Als ich gestern und heute Aufnahmen mit dem neuen Tamron SP 2.8/15-30 mm Di VC USD machte, hingen über zwei Kilogramm an meinem Sun Sniper-Gurt. Davon entfielen 956 g auf das Gehäuse der Canon EOS 5D Mark III und 1080 g auf das Tamron Superweitwinkelzoom (wenn mich meine Briefwaage nicht täuscht). Mit anderen Worten: Das Tamron ist ein wuchtiges Objektiv, das sehr gut zur bulligen EOS 5D Mark III passt und mit ihr zusammen sehr gut in der Hand liegt.
Allerdings ist die Kombination, um das vorweg zu nehmen, recht frontlastig, wenn man sie auf einem Stativ einsetzt. Das kann man mit einer langen Stativplatte mit Schwalbenschwanzführung (UniQ/C) ausgleichen und die Aufnahmeeinheit mit dem Schwerpunkt über den Kugelkopf bringen.
Typ
Das Tamron SP 2.8/15-30 mm Di VC USD ist ein Zoom für Vollformatkameras, das zunächst mit Canon- und Nikon-Anschluss geliefert wird. Es kann auch an den APS-Gehäusen von Canon und Nikon eingesetzt werden und bietet dann einen Bildwinkelbereich, der in etwa einen 24-45 mm [@KB] entspricht. Eine Sony-Variante für Kameras mit A-Bajonett soll folgen.
Mit seinem riesigen Bildwinkel von 110°32’ bei 15 mm und immer noch sehr weiten 71°35’ bei 30 mm ist das Zoom in der Landschafts- und Architekturfotografie bestens aufgehoben, Stadtlandschaften sind eine Spielwiese für das Tamron, es macht auch viele Aufnahmen in Innenräumen erst möglich (Stichwort: Hotelzimmer in Reiseprospekten 🙂 ) und natürlich lädt es zum Experimentieren mit der steilen Perspektive ein. Abgeblendet bringt es eine enorm große Schärfenzone, aber dank Lichtstärke 2,8 kann man auch mit selektiver Schärfe Aufnahmen machen.
Design und äußerer Aufbau
Das Zoom wirkt hochwertig, was den Eindruck erweckt, dass viel Metall verbaut ist – allerdings ist davon weder in der Pressemitteilung noch in den technischen Daten etwas zu lesen. Also wird vermutlich doch ein großer Anteil aus hochfestem Kunststoff gefertigt sein.
Man erfährt aber, dass das Objektiv gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt ist, und dass die Frontlinse, die sich weit nach vorn wölbt, mit einer speziellen Flurorine-Beschichtung versehen ist. Sie soll die Frontlinse unempfindlicher für Verschmutzungen machen und es einfacher machen, die Linse zu reinigen, vor die kein Filter gesetzt werden kann. Leider sind auch Hinterlinsenfilter nicht einzusetzen und auch eine Filterschublade fehlt.
Eine Segment-Streulichtblende ist aber eingebaut und macht, wie die ersten Bilder schon zeigen, einen guten Job. Nein – das war jetzt nicht ganz richtig. Es sind zwei Segment-Streulichtblenden vorhanden. Die zweite ist mit dem beweglichen Frontelement verbunden und bewegt sich mit diesem beim Zoomen zur kürzesten Brennweite innerhalb der äußeren, festen Streulichtblende nach vorn.
An der Streulichtblende ist das Objektiv mit einem Durchmesser von 98 mm am dicksten. Am Zoomring durchmisst der Tubus dann noch 88 mm, wird dann noch einmalminimal schlanker und verengt sich auf dem etwa letzten Zentimeter auf 66 mm.
Der Zoomring (28 mm breit) und der Fokussierring dahinter (14 mm breit) sind griffig mit geriffeltem Gummi belegt.
Der Zoomring könnte sich etwas leichter drehen lassen, ist aber in Ordnung. Die gewünschte Brennweite lässt sich exakt einstellen. Um zwischen längster und kürzester Brennweite zu wechseln genügt eine Drehung von nicht ganz 90°
Der Fokussierring könnte im Gegensatz dazu etwas straffer laufen. Er lässt sich weiterdrehen, auch wenn die Nahgrenze von 28 cm oder die Unendlich-Einstellung erreicht sind. Die Entfernung wird bei manuellen und automatischen Fokussieren in einem Fenster angezeigt.
Weder beim Zoomen noch beim Fokussieren ändert sich die Länge des Objektivs.
Auf der linken Seite sind zwei Schalter zu finden. Mit einem wechselt man zwischen automatischer und manueller Fokussierung, mit dem anderen schaltet man den Stabilisator ein und aus.
Innerer Aufbau
Für das 15-30 mm setzt Tamron auf ein aufwendiges Innenleben aus 18 Linsen in 13 Gruppen. Eine der Linsen ist in XGM-Technik ausgeführt und weist eine gepresste asphärische Oberfläche auf, die größer ist, als bei anderen gepressten Asphären. Dazu kommen Linsen aus LD-Glass (LD = Low Dispersion, geringer Zerstreuungsindex).
