Sigma präsentierte zur photokina 2016 drei neue Objektive – die Festbrennweiten 1,4/85 mm DG HSM |Art und 4/500 mm DG OS HSM |Sport und das Zoom Sigma 4/12-24 mm DG HSM |Art / Sigma 12-24 mm F4 |Art das wir bereits für einen Praxistest in der Redaktion hatten.
Das neue 12-24 mm ist das dritte Zoom mit diesem Brennweitenbereich von Sigma. Das erste erschien bereits 2003. Es war für die damals noch verbreiteten Kleinbild- und die damals noch seltenen Vollformat-Digitalkameras (wie etwa die Kodak DCS Pro 14n oder die Canon EOS 1Ds, beide von 2002) gerechnet. Bekanntlich kamen die Vollformatkameras ab 2005 / 2006 allmählich in Schwung und 2011 wurde das zweite Modell des vollformattauglichen Sigma 12-24 vorgestellt. Diese beiden ersten Ultraweitwinkelzooms von Sigma hatten jeweils eine Lichtstärke von 1:4,5 – 1:5,6. Und nun kommt also die dritte Version auf den Markt.
Typ
Auch das neue 12-24 mm F4 DG HSM |Art ist, wie seine Vorgängermodelle, ein Vollformatobjektiv, worauf das Kürzel „DG“ (Digital Grade) im Namen hinweist. Natürlich kann das Zoom auch an Kameras mit APS-Sensoren verwendet werden. Der Bildwinkelbereich entspricht dann dem eines 18-36-mm-Vollformatobjektivs (an Nikon oder Sony) oder 19-38 mm (an Canon) – und auch das ist am kurzen Ende immer noch eine tolle Sache!
Auf den ersten Blick sind ein 2-facher Zoombereich und eine Lichtstärke von 1:4 über diesen Zoombereich hinweg nicht gerade spektakulär. Das ändert sich, wenn man genauer hinschaut.
Im Sigma-Programm der Art-Objektive findet man unter anderem die Zooms 2/24-35 mm DG HSM |Art und 4/24-105 mm DG HSM |Art – und mit ihrem Weitwinkelbereich kann man schon sehr viel anfangen. Aber: Er beginnt da, wo der des 12-24 mm aufhört – nämlich bei 84,1°. Beim Zoomen von 24 mm auf 12 mm erweitert er sich dann auf 122° – und das ist durchaus spektakulär, wenn man den Effekt im Sucher oder auf dem Rückwandmonitor der Kamera betrachtet.
Um diesen Brennweitenbereich in einem zwar wuchtigen, aber immer noch praxisgerechten Gehäuse unterzubringen, ist die Beschränkung auf eine Lichtstärke 1:4 – die im gesamten Zoombereich gilt! – eine weise Entscheidung. Nebenbei bemerkt: Das neue 12-24 mm ist bei allen Brennweiten lichtstärker als das Vorgängermodell – bei Einstellung auf 24 mm sind immerhin 1 1/3 Blendenstufen.
Design und äußerer Aufbau
Das Zoom ist vom Design her in die Art-Serie eingebunden, wirkt aber durch seinen besonderen Aufbau besonders. Der hintere Teil des Tubus hat bei einer Länge von 58 mm einen Durchmesser von 84 mm, der vordere Teil ist rund 74 mm lang und durchmisst 102 mm.
Die Gesamtlänge des Objektivs von 132 mm ab Auflagefläche verändert sich weder beim Zoomen, noch beim Fokussieren. Aber die stark nach vorn gewölbte Frontlinse bewegt sich nach vorn, wenn auf eine kürzere Brennweite eingestellt wird. Damit wird sichergestellt, dass die eingebaute Vier-Segment-Streulichtblende immer optimal wirken kann.
Der Fokussierring, mit einem rund 13 mm breiten griffig geriffelten Belag versehen, liegt am hinteren Ende der vorderen Tubushälfte. Er bietet beim Drehen eine sehr gute Mischung aus Leichtgängigkeit und Straffheit. Rund 110° liegen zwischen der Unendlicheinstellung und der kürzesten Einstellentfernung von gerade einmal 24 cm.
Das Fenster für die Entfernungsanzeige in Meter und Fuß liegt dann schon auf dem schlanken hinteren Teil des Tubus.
Links vom Fenster ist als einziger Schmuck des Objektivs der silbern schimmernde Punkt mit dem „A“ zu sehen.
Links liegt der AF/MF-Umschalter.
Der Zoomring ist ebenfalls auf einer Breite von rund 13 mm griffig geriffelt und hat seinen Platz auf dem hinteren Teil des Tubus. Er weist Markierungen für die Brennweiten 12 mm, 14 mm, 16 mm, 18 mm, 20 mm und 24 mm auf. Eine Drehung von 90° reicht, um den Zoombereich zu durchfahren. Dabei dreht sich der Ring wunderbar geschmeidig, aber auch so straff, dass man zum einen den gewünschten Bildwinkel präzise einstellen kann, ohne befürchten zu müssen, dass sich etwas verstellt.
