Nacht-Landschaften
Nachdem ich bereits viel Nachtaufnahme-Erfahrungen in der Stadt gesammelt hatte, wollte ich herausfinden, wie Bilder bei noch weniger Licht gelingen können. So nahm ich mir vor Landschaften bei Nacht abzulichten. Ich wollte Bilder machen, in denen die Sterne einen Bewegungskontrast zur statischen Landschaft bilden.
Nachts gibt es natürlich für Fotografen ein generelles Problem: Es ist dunkel. Das führte dazu, dass ich zunächst kaum Motive sah. Ich musste sie mir bei Tag anschauen und überlegen, wie sie nachts wirken könnten. Dazu ist eine gewisse Vorstellungskraft nötig, die sich durch häufiges Training immer mehr ausgeprägt. Für einen bewegten Sternenhimmel machte ich mir auch Gedanken über die Rotationsrichtung und dessen Auswirkung auf die Bildkomposition. Bei meinen ersten Versuchen stellte ich schnell fest, dass das nicht reichte. Auch Kamerastandpunkt und Perspektive wollten vorher gut durchdacht und gegebenenfalls bei Tag ausprobiert werden. Das führte unweigerlich zu sehr überlegten Bildkompositionen, zumal ich auch nicht mehrere Bilder in einer Nacht aufnehmen konnte. Mitunter hatte ich Belichtungszeiten von 16 Minuten und anschließender Dunkelbilderstellung von derselben Zeit.
Dunkelbild
Bei elektronischen Bildsensoren entsteht ein Großteil des Rauschen durch den Dunkelstrom. Ein Dunkelbild (engl. Darkframe) wird bei gleicher Belichtungszeit und Betriebstemperatur wie das zuvor gemachte Bild aufgenommen, allerdings mit geschlossenem Kameraverschluss. Es erfasst auf diese Weise den während der Belichtungszeit aufgelaufenen Dunkelstrom und wird von der eigentlichen Aufnahme „abgezogen“. Die Dunkelbildaufnahme wird bei den meisten Kameras mit der Funktion „Rauschreduzierung“ aktiviert. Die dadurch entstehende Wiederaufnahmeverzögerungszeit wird aber erst bei recht langen Belichtungszeiten deutlich. Im Serienbildmodus ist diese Funktion abgeschaltet, um die Bildaufnahmefrequenz zu steigern. Um wirklich deutliche Sternspuren aufnehmen zu können, kann man die Serienbildfunktion nutzen und eine deutlich längere, effektive Belichtungszeit erreichen, ohne dass es zu Überbelichtungen führt. Die sogenannten Startrails lassen sich mit gleichnamigen Freeware-Programm vom Hobby-Astronom Achim Schaller sehr leicht zu einem Bild zusammenrechnen. Um das Rauschen zu dezimieren ist bei dieser Technik ein zuvor oder hinter der Serie erstelltes Dunkelbild mit gleichen Einstellparametern ratsam.
Licht ins Dunkel bringen
Richtig „spaßig“ wird die Nachtfotografie, wenn man bestimmte Motivteile ausleuchtet. Dazu kann man entkoppelte oder ferngesteuerte Blitzgeräte oder leistungsfähige Taschenlampen nutzen. Man muss allerdings ein paar Dinge beachten. Helle Objekte dürfen nicht zu lange angestrahlt werden, sonst werden sie schnell überbelichtet. Dasselbe trifft auf die Entfernungen der auszuleuchtenden Motivteile zu. Je näher sie am Kamerastandpunkt sind, desto weniger dürfen sie angestrahlt werden. Ist im Winter Schnee gefallen und reichlich im Motiv vorhanden, so muss die Ausleuchtung sehr sparsam erfolgen. Meistens komme ich mit Zeiten zwischen ein und zwei Minuten Ausleuchtung aus. Dabei setze ich Akzente mit dem Spot und / oder fahre die Objekte mit einem breit gefächerten Strahl mehrmals, mit möglichst gleichmäßiger Lichtverteilung ab.
Weiter ist noch zu bedenken, dass ein frontal angestrahltes Motiv eher flach wirkt. Es ist besser eine seitliche Beleuchtung vorzunehmen oder von mehreren Seiten. Wie häufig, in welcher Geschwindigkeit und wie lange die Ausleuchtung erfolgen muss, kann man mit einer Testaufnahme ausprobieren. Am Anfang fällt es sicher schwer und man braucht eine gute Portion Geduld und Ausdauer aber nach ein paar Versuchen wird es immer besser klappen und dann kommen ständig neue Ideen hinzu. Auf diese Weise entstehen komplexe, sehr überlegte Bildkompositionen, die auf Betrachter sehr ungewöhnlich wirken.
