Landschaftsfotografie hat etwas Beruhigendes, wenn nicht gerade ziehende Wolken für schnell wechselnde Lichtverhältnisse sorgen. Aber in der Regel kann man das Motiv in aller Ruhe im Sucher oder auf dem Rückwandmonitor komponieren. Worauf sollte man dabei achten? Wir geben Tipps.
In der dritten Juniwoche besuchten wir mal wieder Sankt Peter-Ording. Mit dem etwas komplizierten vierteiligen Ort (Ording – Bad – Dorf – Böhl) verbinden uns zum einen die schönen Erinnerungen an zwei Workshops, die uns nicht nur Teilnehmer, sondern auch Freunde brachten. Die anderen Erinnerungen sind: dunkle Wolken, Wind, stürmischer Wind, sehr stürmischer Wind, Regen, Sand, der in Knöchelhöhe über die Kilometer langen Strände fegt … mit anderen Worten: Schietwetter über einer unglaublich schönen Location. Um gerecht zu sein: Wir hatten auch tolles Wetter in SPO.
Wie fast nicht anders zu erwarten, empfingen uns auch dieses Mal dunkle Wolken und heftiger Wind, die erst nach zwei Tagen von blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen abgelöst wurden. Trotzdem waren wir natürlich unterwegs, um a) ein bisschen auszuspannen, b) Aufnahmen mit unterschiedlichen Kameras und Objektiven für Praxistests zu machen und c) ein paar Bilder für den anstehenden Schwerpunkt in d-pixx 4/2014 „Landschaftsfotografie“ zu sammeln. Hier ein kleiner Vorgeschmack in Form von drei essentiellen Tipps für Landschaftsbilder.
Ein wesentlicher Bestandteil von Landschaftsbildern, zu denen an Orten wie SPO natürlich auch Bilder vom Meer zählen, ist der Horizont. Auf Wikipedia kann man eine ganze Abhandlung über verschiedene Arten des Horizontes nachlesen, aber uns kommt es nur darauf an, dass der Horizont für Fotografen eine waagrecht verlaufende, gerade Linie ist. In einer Ebene, an oder auf der See sieht man das sofort, in hügeligen Landschaften oder im Gebirge umspielen auf- und absteigende Strukturen die Horizontlinie, die aber auch hier eine waagrechte Gerade ist.
Nebenbei bemerkt: Zeigt sich die Horizontlinie am oberen Bildrand nach oben gekrümmt, hat das nichts damit zu tun, dass die Erde eine Kugel ist, sondern ist eine Folge der tonnenförmigen Verzeichnung des Objektivs … Anders beim Live-Blick aus der Raumstation ISS. Dort zeigen die Bilder, wenn die Übertragung nicht gerade unterbrochen ist oder die ISS über Nachtseite der Erde jagt, oft die Erdkrümmung.
Es ist also wichtig, den Horizont waagrecht ins Bild zu bringen. Viele Kameras helfen mit, indem sie eine elektronische Wasserwaage im Sucher und/oder auf dem Rückwandmonitor anzeigen. Pentax hat sogar den Monitor drehbar gelagert, um eine Schräglage der Kamera im Bereich von +- 1° automatisch auszugleichen.
Wenn es aber trotzdem passiert ist, und „das Wasser aus dem Bild läuft“, ist es ein Unding, den Horizont schräg zu lassen.
Besonders gut gelingt die Korrektur, wenn die Bildbearbeitungssoftware ein Werkzeug zur Verfügung stellt, mit dem man eine Linie im Bild markiert, die eigentlich waagrecht verlaufen soll, und das danach die Korrektur automatisch durchführt. Das ist z. B. bei Adobe Photoshop Elements der Fall, das gerade in Version 12 auf dem Markt ist. Nach jeder Drehung muss das Bild neu beschnitten werden, was einen gewissen Verlust an Fläche mit sich bringt.
Wenn man den Beschnitt manuell durchführt, kann man gleich noch den Bildausschnitt neu bestimmen und den Horizont z. B. auf eine der waagrechten Drittellinien setzen. Zum Zuschneiden gleich noch mehr.