Das Gewicht des Zoom liegt ohne Front- und Rückdeckel bei 1150 g. Das Gewicht der beiden Deckel spielt da keine Rolle (um ehrlich zu sein: Ich habe vergessen, sie zu wiegen).
Zusammen mit der Canon EOS 5D Mark IV und Mark III lag das Objektiv sehr gut in meiner Hand. Am ausgewogensten war aber die Kombination mit meiner guten alten EOS 5D Mark II plus Hochformat-Batterie-Griff BG-E6.
Material
Eine Materialanalyse wurde natürlich nicht vorgenommen. Sigma schreibt in der Pressemitteilung: Um einen präzisen Betrieb zu gewährleisten, bestehen die innenliegenden Teile aus Metall oder Thermally Stable Composite (TSC)*, das sich sehr gut mit Metallen kombinieren lässt.
Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln. Fest steht auch, dass das Sigma 4/12-24 mm |Art einen hervorragend verarbeiteten und stabilen Eindruck macht.
Auf einen kompletten Schutz gegen Staub und Spritzwasser wurde allerdings verzichtet. Es gibt aber eine Dichtung am Bajonett und die Front- sowie die Hinterlinse besitzen eine wasser- und ölabweisende Beschichtung. Einen Einsatz bei leichtem Nieseln hat das Objektiv klaglos überstanden (wie auch die Canon EOS 5D Mark IV).
Innerer Aufbau
Das Objektiv ist aus 16 Linsen aufgebaut, die 11 Gruppen bilden. Darunter sind, laut Pressemeldung, mehrere Asphären aus blankgepresstem Glas, von denen eine einen Durchmesser von 80 mm aufweist. Dazu kommen Linsen aus FLD-Glas, deren Leistung der von Fluorit-Glas entsprechen soll.
Fokussierung
Das Objektiv ist mit einem neu konzipierten Ultraschallmotor („HSM“ im Namen) ausgestattet. Er läuft praktisch unhörbar und setzte die Fokussierbefehle der verschiedenen Canon EOS 5D-Modelle sehr schnell um – egal, ob der Phasen-AF im Suchermodus zum Einsatz kam, oder im Live-View-Modus per Kontrast-AF (EOS 5D Mark II / Mark III) oder Dual Pixel CMOS AF (EOS 5D Mark IV) scharfgestellt wurde.
Für die Testaufnahmen im Studio, auf denen die nachfolgende Einstufung der Abbildungsleistung beruht, wurde die Schärfe manuell im Live-View-Modus mit Monitorlupe eingestellt.
Abbildungsleistung an einer Canon EOS 5D Mark IV
Auflösungsvermögen/Kantenschärfe Die kurzen Brennweiten zeigen in der Bildmitte schon bei ganz offener Blende eine hervorragende Leistung, die durch Abblenden bis 11 nur noch wenig verbessert werden kann. Bei Blende 16 ist dann ein sehr geringer Rückgang zu verzeichnen, der bei Blende 22 noch etwas stärker ausfällt, aber immer noch im sehr guten Bereich bleibt. Zu den Bildrändern lässt die Leistung (was bei 12 mm oder 14 mm Brennweite nicht wirklich verwundert) bei Blende 4 nicht sehr deutlich, aber doch sichtbar nach, aber schon Abblenden um eine Stufe verringert den Unterschied zwischen Mitte und Rand, der dann bei Blende 8 nur noch bei kritischen Motiven auffällt. Blende 11 und 16 bringen eine noch gleichmäßigere Leistung.
Zoomt man zu den mittleren und „langen“ Brennweiten, lässt die Bildqualität in der Bildmitte nur wenig nach, verbessert sich aber an den Bildrändern. Bei Blende 4 muss zwar immer noch mit einem geringen Abfall der Leistung zu den Rändern hin gerechnet werden, aber ab Blende 8 ist sie dann über das ganze Bildfeld im sehr guten Bereich.
Vignettierung spielt bei allen Brennweiten bei Blende 4 eine Rolle. Abblenden auf 5,6 bringt schon deutliche Verbesserung. Bei Blende 8 ist sie kein Thema mehr.
Allerdings ist es wieder einmal so, dass man auch mit Blende 4 sehr viele Bilder einfangen kann, die keine störende Vignettierung aufweisen. Es hängt einfach auch davon ab, dass bei vielen Motiven die etwas dunkleren Bildecken nicht auffallen.