Fokussierung
Die automatische Scharfstellung funktionierte an der Canon EOS 5D Mark III schnell und sehr leise, da das Zoom mit einem Ultraschallmotor ausgestattet ist. In den allermeisten Fällen „stand die Schärfe“. Nur in einigen wenigen Fällen waren die Ergebnisse trotz Rückmeldung der erfolgten Fokussierung aber minimal daneben und die Bilder wirkten ein klein wenig schwammig.
Stabilisator
Der eingebaute Stabilisator, der bei der Sony-Variante fehlen wird, ermöglichte mir bei 30 mm Brennweite unverwackelte Aufnahmen mit 1/4 Sek., bei 1/2 Sek. lag die Ausbeute brauchbarer Aufnahmen bei rund 40% und sie kann bei Fotografen mit ruhigerer Hand natürlich viel höher liegen.
Abbildungsleistung an einer Canon EOS 5D Mark III
Auflösung und Kontrast. In der Bildmitte ist bei keiner Blende und keiner Brennweite etwas auszusetzen und auch der Abfall zum Bildrand und den Bildecken ist im gesamten Brennweitenbereich bei Blende 2,8 und 4 gering, wenn er motivabhängig überhaupt zu sehen ist. Abblenden auf 5,6 bringt die Leistung am Bildrand dann fast auf das Level der Bildmitte. Bei vielen Motiven in der Natur, die nicht ganz eben sind, fällt dieser Unterschied zwischen Mitte und Rand nicht ins Gewicht.
Vignettierung spielt eine Rolle, wie bei einem Objektiv mit diesem Brennweitenbereich nicht anders zu erwarten.
Aber auch bei Bildern mit blauem Himmel bis in die Ecken ist die Abdunklung bei 15 mm und Blende 2,8 mit rund -1,5 EV zwar zu sehen, aber leicht zu korrigieren. Bei vielen anderen Motiven fällt sie nicht auf. Beim Abblenden auf 5,6 verschwindet die Abdunklung auch bei kritischen Motiven fast ganz. Bei den längeren Brennweiten sind die Probleme noch geringer. Das gilt für Vollformataufnahmen! Bei Aufnahmen mit einer Kamera mit APS-Sensor sollte Vignettierung gar kein Problem sein (wir werden das noch überprüfen).
Verzeichnung
Tonnenförmig bei 15 mm Brennweite …,
dann abnehmend …
und ab etwa 22 mm kissenförmig, aber nicht so ausgeprägt, wie die Tonne. Im Zuge der Bildbearbeitung lassen sich die Verzeichnungen gut korrigieren.
Chromatische Aberration war bei den ersten Aufnahmen so gut wie gar nicht festzustellen. Nur bei sehr genauem Hinschauen sind in 100-%-Bildern auf dem Bildschirm bei der kürzeren Brennweite hin und wieder sehr schmale Farbsäume zu sehen (Breite ca. 1/2 Pixel).
Reflexe Es wurden bisher einige Bilder mit der Sonne im Bildfeld …
am Rand des Bildfeldes und …
knapp außerhalb des Bildfeldes gemacht, aber es war nur einmal ein deutlicher, aber kleiner Reflex zu entdecken und kein einziges Mal störende Überstrahlungen.
Bokeh Es mag merkwürdig erscheinen, bei einem Superweitwinkelzoom die Hintergrundunschärfe zu beurteilen, aber wenn man geringe Aufnahmeentfernungen wählt, kann man sogar mit Blende 5,6 oder 8 einen unscharfen Hintergrund erzielen, der beim 15-30 mm angenehm ruhig wirkt und schöne, fast runde Lichtscheibchen zeigt.
Alles in allem
ist das Tamron SP 2.8/15-30 mm Di VC USD ein hervorragendes Zoom in der Superweitwinkel-Vollformat-Klasse, das als einziges eine durchgehend hohe Lichtstärke von 1:2,8 mit einem Stabilisator kombiniert. Die kleinen Schwächen, die es sich leistet (insbesondere die Verzeichnung) sind, wenn sie auffallen, gut zu korrigieren. Das heißt, dass das Tamron eine hervorragende Wahl ist – aber leider zu einem nicht gerade niedrigen Preis, auch wenn die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) von 1699,- € inzwischen deutlich unterboten wird.
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS
Verfügbarkeit / Preis
Lieferbar / 1699,- € UVP
Sie interessieren sich für das Tamron SP 2.8/15-30 mm Di VC USD?
Hier gibt es das Objektiv mit Canon-Anschluss. (Stand 10.5.2015)
Hier gibt es das Objektiv mit Nikon-Anschluss. (Stand 10.5.2015)
Text und alle Bilder (wenn nicht anders angegeben): © Herbert Kaspar
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Alle Praxisbilder: (c) Herbert Kaspar
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