Technik
Um im Langzeitbelichtungsmodus, also in der sogenannten Bulb-Stellung zu fotografieren, ist ein Fernauslöser nötig. Es gibt sie in unterschiedlichen Ausführungen und mit zahlreichen Funktionen, wie zum Beispiel den Möglichkeiten der Serien- oder Intervallprogrammierung oder auch für automatisierten Belichtungsreihen. Welcher Fernauslöser zu welcher Kamera passt lässt sich durch einen Blick ins Handbuch klären. Fremdgeräte bieten meistens umfangreichere Funktionen, hier sollte man im Internet Erfahrungen anderer Nutzer recherchieren, um das für die eigenen Vorstellungen passende Zubehör zu finden.
Wer über eine Olympus-Kamera mit der Live-Bulb-Funktion verfügt, ist bei dieser Aufnahmetechnik klar im Vorteil, weil sich das Ergebnis bei der Aufnahme kontrollieren und künstliches Licht so viel genauer verteilen lässt. Die Olympus OM-D E-M10 verfügt zudem noch über den Live-Composite-Modus, dass im Prinzip wie das Startrails-Programm funktioniert und sich somit prima für Sternspuren oder Lichtmalereien eignet.
Copyright Fotos und Text: © Kai Kinghorst
Hallo Kai,
vielen Dank für diesen interessanten Beitrag zur Nachtfotografie.
Eine Frage noch zum Dunkelbild. Legt die Kamera intern das Dunkelbild zur Verrechnung auch über das RAW oder nur über das von der internen jpg-engine erzeugte JPG?
Wenn sie das auch mit dem RAW verrechnet, wäre ja mal wieder ein Blick in die mit der Kamera mitgelieferten Software nötig. Habe ich bisher nicht benutzt.
LG Garcia
Hallo Garcia,
das Dunkelbild wird bei Langzeitbelichtungen von der Kamera automatisch mit geschlossenem Verschluss aufgenommen, wenn die Rauschunterdrückung aktiviert ist. Egal ob man RAW oder JPG speichert. Das Dunkelbild wird gleich mit der Aufnahme verrechnet, was die effektive Belichtungszeit verdoppelt. Im Serienbildmodus ist die Rauschunterdrückung abgeschaltet, das ist wichtig zu beachten, wenn man Startrails machen möchte. Denn dann muss man das Dunkelbild separat mit abgedecktem Objektiv machen.
Ich hatte dahingehend im Kamera-Handbuch keine tiefer gehenden Erklärungen gefunden. Ein Anruf beim Hersteller-Service brachte mich aber weiter. Die unterschiedlichen Kamerahersteller verfahren mit dem Dunkelbild auch etwas unterschiedlich. Das hängt wohl auch mit der Rauschempfindlichkeit des jeweils verbauten Sensors ab.
Ich hoffe das hilft Dir weiter. Ein wenig mehr zur technischen Erklärung findest Du auf wikipedia.org unter “Bildsensorkalibrierung”.
Viele Grüße Kai
Vielen Dank Kai für Deine besondere Mühe, auch noch den Hersteller kontaktet zu haben. Auf Grund Deiner Ausführungen werde ich einfach mal ein paar Testaufnahmen ”mit und ohne” anfertigen. Dann müssten ja auch im Rohbild Unterschiede zu sehen sein.
Liebe Grüße
Garcia
Bin gerade dabei nach langer Zeit wieder ins Fotografier-Hobby einzusteigen und bin für Motivanregungen samt zugehöriger Technik dankbar. Gute Aufnahmen sind Dir da gelungen. 🙂
Zusätzlich zur klassischen Langzeitaufnahme nachts gibt es die HDR-Technik, die unterschiedlich belichtete Aufnahmen digital zusammenführt. Hier ein Hobby-Kollege, der die Welt nachts im Ruhrgebiet eingefangen hat. Laß die Fotos mal auf Dich wirken. http://www.nachtzeichen.de
Gleichzeitig entwickelt er gerade eine CI-konforme Version seines HDR-Knechts, der das Aufnehmen von Mehrfachbelichtungen deutlich vereinfacht. http://www.nachtzeichen.de/styled-4/styled-27
Grüße
Rüdiger