Dass manche Bilder besser wirken als andere, liegt oft an einem geplanten Bildaufbau, dem schon bei der Aufnahme Aufmerksamkeit geschenkt wurde. In einer kleinen Serie schauen wir, welche Grundregeln für einen guten Bildaufbau beherzigt – oder auch einmal über den Haufen geworfen werden sollten. Wir haben uns in den letzten drei Ausgaben mit horizontalen, vertikalen und diagonalen Bildlinien beschäftigt und in der vierten die Bildgestaltung über die Zentralperspektive dazu genommen.
Mit dieser Folge verlassen wir das eigentliche Thema “Linien” und beschäftigen uns mit der Bildgestaltung durch das Einrahmen des Hauptmotivs mit Hilfe anderer Bildelemente.
Falls Sie zuerst die vorherigen Folgen lesen möchten :
Teil 1 – Vertikale und horizontale Linien bei zweidimensionalen Motiven
Teil 2 – Vertikale und horizontale Linien bei dreidimensionalen Motiven
Teil 3 – Diagonale Linien
Teil 4 – Zentralperspektive
Wenn Sie diese 5 Folgen mit den wirklich grundlegenden Gestaltungs-Basics gelesen haben und (ganz wichtig !!!) immer wieder üben, werden Sie ganz zwangsläufig in Zukunft deutlich bessere Fotos machen. Sollten Sie dann irgendwann so weit sein, dass Sie Ihre Motive im Sucher ganz automatisch und ohne zu überlegen perfekt einrichten, werden Sie überhaupt keine unausgewogenen Fotos mehr machen, … denn Sie drücken bei nicht optimalen Motiven dann gar nicht mehr auf den Auslöser.
Regelmäßig werden zu unseren Wettbewerben Bilder eingereicht, bei denen nur ein Hauptmotiv zu sehen ist und sonst nichts. Häufig sind diese auch noch mittig angeordnet (was aber meist nur im Falle einer sauberen und passenden Zentralperspektive o.k. ist) und oft auch sehr eng um das Motiv herum beschnitten. Die Bilder sehen dann meist ungefähr so aus, wie in Bild 2 gezeigt ist.
Ich habe keine Idee, warum, aber die meisten Bilder dieser Art kommen zu Themenwettbewerben, besonders beliebt sind sie anscheinend beim Thema „Architektur“.
Ich zeige nachfolgend mal ein paar Beispiele, bei denen man vorhandene Elemente, die sich im Umfeld des Fotografen befinden, benutzen kann, um seinen Hauptmotiven einen natürlichen und unaufdringlichen Rahmen zu geben. Dadurch wird das Motiv gestalterisch interessanter und das Haupt-Objekt bekommt einen direkten Bezug zu seiner Umgebung.
Bild 3 zeigt das Schlosshotel in Ralswiek auf Rügen, es steht direkt hinter dem Gelände, auf dem im Sommer „open air“ die Störtebeker-Festspiele gezeigt werden. Bei dieser Aufnahme stand ich so gut wie zentral vor dem Schloss, das Ergebnis hat daher einen eher dokumentarischen Charakter.
Ich habe darauf hin ein paar Schritte nach links gemacht und ein paar Äste von Nadelbäumen als natürlichen Rahmen dazugenommen, siehe Bild 4.
Das finde ich schon mal interessanter, gehe aber noch einige Schritte weiter nach links, fotografiere weitwinkeliger und bette das Schloss richtig in das Blattwerk eines Laubbaumes ein. Ganz wichtig ist dabei, dass Blattwerk und Schloss sich nicht berühren bzw. überschneiden. So entsteht Bild 5, das ohne viel Aufwand sehr viel spannender wirkt als Bild 3.
Ein sehr ähnliches Beispiel, bei dem Blattwerk als Rahmen benutzt wird, zeigen die Bilder 6 und 7. Fotografiert wurde am Hammershus im Norden der dänischen Ostseeinsel Bornholm. Bild 6 wirkt allein schon aufgrund der tollen Location,…
…aber richtig dramatisch ist erst Bild 7 durch die Einrahmung der Burg mit dem Baum.
Eine etwas maritimere Variante sieht man in Bild 8 und 9 fotografiert auf der Kanareninsel La Palma. Bild 8 ist nicht gerade spannend, es könnte auch einen Hafen in nördlichen Gefilden zeigen.
Erst die Einrahmung durch das Palmenblatt und den Stamm in Bild 9 zeigen deutlich, dass sich die Schiffe in südlichen Gefilden befinden, und schafft zusätzlich noch einen deutlich interessanteren Bildaufbau. Ein bisschen “pimp-my-look” macht das Foto dann auch noch ein bisschen sommerlicher… 😉
Es muss natürlich nicht immer Blattwerk sein, um ein Hauptmotiv einzurahmen. Das Boot aus Bild 10, fotografiert in Teglkaes auf Bornholm,…
…habe ich mit zwei schwarzen Schuppen eingerahmt und ihm damit einen grafisch klar definierten Rahmen gegeben, siehe Bild 11.
Die malerische Bucht von Tazacorte auf La Palma ist eigentlich mit ihren bunten Häusern für sich allein schon ein tolles Fotomotiv, siehe Bild 12, das Motiv wirkt aber unsgesamt etwas langweilig.
Ich habe mich daher bei Bild 13 zwischen die Gesteins-Quader der Mole gelegt und diese als Vordergrund für die Bucht benutzt. Auch hier ergibt sich dadurch eine sehr natürliche Einrahmung und ein Bezug zur Umgebung des Dorfes.
Nur ein paar Meter von diesem Aufnahmestandpunkt entfernt habe ich bei Aufnahme 14 gestanden, in einer arkadenartigen tiefen Ausbuchtung in der Mole. So wirklich gut hat es hier nicht gerade gerochen,… aber für gute Fotos muss man halt auch mal Opfer bringen. 😉
Generell erzielt man bei dieser Art Fotos mit einem Weitwinkelobjektiv meist bessere Ergebnisse als mit Tele-Objektiven. Eine längere Brennweite zieht die unterschiedlichen Bildebenen mehr zusammen, während eine kürzere Brennweite mehr Umfeld, mit dem sich dann der Bildaufbau gestalten lässt, in das Bild bringt. Bild 1 wurde beispielsweise mit 300 mm[@KB] aufgenommen, Bild 15 dagegen mit 26 mm [@KB] an einer Vollformat-Kamera fotografiert.
Text und alle Bilder: © Ralf Wilken
Ralf. Super beschrieben. 🙂 Nehm ich was von mit. Lg volker
Hallo,
ich finde diese Lehrreihe sehr ansprechend und gut. Gleichwohl tue ich mit den Bilder 13 und 14 etwas schwer: Das Hauptmotiv nimmt nur noch einen geringen Teil der Fläche. Für mich als Betrachter sind die bunten Häuser in der Bucht von Tazacorte kaum noch zu erkennen.
Gruß
Holger
Hallo, die Prinzipien der Bildgestaltung sind gut aufgezeigt, das macht man dann eigentlich auch automatisch so. Man muss aber auch Ausnahmen sehen und nutzen: bei Bild 10 liegt die Linie zwischen dkl-rotem und weissem Anstrich genau parallel zum Horizont – hier etwas tiefer gehen, und es wird genau in Linie gebracht, den Bildausschnitt noch etwas optimieren, um die grafische Wirkung zu verstärken.
Gruß, heiner