Dass manche Bilder besser wirken als andere, liegt oft an einem geplanten Bildaufbau, dem schon bei der Aufnahme Aufmerksamkeit geschenkt wurde. In einer kleinen Serie schauen wir, welche Grundregeln für einen guten Bildaufbau beherzigt – oder auch einmal über den Haufen geworfen werden sollten. Los geht es mit den Linien im Bild und wo man sie platziert.
„Das Fundament ist die Grundlage der Basis“. Was vom Sinn her natürlich erstmal nach völligem Blödsinn klingt, passt hervorragend zum Thema Bildgestaltung, der wir uns von den Linien im Bild nähern.
In dem Moment, in dem noch kein Foto auf dem Chip gelandet ist, sollte sie im Kopf des Fotografen bereits da sein: die Bildaufteilung bzw. die Bildgeometrie. Sie ist die unverzichtbare Basis für ein gelungenes Foto, vollkommen unabhängig von Farbe, Tonwertumfang, Kontrast, Schärfe und sonstigen Faktoren.
Bei den bisherigen d-pixx-Fotoworkshops war dieses Thema in der Theorie und der dazugehörigen praktischen Übung im Freien daher immer zentraler Inhalt des ersten Abends. Wir bekamen bei dieser praktischen Umsetzung häufig erstaunliche Ergebnisse zu sehen,… so banal das Thema auch zuerst klingen mag.
Dazu tauchen in der entsprechenden Literatur generell immer die Begriffe „Goldener Schnitt“ und „Drittel-Regel“ auf. Für die Bildwirkung ist es ziemlich wurscht, wie sich der goldene Schnitt berechnet (wer es dennoch wissen möchte, kann es nachlesen in d-pixx 1/2011, Seite 75, und bei der Drittel-Regel ist das ja nicht wirklich kompliziert).
Wer immer wieder trainiert, sein Motiv beim Blick durch den Sucher automatisch ungefähr nach diesen Regeln aufzuteilen, also wichtige Linien im Motiv ganz grob auf die horizontalen/vertikalen Linien und wichtige Bildpunkte auf deren Schnittpunkte zu legen, wird ganz automatisch bessere Fotos von der Fototour mit nach Hause bringen. Das muss wirklich nicht haargenau sein … wichtig ist, dass man sein Motiv, ohne großartig darüber nachzudenken, automatisch harmonisch im Sucher einrichtet. Wenn man diese Basics wirklich verinnerlicht hat, kann man gerne darüber nachdenken, diesen Pfad auch ganz bewusst zu verlassen und sein Foto mutiger, ausgefallener und damit spannender einzurichten. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist das Siegerbild aus d-pixx 3/2014 von Angelina Heer, bei der der Horizont ganz bewusst extrem weit unten im Bild platziert wurde.
Zur perfekten Bildgestaltung gehört auch, dass man sich für das Einrichten des Motivs im Sucher ausreichend Zeit lässt, das erzähle ich den Teilnehmern unserer Workshops immer innerhalb der ersten halben Stunde. Wenn man nach dem Motto „Ich halte 10mal drauf, wird schon was dabei sein!“ fotografiert, wird man nur durch Zufall mal ein gutes Foto machen. (Schnappschüsse mal ausgenommen).
Am ersten Abend unserer Workshops (die Nachberichte sind auch hier auf www.d-pixx.de zu sehen) ziehen wir nach einer kurzen Präsentation, in der ich Bilder aus meinem Archiv wie die Fotos 1, 2 und 3 zeige, eine knappe Stunde um die Häuser um Bilder zu schießen, die, wie meine Beispiele, streng geometrisch aufgeteilt sein und ganz einfache zweidimensionale Arrangements zeigen sollen.
Meist sind die Teilnehmer dann bei der späteren Bildbesprechung erstaunt, wie gut viele der Bilder aussehen … und das nur, weil sie mit etwas Zeit und Überlegung im Sucher, oder natürlich auch auf dem Rückwandmonitor, gestaltet wurden.
Wenn man bei Bild 1 mal wohlwollend davon ausgeht, dass die Treppe hinter dem Geländer nur sehr schmal, die Regenrinne in Bild 2 sehr flach, und der Einfüllstutzen der „Saugstelle“ in Bild 3 nur geringfügig tief ist, gehören zu dieser ersten Übungsgruppe ausschließlich Bilder, die keinerlei Räumlichkeit bzw. Bildtiefe mit sich bringen. Hier wurde also wirklich nur zweidimensional gestaltet.
Bild 4 bis 6 führen bereits einen kleinen Schritt weiter. Zwar haben wir hier noch lange nicht die Bildtiefe eines Landschaftsfotos, wir befinden uns mit diesen Bildern jetzt aber bereits im dreidimensionalen Raum.
So banal es klingen mag: Schnappen Sie sich gelegentlich die Kamera und üben Sie an jeder Ecke, Bilder nach diesem Schema zu gestalten. Innerhalb kürzester Zeit wird sich Ihre Bildprache positiv verändern. Natürlich ist, um eine bestimmte Bildgeometrie zu erreichen, auch die intensive Bearbeitung eines Fotos vollkommen legitim. Der Rohschuss von Bild 6 (siehe unten) sah noch etwas anders aus, als das finale Wettbewerbsbild. Hier habe ich genau das per Photoshop optimiert, was die Location selbst nicht hergab. Die wichtigste Modifikation war dabei das punktgenaue Versetzen der Lampe.
Im nächsten Teil werden wir die hier gelernten Basics ausweiten. Stay tuned !!!
Ralf Wilken
Copyright aller hier gezeigten Fotos/Texte : © by Ralf Wilken
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Eure Reihe “Linien suchen…” hat mir sehr gut gefallen. Auch wenn Sie recht kurz war, hat sie mir beim letzten Kurzurlaub wirklich gute Dienste geleistet. Ich bin sehr zufrieden mit meinen Bildern. Danke!
Hi Michael,
schön, dass Dich die “basicsten Basics” anscheinend weiter gebracht haben,… genau so war es gedacht.
Zwei Folgen habe ich noch in petto,… stay tuned !!!
LG, Ralf
[…] Sie die erste Folge lesen möchten, klicken Sie bitte hier. Teil zwei finden Sie hier. Und ein Klick hier bringt Sie zu Folge […]
[…] Teil 1 – vertikale und horizontale Linien bei zweidimensionalen Motiven Teil 2 – vertikale und horizontale Linien bei dreidimensionalen Motiven Teil 3 – Diagonale Linien Teil 4 – Zentralperspektive […]