Seit der photokina 2012 teilt Sigma die neuen Objektive in die Gruppen Art, Sports und Contemporary ein, denen verschiedene Anspruchsprofile zugewiesen sind. Das neue Zoom Sigma 24-35 mm F2 DG HSM |Art soll entsprechend dieser Einteilung hohe Abbildungsleistung und hohe Lichtstärke verbinden und kreativen Fotografen das geben, was sie brauchen und wollen.
Es ist das 10. Objektiv der Art-Serie und das zweite hochlichtstarke Zoom, nach dem 18-35 mm F1.8 DC HSM. Während aber das 18-35 mm als DC-(Digital-Camera)-Typ nur an Kameras mit APS-Sensoren eingesetzt werden kann, ist das neue 24-35 mm als DG-(Digital-Grade)-Zoom für den Einsatz an Vollformatkameras konzipiert. Es kann aber natürlich auch an APS-Modellen genutzt werden. Nach unserem ersten Hands-on (hier auf d-pixx de zu finden) präsentieren wir nun den ganzen Praxistest.
Als Kamera kam eine Canon EOS 5D Mark III zum Einsatz. Sie zeigt das Objektiv zwar korrekt an, hat aber keine Daten für interne Korrekturen zur Verfügung.
Typ
Das neue Art-Objektiv ist ein Vollformat-Weitwinkelzoom.
Viele Fotografen werden sich über den kleinen Verstellbereich wundern. Immerhin sind ja Zooms mit 10-fachem Zoombereich keine Seltenheit mehr.
Aber kleine Brennweitenunterschiede machen sich im Weitwinkelbereich deutlicher bemerkbar, als im Telebereich. Die 9 mm zwischen kürzester und längster Brennweite entsprechen einer Verengung des Bildwinkels von rund 84° auf rund 62°!
Zudem ist die Idee hinter dem neuen Sigma ja nicht, ein Objektiv für alle Fälle („Reisezoom“) zu bieten – das findet man z. B. in Objektiven wie dem Sigma 18-300 mm F 3.5-6.3 DC Makro OS HSM |Contemporary.
Die Idee hinter dem 24-35 mm ist, ein universelles Weitwinkelobjektiv zu bieten, das die klassischen Weitwinkelbrennweiten 35 mm und 28 mm zur Verfügung stellt und mit 24 mm schon den Bereich der Superweitwinkel streift.
Das ist im Prinzip keine ganz neue Idee. Leica stellte 2006 ein Tri-Elmar vor, das die Superweitwinkel-Festbrennweiten 16 mm, 18 mm und 21 mm in einem Gehäuse vereinte. Allerdings handelte es sich wirklich um 3 Festbrennweiten, während das Sigma als Zoom auch alle Zwischenwerte bietet – und damit den großen Vorteil, dass man ohne Wechsel des Standortes und damit ohne Wechsel der Perspektive den Bildausschnitt exakt festlegen kann!
Über den ganzen Verstellbereich steht als größte Öffnung Blende 2 zur Verfügung – das ist ein ausgezeichneter Wert für ein Zoom, erst recht in diesem Brennweitenbereich. Wer es noch lichtstärker möchte oder braucht, kann ja zum 35 mm F1,4 |Art oder zum 24 mm F1,4 |Art greifen (letzteres stellen wir hier in einem Praxistest vor).
Mit Blende 2 oder 2,8 kann man nicht nur bei schlechten Lichtverhältnissen aus der freien Hand fotografieren, sondern man kann sie auch für die Bildgestaltung nutzen. So kann man auch mit den kurzen Brennweiten des Zooms schmale Schärfenzonen erzielen, was im Zusammenspiel mit der steilen Perspektive interessante Effekte ergeben kann.
Design und äußerer Aufbau
Im Design folgt das 24-35 mm den anderen neuen Objektiven. Es wirkt geradlinig, mit nur einer kleinen Rundung kurz vor dem Bajonett.
Die Canon-Version, die mir vorliegt, ist von der Auflage bis zur Frontfassung 127 mm lang, mit den Kontakten, die ins Kamerabajonett ragen, rund 1,5 mm länger.
Der größte Durchmesser wird mit 88 mm an der Bajonettfassung für die mitgelieferte Streulichtblende erreicht. Sie ist zugunsten einer besseren Wirkung innen geriffelt.
Der vorn liegende Fokussierring durchmisst 85 mm, der hinten liegende Zoomring ist mit 80 mm nur wenig „dünner“. Der Fokussierring ist auf einer Breite von 24 mm, die Zoomring auf einer Breite von 21 mm mit einer griffigen Gummiarmierung versehen. Die Riffelung ist beim Zoomring etwas grober – aber diesen Unterschied braucht man nicht, um die Ringe zu identifizieren. Sie liegen weit genug auseinander.
Die Ringe lassen sich mit der richtigen Mischung aus Leichtgängigkeit und Widerstand drehen.