Dazu noch eine Anmerkung, die schon beim Test des Sigma 2/24-35 mm DG HSM |Art zu lesen war: Gerade bei kurzen Brennweiten ist eine gewisse Randabschattung nicht zu vermeiden. Diese „natürliche Vignettierung“ unterliegt dem so genannten „Cosinus-hoch-vier“ Gesetz, ist vom Bildwinkel abhängig und, wie gesagt, nicht zu umgehen. Dass sie in vielen Bildern trotzdem nicht zu sehen ist, ist ein Verdienst des Bildprozessors und der Firmware, die bei der Entwicklung des Bildes in der Kamera die Randabschattung eliminieren oder zumindest deutlich minimieren. Das ist auch noch bei der Bildbearbeitung auf dem Rechner möglich, und so sollte man der Vignettierung nicht zu viel Bedeutung beimessen. Und, wie eben schon gesagt, bei vielen Bildern geht die Vignettierung im Motiv unter.
Verzeichnung ist in der Praxis eigentlich überhaupt kein Problem. Gerade Linien am Bildrand kommen gerade ins Bild. Entsprechend sind Architekturaufnahmen mit dem neuen Sigma-Zoom wirklich eine tolle Sache, und bei Landschaftsaufnahmen stehen Bäume am Bildrand kerzengerade, wenn man die Kamera gerade hält. Auch wenn man die Kamera nicht gerade hält, gibt es keine Verzeichnung, sondern stürzende Linien – und das ist etwas ganz anderes. Mit den weitwinkeltypischen Verzerrungen muss man gegebenenfalls ebenfalls leben. Auch sie haben nichts mit Verzeichnung zu tun!
Man muss allerdings im Hinterkopf haben, dass die Verzeichnung auch vom Aufnahmeabstand abhängt – und da man mit dem 12-24 mm |Art bis auf 24 cm ans Motiv herangehen kann, kann es eben doch passieren, dass bei Nahaufnahmen mit den kurzen Brennweiten (rund 12 bis 14 mm) doch tonnenförmige Verzeichnung auftritt. Das natürlich niemand auf die Idee kommen wird, mit diesem Zoom Produktaufnahmen aus nächster Nähe zu machen, spielt diese Verzeichnung in der Praxis keine Rolle, aber der Hinweis soll trotzdem hier stehen.
Chromatische Aberration Die typischen Farbsäume sind manchmal zu sehen, wenn man ins Bild zoomt (was eigentlich Unsinn ist, weil man nicht mehr das ganze Bild sieht), und sind auch dann in der Regel sehr schmal. Ob man sie per Software eliminiert ist auch eine Frage des Ausgabeformates. Wenn es um große Drucke geht, sollte man darüber nachdenken.
Reflexe und Geisterbilder Trotz des riesigen Bildwinkels sind Reflexe auch dann nur selten zu sehen, wenn die Sonne am Bildrand oder im Bild steht. Wenn sie auftreten, sind die Reflexe meistens nur schwach ausgeprägt.
Bokeh Bei einem Ultraweitwinkelzoom mit Lichtstärke 1:4 würde man denken, dass wegen der großen Schärfenzone die unscharfen Bereiche im Bild keine große Rolle für die Bildwirkung spielen – aber dem ist nicht so, da man auch mit diesem Objektiv Hauptmotiv und Hintergrund trennen kann. Da ist es dann schön, dass das Sigma 12-24 mm |Art ein angenehmes Bokeh bietet. Bei einigen Landschaftsaufnahmen mit kleinen Blenden (um die große Schärfenzone der kurzen Brennweite auszunutzen) fiel auf, dass Bäume und Gebüsch im weit entfernten Hintergrund unschön ins Bild kamen. Mit größerer Blende und Fokus auf den Vordergrund war dann wieder alles im Lot.
Alles in allem
passt das neue Sigma 4/12-24 mm DG HSM |Art / Sigma 12-24 mm F4 DG HSM Art in die Serie der Art-Objektive, von denen bislang keines enttäuscht hat. Besonders Fotografen, bei denen Stadtlandschaften, Architektur und Innenräume zu den Lieblingsmotiven zählen, werden die sehr großen bis riesigen Bildwinkel und die Verzeichnungsfreiheit schnell lieben lernen. Und da große Bildwinkel plus geringe Nahgrenze immer auch für Spielereien mit der steilen Perspektive einladen, kann man sich auch andere Motivbereiche kreativ erschließen.
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS
Text (c) Herbert Kaspar
Alle Bilder und Produktabbildungen (c) Herbert Kaspar
Grafik (c) Sigma
Praxisbilder mit der Canon EOS 5D Mark IV
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Alle Bilder sind, wenn nicht anders angegeben, unbearbeitete JPEGs aus der Kamera.
Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!
Praxisbilder mit der Canon EOS 5D Mark III
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Alle Bilder sind unbearbeitete JPEGs aus der Kamera.
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Praxisbilder mit der Canon EOS 5D Mark II
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Alle Bilder (c) Herbert Kaspar
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