Aber man kann das Zuschneiden auch dem Bildbearbeitungsprogramm überlassen, das den Rand entfernt. In PSE 12 heißt das “Hintergrund entfernen”.
Ob man die Farbigkeit des Bildes danach noch ein bisschen ändert, etwa das Meer etwas dunkler macht, ist Geschmackssache.
Gerade die schier endlosen Sandstrände vor den Ortsteilen von Sankt Peter-Ording, wo man auch die typischen Pfahlbauten findet, machen es nötig, die empfundene Weite so ins Bild zu bringen, dass der Betrachter sie auch spürt. Nur Sand unten und Himmel oben können dieses Gefühl nicht vermitteln. Da ist es dann sehr praktisch, wenn Spuren im Sand Linien ins Bild bringen, die das Auge des Betrachters in die Tiefe führen.
Man kann schon bei der Aufnahme darauf achten, dass eine der Spuren in einer Bildecke entspringt, man kann das aber auch später durch entsprechendes Beschneiden des Bildes im Bildbearbeitungsprogramm herbeiführen.
Dabei sollte man immer im Hinterkopf haben, dass die Zeiten des Diapositivs vorbei sind. Sprich: Man ist nicht auf das Seitenverhältnis festgelegt, das vom Filmstück vorgegeben wird, sondern kann experimentieren. In unserem Beispiel kann man in einem schlanken Hochformat beide Spuren aus je einer Bildecke kommen lassen oder ihre Ursprünge in einem Quadrat auf die Punkte legen, wo die senkrechten Drittellinien den Bildrand schneiden.
Das eine Bild wirkt dann dynamischer, das andere ruhig und ausgewogen.
Auch dann, wenn in einem Landschaftsbild ein Objekt im Vordergrund zu sehen ist, dessen Größe der Betrachter einschätzen kann, wird die Tiefenausdehnung für ihn nachvollziehbar. Dabei ist aber darauf zu achten …,
dass die Oberkante des Objekts nicht mit dem Horizont abschließt …
… sondern ihn überragt …
… oder deutlich tiefer liegt.
Darauf muss schon bei der Aufnahme geachtet werden, indem man die Kamera nach oben oder unten neigt oder in die Knie geht. Um von unten nach oben zu fotografieren, sind Live-View und bewegliche Rückwandmonitore eine gute Hilfe, die aber immer noch nicht von allen Kameras geboten werden.
Wenn übrigens der Horizont und das Objekt im Vordergrund um die waagrechte Ausrichtung im Bild konkurrieren, gewinnt immer der Horizont!
Wenn bei solchen Aufnahmen viel Himmel ins Bild kommt, ist eine knappere Belichtung (Korrektur zwischen -0,3 und -1 EV) anzuraten. Die Struktur von Wolken bleibt dann im Bild erhalten. Eventuell zu dunkle Elemente im Vordergrund lassen sich gut aufhellen.
Sollten dennoch einige Partien im Himmel ausgefressen sein, ist eine Bildbearbeitungssoftware mit Ebenenfunktion sehr praktisch. Man legt eine leere Ebene über das Bild und füllt sie mit einem hellen Farbton, den man vorher mit der Pipette aus den Wolken übernommen hat. Dann kombiniert man die Ebenen mit der Vorgabe „dunklere Farbe“. Die ausgefressenen Partien sind nun verschwunden. Das Ergebnis lässt sich dann mit dem Deckkraftregler verfeinern, damit das Bild nach der Korrektur natürlich wirkt.
Mehr Tipps zur Landschaftsfotografie finden Sie in d-pixx 4/2014, die am 9. August an die Kioske kommt. Sollte es mit dem Termin nicht klappen, weil wieder einmal in letzter Minute neue Produkte vorgestellt werden oder in der Redaktion auftauchen, geben wir das hier auf der Homepage bekannt.
Alle Fotos: (c) Herbert Kaspar
Tipps mit denen was anzufangen ist! Danke!