Beim Zoomring reicht eine Drehung von ca. 40°, um den Zoombereich zu durchfahren. Damit lässt sich der gewünschte Bildausschnitt exakt festlegen. Die Brennweiten 24 mm, 28 mm, 30 mm und 35 mm sind markiert. Die 30-mm-Markierung ist ungewöhnlich, machte es beim Einsatz des Objektivs an einer Canon EOS 7D Mark II aber einfach, die „Standardobjektiveinstellung“ zu finden.
Der Fokussierring muss um ca. 135° gedreht werden, um von Unendlich bis zur Nacheinstellgrenze von 28 cm zu gelangen, die für alle Brennweiten gilt. Mit 35 mm Brennweite erfasst man aus diesem Abstand ein Feld von rund 144 x 96 mm (größter Abbildungsmaßstab 1:4).
In diesem Zusammenhang macht es sich positiv bemerkbar, dass sich die Länge des Objektivs weder beim Zoomen noch beim Fokussieren ändert. Der Arbeitsabstand zwischen Frontfassung und Motiv liegt bei der kürzesten Einstellentfernung immer bei knapp 100 mm.
Mit der 47 mm tiefen 4-Segment-Streulichtblende ändert sich das natürlich.
Da sich die Frontfassung beim Zoomen und Scharfstellen nicht dreht, bleiben richtungsabhängige Filter wie Polarisationsfilter oder Verlauffilter immer in der einmal eingestellten Position. Leider weist die Streulichtblende keine Aussparung auf, durch die man bewegliche Filter einfach verstellen könnte. Der Filterdurchmesser liegt bei 82 mm. Passende Filter sind daher nicht ganz billig.
Mit seinem Gewicht von 944 g (ohne Deckel, mit Streulichtblende) ist das Zoom kein Leichtgewicht, aber es passt sehr gut zu Kameras wie der Canon EOS 5D Mark III. Diese Kombination liegt gut in der Hand.
Als einziges Einstellelement ist auf der linken Seite der AF/MF-Umschalter zwischen Fokussier- und Zoomring untergebracht.
Es gibt keine farbigen Zierringe, die das Objektiv von anderen abheben. Lediglich ein kleines Logo mit einem “A” zeigt die Zugehörigkeit zur “Art”-Klasse.
Material
Der Objektivtubus und die Führungen im Inneren, die für eine exakte Bewegung der Linsengruppen sorgen sollen, bestehen aus einem Materialmix aus Aluminium und TSC (Thermally Stable Composite). Für das Bajonett kommt Messing zum Einsatz.
Innerer Aufbau
Das Objektiv ist aus 18 Linsen in 13 Gruppen aufgebaut. Dazu gehören sieben SLD-Glas Elemente, von denen zwei asphärische Oberflächen aufweisen, und ein Element aus FLD-Glas. „SLD“ steht jeweils für „Special Low Dispersion“ (besonders niedriger Zerstreuungsfaktor). Da FLD-Glas in seiner Wirkung an Fluorit herankommen soll, könnte das „F“ darauf hinweisen; „LD“ steht wieder für Low Dispersion.
Fokussierung
Für die Fokussierung ist das Objektiv mit einem Ultraschallmotor ausgestattet, der leise und schnell arbeitet. An der EOS 5D Mark III war die Scharfstellung sehr gut, sowohl mit Phasendetektion (Suchermodus) als auch mit Kontrastdetektion (Live-View-Modus). Vergleichsbilder vom Stativ aus, die im Wechsel mit beiden AF-Varianten aufgenommen wurden, zeigen keine Unterschiede. In einigen Fällen kam es allerdings vor, dass Bilder eine leichte generelle Unschärfe zeigten.
Für die Testaufnahmen im Studio, auf denen die nachfolgende Einstufung der Abbildungsleistung beruht, wurde die Schärfe manuell im Live-View-Modus mit Monitorlupe eingestellt.
Abbildungsleistung an einer Canon EOS 5D Mark III
Auflösungvermögen/Kantenschärfe Bei 24 mm und 28 mm Brennweite ist die Leistung des Zooms sozusagen zweigeteilt. In der Bildmitte ist der Schärfe bei Blende 2, 2,8 und 4 hervorragend (mit einem Optimum bei 2,8) und geht dann ab Blende 5,6 in den sehr guten Bereich über. Am Bildrand ist sie bei allen Blenden auf einem hohen, sehr guten Level. Daraus ergibt sich, dass bei den großen Blenden ein Unterschied zwischen der hervorragenden Bildmitte und dem sehr guten Bildrand zu verzeichnen ist, der zwar nicht hoch ausfällt, aber bei entsprechenden Motiven (etwa Architektur) sichtbar wird. Von Blende 5,6 bis 11 ist die Mitte dann nicht mehr ganz so stark, aber die Abbildungsleistung ist über das ganze Bildfeld gleichmäßiger, als bei den großen Blenden. Blende 16 fällt dann noch einmal ein bisschen zurück, hier fordert die Beugung ihren unvermeidlichen Tribut.
