Bestimmte Objektivtypen werden gern mit bestimmten Motivbereichen in Verbindung  gebracht. Weitwinkel? Ab in die Landschaft! Tele? Braucht man für Sport, Action, Mode, Tiere! Aber es geht auch anders.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Mit kurzen Brennweiten lassen sich Landschaften grandios ins Bild setzen und enge Innenräume beherrschen. Und lange Brennweiten helfen, den Löwen ins Bild zu setzen, ohne Kopf und Kragen zu riskieren. Gegen diese Nutzung von Weitwinkel- und Teleobjektiven ist auch gar nichts einzuwenden – aber man muss die Sache ja nicht so verbissen sehen.


Fangen wir mit den Weitwinkeln an, Objektiven also, deren Brennweite bei rund 35 mm [@KB] oder darunter liegt. Man sollte sie, hieß und heißt es immer wieder, nicht für Porträts verwenden, allenfalls für Halbfigur- oder natürlich für Gruppenaufnahmen. Aber was passiert, wenn man es doch tut?  

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Bild 1

Wenn man mit einem Weitwinkel sehr nah an das Hauptmotiv herangeht, kommt es sehr groß ins Bild, während Objekte im Hintergrund, auch wenn sie gar nicht viel weiter weg sind, sehr klein wiedergegeben werden („Weitwinkelperspektive“). Das  kann z. B.  dazu führen, dass die Nase übermächtig ins Bild kommt oder, wenn sie aus Obersicht mit erfasst werden, Arme und Beine wie unbedeutende Anhängsel wirken. Man kann das für Effektaufnahmen nutzen, die immer für ein  Schmunzeln gut sind. Wenn das nicht angestrebt ist, hilft es, wenn das Modell nicht direkt ins Objektiv schaut (Bild 1), wenn man die Hände mit in die Bildkomposition einbezieht (Bild 1), oder wenn man durch die Kombination von moderatem Weitwinkel und gut gewähltem Bildausschnitt die verräterischen Körperteile aus dem Bild drängt (Bild 3).

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Bild 2

Natürlich kann man den großen Bildwinkel auch bewusst einsetzen, um das Umfeld der Person ins Bild zu bringen – sehr (Bild 2) oder nicht so sehr (Bild 1) dominierend. Hier gilt natürlich, wie immer: alles mögliche ausprobieren, löschen kann man immer noch (und sollte man dann auch).

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Bild 3

Mit dem Bildwinkel wird auch der Messwinkel des Belichtungsmessers größer. Die Mehrfeldmessung kann ausreichen, um den Hintergrund richtig zu bewerten. Die Spotmessung auf das Gesicht ist die richtige Wahl, wenn der Hintergrund dadurch unterbelichtet wird (Bild 3). Ein „ausgefressener“ wirkt dagegen unschön. Da ist es besser, mit einer Lampe oder einem Reflektor das Porträt aufzuhellen (Bild 2).

Wenn man Landschaftsaufnahmen macht, wird man natürlich dazu verführt, die Weite mit dem Weitwinkel einzufangen. Aber wenn Berge im Hintergrund aufragen, ist man beim Betrachten der Bilder mitunter enttäuscht. Wegen der „Weitwinkelperspektive“ wirkt der Vordergrund dominant und die Berge wie Hügel. Abhilfe schafft der beherzte Griff zum Teleobjektiv resp. der Einsatz einer langen Zoombrennweite (ab 100 mm). Lange Brennweiten überbrücken die Entfernung und bringen die fernen Berge so imposant ins Bild (Bild 6), wie man sie gesehen hat.

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Bild 4

Die Telebrennweite hilft aber auch, den Blick auf Motive zu lenken, die Teil der Landschaft sind, etwa auf einzelstehende Bäume (Bild 5) oder alte Schuppen. Auch immer wieder interessant: der Horizont, wenn sich dort beispielsweise Baumreihen gegen den Himmel abheben (Bild 4).

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Bild 5

Natürlich hat ein Teleobjektiv  eine schmalere Schärfenzone als ein Weitwinkelobjektiv, aber an einer Digitalkamera mit APS-C-Chip bekommt man mit einem Objektiv mit 200 mm Brennweite alles von 100 m bis Unendlich scharf, wenn man Blende 11 und 200 mm Entfernung einstellt. Bei den noch kleineren Sensoren von Kompakt- und All-in-One-Kameras sieht die Situation noch besser (größere Schärfenzone) aus.

Der Einsatz eines Stativs kann nie schaden – aber im Fall des bewaldeten Bergzugs (Bild 4) reichte ein Stockschirm als Unterlage, um dem Zittern entgegenzuwirken.

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Bild 6

Je weiter das Objekt entfernt ist, desto mehr Luft ist zwischen ihm und der Kamera, Luft, die verschmutzt sein kann, oder die sich bewegt, wenn es warm ist. Wenn das Bild also nicht knackscharf ist: es liegt nicht unbedingt am Objektiv!

Zum Schluss: Kamera nehmen und ausprobieren, was geht. Das macht Spaß und bringt Bilder.

Text:

Herbert Kaspar

Bilder:

1 Stanislav Perov | Dreamstime.com
2 Dreamstime Agency | Dreamstime.com
3 Kutt Niinepuu | Dreamstime.com
4 Herbert Kaspar
5 HCsld | Dreamstime.com
6 Laurin Rinder | Dreamstime.com