Vielen aus der Generation iPhone wird die Nikon Df mit ihren vielen Einstellrädern überfrachtet vorkommen – wer dagegen, wie ich, der Generation „Meine-Erste-war-eine-Praktica“ angehört, wird in Erinnerungen an die 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts schwelgen und sich mit dieser Kamera sofort wohlfühlen. Neben der etwas kantigen Form des Gehäuses (auf den angedeuteten Handgriff hätte man konsequenterweise verzichten sollen, auch wenn er in der Praxis durchaus hilfreich ist) ist es besonders die Oberseite der Df, die allen nostalgisch Angehauchten gefallen wird.
Links von der Gehäusekappe, die Erinnerungen an Kameras wie die Nikon FA weckt, findet man ein großes und ein kleines Einstellrad, die übereinander angeordnet sind. Am unteren werden die Empfindlichkeiten im regulären Bereich von ISO 100 bis 12800 eingestellt. Er wird durch die Einstellungen L1 und H1 – H4 erweitert, so dass insgesamt Empfindlichkeiten von ISO 50 bis 204.800 zur Verfügung stehen. Am oberen Einstellrad wählt man Korrekturfaktoren von -3 bis +3 EV. Beide Räder sind gegen unbeabsichtigtes Verstellen gesichert, wie auch das Verschlusszeitenrad rechts vom Sucherdach. Die Zeitenreihe geht von 4 Sek. bis 1/4000, dazu kommen X für Blitz-, sowie T und B für Langzeitaufnahmen. An einem Hebel kann man die Bildfolge auf Einzelbild, langsame oder schnelle Serie schalten (max. 4,5 B/Sek.). Darüber hinaus lassen sich die leise Schaltung (die allerdings nicht wirklich leise ist) und die Spiegelvorauslösung aktivieren.
Ebenfalls oben rechts findet man den Auslöser mit dem Drahtauslösergewinde (jüngere Leser fragen bitte ihre Eltern) und das Betriebsartenwählrad, das nur die Einstellungen P, S, A und M aufweist. Der Verzicht auf Voll- und Motivautomatiken passt sehr gut zu dieser Kamera. Apropos: Die Df verzichtet auch auf die 1/8000 Sek. und GPS (schade), auf einen eingebauten Blitz (manchmal schade), wie auch auf Videofunktion, WiFi- und NFC-Module (nicht so schade). Nicht verzichtet wird auf Abdichtungen gegen Staub und Spritzwasser (lobenswert).
Der kleine Monochrom-Monitor, der auch noch Platz findet, fällt deutlich aus dem Nostalgierahmen, ist aber sehr nützlich, vor allem, da man hier die Blendeneinstellung überprüfen kann. Leider ist ums Bajonett herum kein Platz für einen großen Blendenring mit gravierten Blendenzahlen, der sehr gut zum Stil der Kamera passen würde. Die Blende wird daher im Manuellmodus und in der Zeitautomatik an einem kleinen Rad vorn an der Kamera, unterhalb des Auslösers, oder mit dem Daumenrad eingestellt, und der entsprechende Wert wird auf dem Monochrombildschirmchen angezeigt. Ebenfalls auf der linken Vorderseite (von vorn gesehen) sind die Abblendtaste und die konfigurierbare Fn-Taste untergebracht.
Die Rückwand führt dann wieder zurück in die Gegenwart. Sie wird bestimmt vom leider nicht beweglichen 3,2-Zoll-Monitor, der mit seinen 921.000 Dots ein scharfes, sauberes Bild zeigt. Bei Bedarf kann man sich für die Aufnahme eine Zwei-Achsen-Wasserwaage anzeigen lassen, das Histogramm wird aber nur bei der Wiedergabe dargestellt. Zum Monitor gesellen sich ein Einstellrad, das aus der Rückwand herausragt, eine Vierrichtungswippe, der Umschalter für die Belichtungsmesscharakteristik und 11 Einstellknöpfe, um etwa das Schnelleinstellmenü oder die Einstellungen für den Weißabgleich zu erreichen.