Bei 35 mm und ganz offener Blende (Blende 2) ist die Leistung in der Bildmitte nicht mehr so gut wie bei den kürzeren Brennweiten, aber immer noch sehr gut. Von Blende 2,8 bis 8 liegt sie dann im hervorragenden Bereich und geht bei 11 und 16 auf sehr gute Werte zurück. Bei den großen Blenden muss auch hier mit weicheren Bildecken gerechnet werden, wenn das Motiv sie sichtbar werden lässt.
Bei Einstellung auf 24 mm ist das Zoom bei Blende 2, 2,8 und 4 übrigens ebenso gut wie das 24 mm F1,4 DG HSM|Art, am Bildrand sogar ein bisschen besser. Ab Blende 5,6 geht dann aber die Festbrennweite in Führung. Den Test des 24 mm D1,4 finden Sie hier.
Vignettierung Die Randabschattung ist bei ganz offener Blende über den gesamten Brennweitenbereich sichtbar, am deutlichsten bei der kürzesten Brennweite mit rund 1,6 Blendenstufen zwischen Bildmitte und den äußeren rechten und linken Bildrändern. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass wir hier von einem Zoom mit kürzester Brennweite 24 mm und mit durchgehender Lichtstärke 1:2 sprechen!
Abblenden um eine Stufe bringt bei 24 mm eine sichtbare, bei 28 und 35 mm eine deutlich sichtbare Verbesserung der Vignettierung. Ab Blende 4 spielt Vignettierung dann keine Rolle mehr.
In diesem Zusammenhang muss noch angemerkt werden, dass gerade bei kurzen Brennweiten eine Randabschattung nicht zu vermeiden ist. Diese „natürliche Vignettierung“ unterliegt dem so genannten „Cosinus-hoch-vier“ Gesetz, ist vom Bildwinkel abhängig und, wie gesagt, nicht zu umgehen. Dass sie in vielen Bildern trotzdem nicht zu sehen ist, ist ein Verdienst des Bildprozessors und der Firmware, die bei der Entwicklung des Bildes in der Kamera die Randabschattung eliminieren oder zumindest deutlich minimieren. Das ist natürlich auch bei der Bildbearbeitung auf dem Rechner möglich, und so sollte man der Vignettierung nicht zu viel Bedeutung beimessen.
Verzeichnung Bei 24 mm werden gerade Linien am Bildrand erkennbar nach außen gebogen (tonnenförmige Verzeichnung), bei 28 mm ist der Effekt nicht zu erkennen, bei 35 mm minimal kissenförmig. Die Verzeichnung ist gutmütig und kann per Software gut aus dem Bild gerechnet werden.
Chromatische Aberration Farbsäume fielen bei unseren Aufnahmen nicht auf.
Reflexe und Geisterbilder Sogar mit der Sonne am Bildrand und direkt im Bild sind Reflexe nur äußerst selten und dann sehr unscheinbar. Auch der Kontrast wird durch diese Konstellation nicht beeinträchtigt.
Bokeh Da das Zoom sehr lichtstark ist, kann das Bild – besonders im Nahbereich – gut mit selektiver Schärfe gestaltet werden. Insofern ist es wichtig, dass das 24-35 mm ein angenehmes Bokeh (Erscheinung der Partien außerhalb der Schärfenebene) aufweist.
Alles in allem
ist Sigma mit dem 24-35 mm F2 DG HSM |Art wieder ein Objektiv gelungen, das sehr weit oben im System angesiedelt ist. Alle Fotografen, die gern große Bildwinkel verwenden und das auch bei schlechten Lichtverhältnissen tun möchten, sind mit diesem neuen lichtstarken Zoom bestens bedient, das viele Möglichkeiten der Bildgestaltung mit der Perspektive eröffnet. Zudem bringt die hohe Lichtstärke auch das Gestaltungsmittel der selektiven Schärfe mit – und leider auch die Vignettierung bei Blende 2, die aber (wie bei vielen anderen Objektiven auch) bei vielen Motiven gar nicht erst auffällt und wenn doch, gut per Software korrigiert werden kann. In der Praxis ist die kürzeste Einstellentfernung von 28 cm eine feine Sache! Und natürlich darf die hohe Fertigungsqualität nicht unerwähnt bleiben.
GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS
Preis und Liefertermin
stehen noch nicht fest.
Praxisbilder (an Canon EOS 5D Mark III)
Die Praxisbilder finden Sie hier.
Text und alle Bilder (c) Herbert Kaspar
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Vielen Dank für den sehr interessanten Re- bzw. Preview, den ich leider erst jetzt (aber gut, besser später als nie 🙂 ) entdeckt habe!
Dann hoffe ich, dass das 24-35 mm f2.0 von Sigma relativ bald auf den Markt kommen wird… und ich werde es mir denk sobald wie möglich zulegen. 🙂
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