässt den Horizont nur noch erahnen. Das Gatter ist ein interessantes Objekt, um einen Größenkontrast herzustellen.

Ja, bei Sonnenschein macht es viel mehr Spaß, ich weiß. Aber das Licht ist dann hart und um die Mittagszeit nicht gerade schmeichelhaft. Besser sind da die Morgen- und Abendstunden. Ein Polfilter reduziert störende Lichtreflexe auf den Blättern eines Baumes und erwirkt eine differenzierte und satte Farbwiedergabe. Auch Gegenlichtaufnahmen haben nun ihren Reiz. Baumsilhouetten vor der untergehenden Sonne oder die Sonne, die gleißend durch das Blattwerk strahlt sind tolle Motive. Dabei treten schon mal Blendenflecken auf. Entweder korrigiert man die Perspektive, damit sie verschwinden oder man integriert sie in den Bildaufbau. Dabei dürfen sie dem eigentlichen Motiv aber auch keine Konkurrenz machen. Sie symbolisieren ihrerseits gleißendes Licht und können gedachte grafische Führungslinien bilden. Durch auf- oder abblenden können Blendenflecken abgeschwächt oder betont werden. Sie sind vom verwendeten Objektiv abhängig. Form und Anzahl der Blendenlammellen und Anzahl der Linsen sind hier die maßgeblichen Faktoren.

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Die Sonne hinter den Ästen platziert und durch den Morgendunst abgeschwächt, machte es möglich, den blühenden Apfelbaum als Silhouette mit genügend Durchzeichnung einzufangen.

Ein Baum muss nicht immer in seiner ganzen Größe und Pracht abgebildet werden. Der Betrachter weiß genau, wie ein Baum ausschaut. Sie können also auch durch eine geschickte Wahl des Bildausschnittes einen Baum aus seiner Umgebung isolieren. Was Sie ausgrenzen malt sich der Betrachter selber aus. Und zwar ohne störende Objekte, die in Wirklichkeit vom Motiv ablenken. Hier sind leichte Telebrennweiten interessant. Und lässt sich ein in der Ferne liegendes Objekt nicht ausschalten, so versuchen Sie es in den Bildaufbau einzubauen und einen Kontrast herzustellen.

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Ein gewagter Anschnitt kann das Hauptmotiv umso größer erscheinen lassen. Die Kirche am Horizont wird hier eingerahmt, wird durch die gezielte Überbelichtung jedoch weiter reduziert, um dem Baum das Feld zu überlassen.

Manche Bäume sind in ihrer Form sehr charakterstark. Sie scheinen dabei so etwas, wie eine Körpersprache zu haben. Oft sind sie aber schwierig aus ihrer Umgebung zu isolieren. Es lohnt sich in jedem Fall, so ein Motiv unter verschiedenen Bedingungen zu beobachten. Wetter, Jahres- und Tageszeit, sowie unterschiedliche Lichtverhältnisse machen es unter Umständen möglich, eine unwiederbringliche Komposition zu erstellen.

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Diesen kleinen Maronenbaum habe ich über zwei Jahre immer wieder aufgesucht. Ein nebliger Morgen machte es möglich, den Baum aus seiner Umgebung zu isolieren. Die Übebelichtung unterstützt dabei und erzeugt einen romantischen Schmelz in den Lichtern.

In einem Wald findet man – klar – sehr viele Bäume. Hier wird es fast unmöglich sein, einen einzelnen Baum zu isolieren. Stattdessen kann man sich aber wiederum auf Einzelheiten konzentrieren. Ein besonders geformter Stamm eines Baumes oder scheinbar unzählige gleiche Stämme. Die Wurzel, die sich in den Waldboden zu graben scheint. Eine Schnitzerei, die Liebende hinterlassen haben. Ein Nistkasten, der auf die Bewohner der Baumwelt Rückschlüsse zulässt. Bäume blühen und tragen Früchte, auch die sind es Wert genauer betrachtet zu werden. Aber das sind bereits Motive für eine weitere Geschichte.

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Dieser Baum trägt die Liebeserklärung zweier Menschen, wenn auch unfreiwillig.

Alle Fotos und Text: © Kai Kinghorst

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