Die Nikon Df ist eine DSLR und entsprechend mit einem Prismensucher ausgestattet, in dem ein großes Glasprisma zum Einsatz kommt. Das Sucherbild ist groß, aber nicht so groß wie der EVF der Olympus OM-D E-M1, und zeigt, wie jener, 100% des späteren Bildes. Es ist es zudem, natürlich abhängig von der Lichtstärke, des Objektivs, sehr schön hell. Alle Informationen, die man bei der Aufnahme braucht, sind da, wenn man möchte auch Rasterlinien. Was fehlt ist ein Schnittbildentfernungsmesser. Warum das? Die Nikon Df ist doch mit dem AF-System der D610 mit 39 Sensoren, davon 9 Kreuzsensoren, ausgestattet. Auch wenn es nicht an die AF-Geschwindigkeit der D4 heranreicht, von der die Df einiges andere geerbt hat, so ist die Schärfenautomatik trotzdem sehr gut, schnell und zuverlässig und nur im Live-View-Modus manchmal zögerlich. Warum also der Wunsch nach einem altmodischen Schnittbildkeil? Weil am Bajonett der Df ein umklappbarer Blendenmitnehmer sitzt, der es möglich macht, alte Nikon Objektive (Baujahr vor 1977) mit TTL-Belichtungsmessung und Zeitautomatik einzusetzen, aber natürlich nur mit manuellem Fokus. Wie gut das geht und ob die Monitorlupe im Live-View-Modus den Schnittbildkeil ersetzt, prüfen wir in d-pixx 2/2014.
Von der D4 stammen der 16-MPix-Vollformatsensor und der Bildprozessor Xpeed 3. Die im Vergleich zur D610 (24 MPix) und erst recht zur D800 (36 MPix) großen Pixel und die Software sorgen dafür, dass die Df in Sachen Rauschen hervorragend abschneidet. Erst ab ISO 1600 ist Rauschen zu finden, bei ISO 12800 wird es wirklich sichtbar. Die beiden Höchstwerte machen Aufnahmen aus freier Hand und ohne Blitz möglich, wenn es gar nicht anders geht, aber nicht nur feine Details bleiben auf der Strecke. Apropos Auflösung: dass eine D800 feinere Details ins Bild bringt, ist nicht verwunderlich – aber die 16 MPix der Df sind für die allermeisten Motive mehr als genug und zusammen mit dem 1,8/50 mm kommen scharfe, kontrastreiche Bilder zustande. Belichtung und Weißabgleich funktionieren wie sie sollen und lassen sich, wenn man möchte, korrigieren.
Belichtung, die Kontrastwiedergabe (gegebenenfalls unterstützt von der D-Lighting-Funktion), Farbwiedergabe und Auflösungsvermögen sind hervorragend und wenn man auf den eigentlich unfairen Vergleich mit großen (und viel teureren) Schwester D4 verzichtet, sind Autofokus- und Serienbildgeschwindigkeit (je nach Karte bis 5,5 B/Sek.) im grünen Bereich.
Alles in allem: Eine grundsolide DSLR, die man nicht nur Kameranostalgikern empfehlen kann, und wer gern bei gern bei wenig Licht fotografiert, ist bei der Df sehr gut aufgehoben.
Die Nikon Df ist aktuell zu einem Preis von 2600 Euro bei Amazon gelistet.
Zur ISO-Reihe:
“wer dagegen, wie ich, der Generation „Meine-Erste-war-eine-Praktica“ angehört, wird in Erinnerungen an die 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts schwelgen und sich mit dieser Kamera sofort wohlfühlen.”
sollte auch wissen, dass das
“Leider ist ums Bajonett herum kein Platz für einen großen Blendenring mit gravierten Blendenzahlen, der sehr gut zum Stil der Kamera passen würde.”
blödsinn ist – weil man dann ja zwei Blendenringe hätte. Einen am Objektiv und einen an der Kamera.
“Die Blende wird daher im Manuellmodus und in der Zeitautomatik” am Blendenring des Objektives oder bei einem AF Nikkor wie bei jeder neuen Kamera mit einem Wahlrad gewählt.